OLG Nürnberg: Zur Störung einer kennzeichenrechtlichen Gleichgewichtslage

veröffentlicht am 8. Januar 2019

OLG Nürnberg, Urteil vom 31.08.2018, Az. 3 U 935/17
§ 5 Abs. 2 S. 1 MarkenG, § 15 Abs. 2 MarkenG, § 21 MarkenG; § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG, § 12 Abs. 1 S. 2 UWG; § 242 BGB

Eine Zusammenfassung der Entscheidung des OLG Nürnberg finden Sie hier (OLG Nürnberg – Kennzeichenrechtliche Gleichgewichtslage). Zum Volltext der Entscheidung s. unten.


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Oberlandesgericht Nürnberg

Urteil

1.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 21.04.2017, Az. 4 HK O 4124/14, teilweise abgeändert und in Ziffern III. bis V. wie folgt neu gefasst:

III. Die Klägerin wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 Euro oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle bis zu insgesamt 2 Jahren, Ordnungshaft auch für den Fall der Nichtbeitreibbarkeit des Ordnungsgeldes, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr das Zeichen
 
„G.“,
 
dies insbesondere in der Form:
 

 
in Alleinstellung in Deutschland für Dienstleistungen von Ingenieuren zu benutzen.
 
IV. Es wird festgestellt, dass die Klägerin verpflichtet ist, der Beklagten allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus der in Ziffer III. beschriebenen Handlung bereits entstanden ist oder künftig noch entstehen wird.
 
V. Die Klägerin wird verurteilt, der Beklagten Auskunft über Art und Umfang der in Ziffer III. beschriebenen Handlungen zu erteilen, und zwar durch Vorlage eines Verzeichnisses, aus dem sich die mit den Dienstleistungen nach Ziffer III. 1 erzielten Umsätze und Gestehungskosten einschließlich aller Kostenfaktoren, jeweils aufgeschlüsselt nach Kalendervierteljahren, sowie Art und Umfang der betriebenen Werbung, gegliedert nach Werbeträger, Auflagenzahl, Erscheinungszeit und Verbreitungsgebiet, ergeben.

2.
Die weitergehende Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 21.04.2017, Az. 4 HK O 4124/14, wird zurückgewiesen.

 
3.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 21.04.2017, Az. 4 HK O 4124/14, wird zurückgewiesen.

 
4.
Die in der Berufungsinstanz erfolgte Widerklageerweiterung der Beklagten wird abgewiesen.

 
5.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin 1/3 und die Beklagte 2/3. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 20% und die Beklagte 80%.

 
6.
Das in Ziffer 1. genannte Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth, soweit es aufrechterhalten bleibt, und das Berufungsurteil sind vorläufig vollstreckbar.

 
Die Klägerin ist berechtigt, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000,00 € hinsichtlich 1.III. und 25.000,00 € hinsichtlich I.V. des Berufungsurteils abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 250.000,00 € hinsichtlich 1.III. und 25.000,00 € hinsichtlich I.V. des Berufungsurteils leistet.
 
Hinsichtlich Ziffern VI. und VII. des erstinstanzlichen Urteil sowie der Kosten dürfen die Parteien die Vollstreckung des erstinstanzlichen Urteils und des Berufungsurteils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
 
Beschluss
 
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 1.500,000,00 € festgesetzt.

Gründe

 
A.
Die Parteien streiten im Wege der Klage und Widerklage um unternehmenskennzeichen- und wettbewerbsrechtliche Ansprüche.
 
I.
Mit Rechtsanwaltsschreiben vom 07.04.2014 mahnte die Beklagte die Klägerin ab und forderte sie auf, es zu unterlassen, unter Verwendung der Bezeichnung „G.“ oder anderer hiermit verwechslungsfähiger Bezeichnungen unabhängige Ingenieurdienstleistungen im Bereich von Infrastrukturmaßnahmen anzubieten, zu bewerben und/oder solche Dienstleistungen in den genannten Ländern auszuführen.

Aufgrund dessen erhob die Klagepartei in erster Instanz zunächst eine negative Feststellungsklage. In der mündlichen Verhandlung erklärte die Klägerin diese für erledigt, die Beklagte schloss sich der Erledigterklärung nicht an. Die Klägerin beantragte daraufhin festzustellen, dass sich diese Klageanträge mit der heutigen Erledigungserklärung erledigt haben.

Im Endurteil vom 21.04.2017 tenorierte das Landgericht Nürnberg-Fürth in Bezug auf die Klage wie folgt:
 
I. Der Rechtsstreit ist hinsichtlich des Feststellungsantrags der Klage – mit Ausnahme von Klageantrag 2. – für alle im Klageantrag genannten Länder mit Ausnahme der Bundesrepublik Deutschland in der Hauptsache erledigt.
 
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

In der Berufung akzeptiert die Klagepartei diese Teilklageabweisung.

Die Beklagte beantragt in Bezug auf die Klage in der Berufungsinstanz:

Die Klage wird im Erledigungsfeststellungsantrag abgewiesen.
 
II.
Die Beklagte erhob in erster Instanz eine Widerklage mit Unterlassungs- und Annexansprüchen.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth tenorierte im Endurteil vom 21.04.2017 in Bezug auf diese Widerklage wie folgt:
 
„III. Die Klägerin wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 Euro oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle bis zu insgesamt 2 Jahren, Ordnungshaft auch für den Fall der Nichtbeitreibbarkeit des Ordnungsgeldes, zu unterlassen,
 
1. im geschäftlichen Verkehr das Zeichen
 
„G.“,
 
dies insbesondere in der Form: [Abb.]
 
in Alleinstellung in Deutschland für eine der nachstehend genannten Dienstleistungen zu benutzen:
 
Aufstellung von Kosten-Preisanalysen, Controlling, betriebswirtschaftliche Beratung, Dienstleistungen eines Bauträgers, nämlich organisatorische Vorbereitung von Bauvorhaben, Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien in betriebswirtschaftlicher Hinsicht (Facility management), Erstellung von betriebswirtschaftlichen Gutachten, organisatorische Beratung, Sammeln und Zusammenstellung von Daten, sämtliche vorgenannte Dienstleistungen in Treuhand, Dienstleistungen eines Bauträgers, nämlich finanzielle Vorbereitung von Bauvorhaben, Immobilienwesen, Investitionsplanung und -beratung, Bauwesen, Bau und Reparatur von Abwasseraufbereitungssystemen, Dienstleistungen eines Bauträgers, nämlich Durchführung von Bauvorhaben, Leitung von Bauarbeiten [Oberaufsicht], sämtliche beginnend mit „Dienstleistungen eines Bauträgers“ vorgenannte Dienstleistungen in Treuhand, insbesondere treuhänderische Übernahme der Bauherrenfunktion, Abfall- und Abwasserentsorgung, Durchleitung, Transport und Verteilung von elektrischem Strom, Heizwärme, Gas oder Wasser, Durchleitung, Transport und Verteilung von elektrischem Strom, Heizwärme, Gas oder Wasser, Abfall- und Abwasserentsorgung, Abfallverarbeitung [Umwandlung], Abwasserreinigung, Erzeugung von elektrischem Strom, Heizwärme, Gas oder Wasser, Recycling von Müll und Abfall, Wasseraufbereitung, Aus- und Fortbildung, Publikation von Druckerzeugnissen (auch in elektronischer Form), ausgenommen für Werbezwecke, Schulung, Aufbau und Installation von Signalsystemen, Betriebsleitzentralen, Steuerungsanlagen und Stellwerken sowie sonstiger elektrischer und elektronischer Produkte, Dienstleistungen eines Architekten, Dienstleistungen eines Bauträgers, nämlich technische Vorbereitung von Bauvorhaben, Dienstleistungen von Ingenieuren, Dienstleistungen eines technischen Mess- und Prüflabors, Dienstleistungen eines Geologen, insbesondere Durchführung von Boden- und Gesteinsuntersuchungen, Dienstleistungen eines Hydrologen, insbesondere Durchführung von Wasseruntersuchungen, Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien in technischer Hinsicht (Facility Management), Erstellung wissenschaftlicher Gutachten, Konstruktionsplanung, Land- und Regionalentwicklung, Machbarkeitsstudien, Raumordnung, nämlich planmäßige Ordnung, Entwicklung und Sicherung von größeren Flächen, Renaturierung und Rekultivierung, Technische Beratung, technische Projektplanungen, Vermessung, beginnend mit „Dienstleistungen eines Architekten“ vorgenannte Dienstleistungen in Treuhand.“
 
2. in Deutschland im geschäftlichen Verkehr unter der Bezeichnung „G. Deutschland“ und/oder „G. Engineering Deutschland“ damit zu werben, seit Jahrzehnten Qualitäten und Kompetenzen im klassischen Consulting und im Bereich von Ingenieurdienstleistungen zu besitzen.
 
IV. Es wird festgestellt, dass die Klägerin verpflichtet ist, der Beklagten allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus der in Ziffer III.1. beschriebenen Handlung bereits entstanden ist oder künftig noch entstehen wird.
 
V. Die Klägerin wird verurteilt, der Beklagten Auskunft über Art und Umfang der in Ziffer III. 1 beschriebenen Handlungen zu erteilen, und zwar durch Vorlage eines Verzeichnisses, aus dem sich die mit den Dienstleistungen nach Ziffer III. 1 erzielten Umsätze und Gestehungskosten einschließlich aller Kostenfaktoren, jeweils aufgeschlüsselt nach Kalendervierteljahren, sowie Art und Umfang der betriebenen Werbung, gegliedert nach Werbeträger, Auflagenzahl, Erscheinungszeit und Verbreitungsgebiet, ergeben.
 
VI. Die Klägerin wird verurteilt, an die Beklagte 898,67 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26.08.2014 zu bezahlen.
 
VII. Die Klägerin wird verurteilt, an die Beklagte weitere 1.162,70 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 21.03.2015 zu bezahlen.
 
VIII. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

Die Klägerin übergab im Termin vom 07.08.2018 eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung (Bl. 775 ff. d.A.). Die Parteien erklärten daraufhin den Rechtsstreit hinsichtlich Ziffer III. 2. des angefochtenen Endurteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 21.04.2017 übereinstimmend für erledigt.

In der Berufung beantragt die Klägerin, unter teilweiser Aufhebung des Urteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 21.04.2017 und Aufrechterhaltung im Übrigen, die Widerklage der Beklagten mit der Maßgabe der Erledigterklärung vom 07.08.2018 abzuweisen.

Die Beklagte beantragt in Bezug auf die Widerklage, das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 21.04.2017, teilweise abzuändern:

Die Klägerin wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten, wobei die Ordnungshaft am gesetzlichen Vertreter der Klägerin zu vollziehen ist, zu unterlassen, in Deutschland im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung „G. Power International“ und/oder die Bezeichnung „G. Power“ für Ingenieurdienstleistungen und/oder Engineering Procurement Project Management (EPPM) auf dem Gebiet der konventionellen Energieproduktion und/oder der Speicherung und/oder der Übertragung und/oder Verteilung von erneuerbaren Energien zu benutzen.
 
III.
In der Berufung erweiterte die Beklagte die Widerklage.

Sie hat zunächst beantragt (Schriftsatz vom 14.07.2017):

Die Klägerin wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten, wobei die Ordnungshaft am gesetzlichen Vertreter der Klägerin zu vollziehen ist, ab sofort zu unterlassen, in Deutschland im geschäftlichen Verkehr unter Verwendung des Unternehmenskennzeichens „G. GmbH & Co. Engineering KG“ und/oder der Bezeichnung „G. Gruppe“ und/oder „G. Engineering“ und/oder www…net mit Qualitäten und/oder Kompetenzen im klassischen Consulting und oder im Bereich von Ingenieurdienstleistungen markenmäßig zu werben.

Mit Schriftsatz vom 26.07.2018 formulierte sie zur Klarstellung den Antrag vom 14.07.2017 wie folgt um:

Die Klägerin wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten, wobei die Ordnungshaft am gesetzlichen Vertreter der Klägerin zu vollziehen ist, zu unterlassen, in Deutschland im geschäftlichen Verkehr die Zeichen „G. GmbH & Co. Engineering KG“ und/oder „G. Gruppe“ und/oder „G. Engineering“ und/oder www…net zur Bezeichnung eines oder mehrerer mit klassischem Consulting und/oder klassischen Ingenieurdienstleistungen befassten Unternehmen und/oder zur Werbung für solche Dienstleistungen zu benutzen.

Die Klägerin beantragt, die Widerklage hinsichtlich des erweiterten Widerklageantrags der Beklagten vom 26.07.2018 abzuweisen.
 
IV.
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 21.04.2017 Bezug genommen.

Wegen des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Eine Beweisaufnahme hat im Berufungsverfahren nicht stattgefunden.
 
B.
Die Klägerin wendet sich in ihrer Berufung gegen die vom Erstgericht zugesprochenen Widerklageansprüche.

Soweit die Parteien den Rechtstreit hinsichtlich Ziffer III.2. des angefochtenen Endurteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist die Rechtshängigkeit des Rechtsstreits in der Hauptsache beendet und die Entscheidung des Landgerichts wirkungslos geworden (BGH, Beschluss vom 07. Mai 2015 – I ZR 176/12, Rn. 4). Rechtshängig ist lediglich der Antrag auf Bezahlung von Abmahnkosten geblieben (Ziffer VII. des erstinstanzlichen Urteils). Insoweit ist die Berufung der Klägerin unbegründet (siehe unter I.).

Im Übrigen hat die zulässige Berufung der Klägerin in der Sache teilweise Erfolg. Der Beklagten stehen die mit der Widerklage geltend gemachten und vom Erstgericht zugesprochenen markenrechtlichen Unterlassungs- und Folgeansprüche (Ziffern III. bis V. des erstinstanzlichen Urteils) lediglich in Bezug auf „unabhängige“ Ingenieurdienstleistungen zu (siehe unter II.).
 
I.
Die Berufung der Klägerin ist hinsichtlich des wettbewerbsrechtlichen Teils unbegründet, weil der Beklagten die vom Landgericht in Ziffer VII. des erstinstanzlichen Urteils ausgeurteilten Abmahnkosten zustehen.

Das Erstgericht hat zu Recht das Bestehen von Unterlassungsansprüchen im Zusammenhang mit den Bezeichnungen „G. Deutschland“ und/oder „G. Engineering Deutschland“ und der Werbung, seit Jahrzehnten Qualitäten und Kompetenzen im klassischen Consulting und im Bereich von Ingenieurdienstleistungen zu besitzen bejaht. Denn die Bezeichnungen „G. Deutschland“ sowie „G. Engineering Deutschland“ sind irreführend nach § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG, da ein Unternehmen G. (Engineering) Deutschland nicht existiert. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Nürnberg-Fürth wird Bezug genommen. Gegen diese Einschätzung wendet sich die Klägerin nicht, sondern gab im Termin vom 07.08.2018 eine entsprechende Unterlassungserklärung ab.

Da die Beklagte die Klägerin u.a. wegen dieses Sachverhalts mit Anwaltsschreiben vom 30.09.2014 abmahnte, hat sie gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 UWG Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Das Erstgericht hat den Gegenstandswert für diese Abmahnung auf insgesamt 150.000,00 € festgesetzt. Dies ist nicht zu beanstanden. Eine 1,3-fache Gebühr aus diesem Gegenstandswert ergibt einen Betrag in Höhe von 2.285,40 €.

Die Abmahnung war jedoch lediglich hinsichtlich des Streitgegenstands der Bezeichnungen „G. Deutschland“ und/oder „G. Engineering Deutschland“ und nicht der Bezeichnungen „G. Power International“ und/oder „G. Power“ berechtigt (dazu näher unter C.II.2.). Die Beklagte kann daher lediglich die Hälfte des Gesamtbetrags ersetzt verlangen (BGH, Urteil vom 10. Dezember 2009 – I ZR 149/07, Rn. 50 – Sondernewsletter). Dies ergibt zuzüglich einer Pauschale von 20,00 € den in Ziffer VII. des erstinstanzlichen Urteils tenorierten Betrag von 1.162,70 €.
 
II.
Die Berufung der Klägerin ist hinsichtlich der Ziffern III.1, IV. bis V. des erstinstanzlichen Urteils teilweise begründet. Denn der Beklagten stehen die vom Erstgericht im Rahmen der Widerklage zugesprochenen markenrechtlichen Unterlassungs- und Annexansprüche im Zusammenhang mit dem Zeichen „G.“ in Alleinstellung lediglich in Bezug auf Dienstleistungen von Ingenieuren – also „unabhängige“ Ingenieurdienstleistungen – zu.

1.
Folgende sich aus dem unstreitigen Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils ergebenden – und damit für das Berufungsgericht bindenden (vgl. Ball, in Musielak/Voit, ZPO, 15. Aufl. 2018, § 529 Rn. 6) – Feststellungen sind für die Entscheidung insoweit maßgeblich:

Die Beklagte wurde 1966 gegründet und firmiert seit dem Jahr 1977 unter der (auch so eingetragenen) Firma H.P. G. Die Klägerin wurde im Jahr 1988 unter der Firma G. I. gegründet und firmierte im Jahr 1995 um in Firma G. E.

Das Erstgericht unterscheidet zwischen „unabhängigen“ Ingenieurdienstleistungen – also Dienstleistungen von Ingenieuren – und sogenannten …-Tätigkeiten. Unter …-Dienstleistungen versteht das Landgericht laut unstreitigem Tatbestand Detail-Planung und Kontrolle, Beschaffungswesen, Ausführung der Bau- und Montagearbeiten. Dabei werden Gesamtlösungen beworben bzw. angeboten, ähnlich wie bei einem Generalübernehmer. Prägend hierbei ist die Organisation der Finanzierungsleistungen, eventuelle Planungs- und Ausführungsleistungen können von Subunternehmern durchgeführt werden.

Die Klägerin bietet jedenfalls …-Dienstleistungen bereits in der Vergangenheit an. Zumindest seit 2007 erbringt die Klägerin auch „unabhängige“ Ingenieurdienstleistungen und verwendet jedenfalls seit Ende 2010 zur Kennzeichnung dieser Dienstleistungen die Bezeichnung „G.“ in Alleinstellung.

Die Beklagte bietet „unabhängige“ Ingenieurdienstleistungen an.

2.
Der Verbotstenor des Unterlassungstitels in Ziffer III.1. geht entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin nicht zu weit. Denn dieses Verbot bezieht sich lediglich auf eine Verwendung von „G.“ in Alleinstellung; es besagt dagegen nicht, dass die Klagepartei schlechthin verpflichtet wäre, die Benutzung der Bezeichnung „G.“ – etwa auch in Verbindung mit anderen kennzeichnungskräftigen Bestandteilen – zu unterlassen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Mai 1998 – I ZR 275/95, Rn. 25 – Ha-Ra/HARIVA).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils. Das Landgericht führt darin aus, dass ein Unterlassungsanspruch der Beklagten gegen die Klägerin wegen der Verwendung der Bezeichnung „G.“ in Alleinstellung bestünde, soweit dem nicht das Recht der Gleichnamigen entgegenstehe. Unter Alleinstellung sei jede Verwendung der Bezeichnung „G.“ außerhalb der vollständigen Firma bzw. außerhalb der Bezeichnung „G. Engineering“ zu verstehen. Diese Ausführungen sind um die Selbstverständlichkeit zu ergänzen, dass auch bei der Verwendung eines unterscheidungskräftigen Zusatzes kein Unterlassungsanspruch besteht.

3.
Zu Recht ist das Erstgericht auch davon ausgegangen, dass die Unternehmenskennzeichen der Parteien gemäß § 15 Abs. 2 MarkenG verwechslungsfähig sind. Auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts wird Bezug genommen. Auch der Senat hat eine Verwechslungsgefahr zwischen den streitgegenständlichen Unternehmenskennzeichen bereits im Urteil vom 17. März 2015 – 3 U 603/14 – bejaht; die dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH mit Beschluss vom 12. November 2015 – I ZR 69/15 – zurückgewiesen. Auch auf die Ausführungen in diesem Urteil wird Bezug genommen.

a)
Der Beklagten steht an dem Firmenschlagwort „G.“ ein nach § 5 Abs. 2 S. 1 MarkenG geschütztes Unternehmenskennzeichenrecht zu.

Der Schutz des Unternehmenskennzeichens nach § 5 Abs. 2 S. 1 MarkenG entsteht bei von Haus aus unterscheidungskräftigen Bezeichnungen mit der Aufnahme der Benutzung im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung des Geschäftsbetriebs. Bei schlagwortfähigen Firmenbestandteilen ist der Kennzeichenschutz, der lediglich die Eignung voraussetzt, im Verkehr als Herkunftshinweis zu dienen, aus der Gesamtfirma abgeleitet und entsteht daher bereits mit dem Schutz der vollständigen Bezeichnung. Dabei kann für einen Teil einer Firmenbezeichnung der vom Schutz des vollständigen Firmennamens abgeleitete Schutz als Unternehmenskennzeichen im Sinne des § 5 Abs. 2 MarkenG beansprucht werden, sofern es sich um einen unterscheidungskräftigen Firmenbestandteil handelt, der seiner Art nach im Vergleich zu den übrigen Firmenbestandteilen geeignet erscheint, sich im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen durchzusetzen. Ist dies zu bejahen, kommt es nicht mehr darauf an, ob die fragliche Kurzbezeichnung tatsächlich als Firmenschlagwort in Alleinstellung verwendet wird und ob sie sich im Verkehr durchgesetzt hat. Der Schutz eines in einer Firmenbezeichnung enthaltenen Bestandteils als Unternehmensschlagwort gemäß § 5 Abs. 2 MarkenG setzt neben der Unterscheidungskraft voraus, dass er nach der Verkehrsauffassung seiner Natur nach geeignet ist, wie ein Name des Unternehmens zu wirken (BGH, Urteil vom 05. November 2015 – I ZR 50/14, Rn. 19 – ConText).

Unter Berücksichtigung dieses rechtlichen Maßstabs ist es nicht zu beanstanden, dass das Erstgericht dem Familiennamen „G.“ Schutz als Firmenschlagwort zusprach. Dem stehen insbesondere nicht die Abkürzung „JBG“ im Unternehmenskennzeichen der Beklagten sowie die Kennzeichenpraxis der Beklagten im Zusammenhang mit der Buchstabenkombination „JBG“ entgegen. Auf die Ausführungen des Landgerichts und des Senats im Urteil vom 17. März 2015 wird Bezug genommen. Das Schlagwort „G.“ verfügt als Teil der Unternehmensbezeichnung der Beklagten – ungeachtet dessen, ob es auch in Alleinstellung benutzt worden ist – über den Zeitrang des Gesamtzeichens (vgl. BGH, Urteil vom 02. Oktober 2012 – I ZR 82/11, Rn. 24 – Völkl).

b)
Zwischen den Kollisionszeichen besteht Verwechslungsgefahr im Sinne des § 15 Abs. 2 MarkenG.

aa)
Die Beurteilung der Frage, ob Verwechslungsgefahr im Sinne des § 15 Abs. 2 MarkenG vorliegt, ist unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen der Nähe der Unternehmensbereiche, der Kennzeichnungskraft des Kennzeichens der Klagepartei und dem Ähnlichkeitsgrad der einander gegenüberstehenden Bezeichnungen (BGH, Urteil vom 05. November 2015 – I ZR 50/14, Rn. 23 – ConText).

bb)
Im vorliegenden Fall ist angesichts der Tätigkeit beider Parteien von hochgradiger Branchennähe auszugehen.

Für die Beurteilung der Branchennähe kommt es in erster Linie auf die Produktbereiche und Arbeitsgebiete an, die nach der Verkehrsauffassung typisch für die Parteien sind. Anhaltspunkte für eine Branchennähe können Berührungspunkte der Waren oder Dienstleistungen der Unternehmen auf den Märkten sowie Gemeinsamkeiten der Vertriebswege und der Verwendbarkeit der Produkte und Dienstleistungen sein. In die Beurteilung einzubeziehen sind naheliegende und nicht nur theoretische Ausweitungen der Tätigkeitsbereiche der Parteien. Im Einzelfall können auch Überschneidungen in Randbereichen der Unternehmenstätigkeiten zu berücksichtigen sein. Da der Begriff der Branchennähe im Hinblick auf die Verwechslungsgefahr nach § 15 Abs. 2 MarkenG auszulegen ist, kann von einer Unähnlichkeit der Branchen der Parteien nur ausgegangen werden, wenn trotz (unterstellter) Identität der Kennzeichen die Annahme einer Verwechslungsgefahr wegen des Abstands der Tätigkeitsfelder von vornherein ausgeschlossen ist (BGH, Urteil vom 20. Januar 2011 – I ZR 10/09, Rn. 23 – BCC).

Unter Berücksichtigung dieses rechtlichen Maßstabs ist eine hochgradige Branchennähe zwischen den Tätigkeitsfeldern der Parteien zu bejahen. Denn beide Parteien bieten nunmehr auch „klassische“ Ingenieursdienstleistungen an und sind damit im Kernbereich (vgl. Hacker, in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl. 2018, § 15 Rn. 59) im selben Geschäftsfeld tätig.

cc)
Es besteht Zeichenähnlichkeit zwischen dem Firmenschlagwort „G” der Beklagten und dem Firmenbestandteil „G. Ingenieure“ der Klägerin. Dies hat der Senat auch bereits im vorausgehenden Verfahren 3 U 603/14, Endurteil vom 17.03.2015, angenommen.

Bei der Beurteilung ihrer Ähnlichkeit sind die sich gegenüberstehenden Kennzeichen grundsätzlich in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen. Genießt ein Teil einer geschäftlichen Bezeichnung gesonderten kennzeichenrechtlichen Schutz als Firmenschlagwort, kann dieser gesondert geschützte Teil dem Zeichenvergleich zugrunde gelegt werden. Bei der Prüfung der Identität oder Ähnlichkeit von Unternehmenskennzeichen ist grundsätzlich sowohl bei dem geschützten Zeichen als auch dem Kollisionszeichen auf den Teil des gesamten Zeichens abzustellen, der gesonderten kennzeichenrechtlichen Schutz genießt. Der Grund für diesen selbständigen Schutz besteht in der Neigung des Verkehrs, längere Firmenbezeichnungen auf den (allein) unterscheidungskräftigen Bestandteil zu verkürzen (BGH, Urteil vom 05. November 2015 – I ZR 50/14, Rn. 28 – ConText).

Im vorliegenden Fall weist die A. GmbH & Co. KG weist lediglich auf die Rechtsform des Unternehmens der Klägerin hin und ist damit rein beschreibender Natur. Auch die Bestandteile Ingenieure und Consulting sind für die Tätigkeiten der Klägerin beschreibend und führen daher aus der Zeichenähnlichkeit nicht heraus.

dd)
Unter Berücksichtigung der Wechselwirkungslehre ist daher im vorliegenden Fall Verwechslungsgefahr zu bejahen, ohne dass es darauf ankommt, ob dem Klagezeichen „G.“ eine durchschnittliche oder eine unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft zukommt.

Die Kennzeichnungskraft einer Firmenbezeichnung wird durch den Grad der Eignung des Zeichens bestimmt, sich auf Grund seiner Eigenart und seines durch Benutzung erlangten Bekanntheitsgrades dem Verkehr als Name des Unternehmensträgers einzuprägen. Für die Bestimmung des Grades der Kennzeichnungskraft kommt es bei einem Unternehmenskennzeichen deshalb – anders als bei der Marke – darauf an, ob der Verkehr das fragliche Kennzeichen nicht nur einem bestimmten, sondern gerade dem Unternehmen zuordnet, das für diese Bezeichnung Schutz beansprucht (BGH, Urteil vom 22. März 2012 – I ZR 55/10, Rn. 18 – METRO/ROLLER’s Metro).

Die Bezeichnung „G.“ verfügt von Haus aus über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft, weil sie keine beschreibenden Anklänge für die von der Beklagten angebotenen Dienstleistungen aufweist. Ob die Kennzeichnungskraft durch die jahrelange Nutzung des Unternehmenskennzeichens durch die Klägerin geschwächt ist, ist – wie ausgeführt – nicht entscheidungserheblich.

4.
Aufgrund einer Gesamtschau aller Umstände ist eine Störung der Gleichgewichtslage durch eine Ausweitung des Tätigkeitsfelds der Klägerin in Verbindung mit einer Änderung der Kennzeichnungsart zu bejahen. Die Beklagte kann daher verlangen, dass es die Klägerin unterlässt, das Zeichen „G.“ in Alleinstellung für „unabhängige“ Ingenieurdienstleistungen zu verwenden.

a)
Allerdings findet entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten das Recht der Gleichnamigen im vorliegenden Fall Anwendung.

Das Recht der Gleichnamigen setzt eine kennzeichenrechtliche Gleichgewichtslage voraus, die dadurch entsteht, dass die Parteien ihre Unternehmenskennzeichen über einen längeren Zeitraum unbeanstandet nebeneinander benutzen (BGH, Urteil vom 24. September 2013 – I ZR 64/11, Rn. 16 – Peek & Cloppenburg IV).

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Dabei ist – wie die Vielzahl der Gerichtsentscheidungen „…“ zeigen – das Merkmal der unbeanstandeten Benutzung nicht dahingehend zu verstehen, dass zwischen den Parteien keine Auseinandersetzungen über den Umfang des Rechts der Kennzeichennutzung bestehen. Voraussetzung ist lediglich, dass grundsätzlich – wie bei den Parteien – die Rechte an verwechslungsfähigen Unternehmensbezeichnungen jahrelang unbeanstandet nebeneinander bestanden haben (vgl. BGH, Urteil vom 02. Oktober 2012 – I ZR 82/11, Rn. 40 – Völkl).

Bereits im vorausgehenden Verfahren 3 U 603/14, Endurteil vom 17.03.2015, hat der Senat angenommen, dass grundsätzlich zwischen den Parteien eine Gleichgewichtslage besteht. Auch das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. hat in dem dortigen Verfahren Az.: 6 U 32/16, Endurteil vom 30.03.2017, zutreffend ausführt, dass der Streitfall zwischen den Parteien nicht nach Prioritätsgrundsätzen, sondern den Recht der Gleichnamigen entwickelten Grundsätzen zu beurteilen ist. In beiden Verfahren hat der Bundesgerichtshof die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen.

b)
Nach den Grundsätzen des Rechts der Gleichnamigen kann der Inhaber des prioritätsälteren dem Inhaber des prioritätsjüngeren Kennzeichenrechts die Nutzung des Zeichens nicht allein unter Berufung auf seinen zeitlichen Vorrang untersagen und damit in dessen redlich erworbenen Besitzstand eingreifen; vielmehr muss er die Nutzung des Zeichens durch den Inhaber des prioritätsjüngeren Kennzeichenrechts trotz bestehender Verwechslungsgefahr grundsätzlich dulden. Der Inhaber des Kennzeichenrechts muss es allerdings in aller Regel nur dann hinnehmen, dass der Inhaber des anderen Kennzeichenrechts die Verwechslungsgefahr erhöht und damit die Gleichgewichtslage stört, wenn dieser ein schutzwürdiges Interesse an der Benutzung hat und alles Erforderliche und Zumutbare tut, um einer Erhöhung der Verwechslungsgefahr weitestgehend entgegenzuwirken (BGH, GRUR 2013, 397, Rn. 18 – Peek & Cloppenburg III).

Die hinsichtlich der Berechtigung zur Nutzung eines verwechslungsfähigen Unternehmenskennzeichens bestehende Gleichgewichtslage wird durch eine Erhöhung der Verwechslungsgefahr gestört. Dabei kann sich eine Erhöhung der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 15 Abs. 2 MarkenG insbesondere aus einer Verringerung des Abstands des wirtschaftlichen Tätigkeitsbereichs der Parteien, also aus einer Ausdehnung des sachlichen oder räumlichen Tätigkeitsgebiets der einen Partei zu Lasten der anderen Partei, ergeben (BGH, GRUR 2010, 738, Rn. 22 – Peek & Cloppenburg). Maßgeblich für die Bestimmung des Bestehens von Verwechslungsgefahr und insbesondere des Vorliegens von Branchennähe – und damit auch der Ausweitung der Tätigkeitsbereiche der Parteien – ist die Sicht der angesprochenen Verkehrskreise (vgl. BGH, GRUR 2011, 831, Rn. 23 – BCC).

Auch die Änderung der Kennzeichnungsart kann zu einer Erhöhung der Verwechslungsgefahr führen. So muss Änderungen in Richtung auf eine zunehmende Benutzung als Schlagwort sowie die Hervorhebung des übereinstimmenden Firmenbestandteils in der Regel keiner der Namensgleichen dulden, da sie den Eindruck einer Allein- oder Vorrangstellung gegenüber dem anderen erzeugen (BGH, Urteil vom 07. Juli 2011 – I ZR 207/08, Rn. 30 – Gartencenter Pötschke).

Es ist aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände zu bestimmen, was im Einzelfall erforderlich und zumutbar ist (BGH, Urteil vom 11. April 2002 – I ZR 317/99, Rn. 33 – vossius.de).

c)
Vor diesem Hintergrund ist aufgrund einer Gesamtschau aller Umstände eine Störung der Gleichgewichtslage durch eine Ausweitung des Tätigkeitsfelds der Klägerin in Verbindung mit einer Änderung der Kennzeichnungsart zu bejahen. Aus diesem Grund besteht ein Unterlassungsanspruch der Beklagten hinsichtlich der Verwendung der Bezeichnung „G.“ in Alleinstellung für „unabhängige“ Ingenieurdienstleistungen.

aa)
Im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung ist zum einen zu berücksichtigen, dass die Klägerin ihre Geschäftstätigkeit auf „unabhängige“ Ingenieurdienstleistungen in Deutschland ausgedehnt hat.

(1)
Aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise handelt es sich bei „unabhängigen“ Ingenieurdienstleistungen und …-Dienstleistungen um zwar ähnliche, aber unterschiedliche sachliche Tätigkeitsgebiete.

(a)
Das Erstgericht hat ausgeführt, dass zwischen „unabhängigen“ Ingenieurdienstleistungen und sogenannten …-Tätigkeiten zu unterscheiden sei. Unter …-Dienstleistungen versteht das Landgericht laut unstreitigem Tatbestand Detail-Planung und Kontrolle, Beschaffungswesen, Ausführung der Bau- und Montagearbeiten. Dabei werden Gesamtlösungen beworben bzw. angeboten, ähnlich wie bei einem Generalübernehmer. Prägend hierbei ist die Organisation der Finanzierungsleistungen, eventuelle Planungs- und Ausführungsleistungen können von Subunternehmern durchgeführt werden.

Der Senat folgt dieser Unterscheidung.

Es ist unstreitig, dass unter „unabhängigen“ Ingenieurdienstleistungen die Erbringung von klassischen Dienstleistungen eines Ingenieurbüros fällt.

Die Abkürzung … steht laut der Online-Enzyklopädie „Wikipedia“ hingegen für Engineering, Procurement and Construction Management und stellt eine erweiterte Form der Projektabwicklung dar: Der Auftragnehmer tritt als Generalunternehmer oder Generalübernehmer auf. Er verpflichtet sich, dem Auftraggeber eine Anlage oder ein Bauwerk schlüsselfertig zu liefern. Andere Unternehmen/Subunternehmen werden vom Auftraggeber direkt beauftragt, bestimmte Leistungen zu erbringen. Diese Definition entspricht dem Verständnis des Erstgerichts aus dem unstreitigen Tatbestand.

(b)
Zwischen diesen Dienstleistungen bestehen nach der Verkehrsauffassung trotz erheblicher Gemeinsamkeiten sachliche Unterschiede.

Zwar sind aus der Sicht des Auftraggebers in beiden Fällen auch Ingenieurdienstleistungen Vertragsgegenstand. …-Dienstleistungen stellen ein Bündel von Dienstleistungen dar, welches als einen wesentlichen Bestandteil Ingenieursdienstleistungen enthält. Ob die „unabhängigen“ Ingenieurleistungen von einem Subunternehmer oder dem Vertragspartner selbst erbracht werden, spielt für den Vertragspartner nicht immer eine maßgebliche Rolle. Darüber hinaus gehören – wie sich einer Stellungnahme des Verbandes beratender Ingenieure vom 28.03.2018 (Anlage BB 17) entnehmen lässt – zu den klassischen Ingenieurdienstleistungen auch solche Leistungen, die identisch bei einem …-Vertrag ebenfalls zu erbringen sind. Auch der Webseite der Bundesingenieurkammer zum Tätigkeitsbereich eines beratenden Ingenieurs (Anlage BB 19) ist zu entnehmen, dass die Leistungen des beratenden Ingenieurs in vielen Punkten deckungsgleich mit dem Leistungsspektrum der im Rahmen eines …-Vertrages geschuldeten Dienstleistungen sind.

Dies ist jedoch für die markenrechtliche Frage der Ausdehnung der Geschäftstätigkeit nicht entscheidend. Maßgeblich ist vielmehr, dass sich bei „unabhängigen“ Ingenieurdienstleistungen und …-Dienstleistungen die Pflichten des Auftragnehmers aus dem Vertragsverhältnis unterscheiden. Bei „unabhängigen“ Ingenieurdienstleistungen ist die Ausführung bestimmter technischer Entwicklungsdienstleistungen geschuldet. Der Generalübernehmer verpflichtet sich dagegen, dem Auftraggeber eine Anlage oder ein Bauwerk schlüsselfertig zu liefern. Der Vorteil für den Auftragnehmer besteht darin, dass der der Generalübernehmer die Organisation der Gesamtleistung – und somit auch die Detail-Planung und Kontrolle, das Beschaffungswesen, die Organisation der Finanzierungsleistungen und die Ausführung der Bau- und Montagearbeiten – übernimmt. Die „unabhängigen“ Ingenieurleistungen erbringt dann ein Subunternehmer. Diese Unterscheidung macht auch die Klägerin in ihren Verträgen (z.B. § 6 lit. a und b in einem Vertrag zwischen der Klägerin und der L. I1. GmbH, Anlage B 60).

Auch der Verband beratender Ingenieure unterscheidet in § 3 seiner Satzung (Anlage B 59) zwischen Unternehmen beratender Ingenieure und freiberuflich geführten Unternehmen, die unabhängig auf den Gebieten des Ingenieurwesens oder auf anderen technisch, technisch-wirtschaftlichen oder naturwissenschaftlichen Gebieten beratend, planend, überwachend, koordinierend, begutachtend oder prüfend tätig sind.

(c)
Diese Unterscheidung kann der Senat selbst feststellen; der Einholung eines Sachverständigengutachtens bedarf es insoweit nicht. Denn vom BGH wird die Ermittlung des Verkehrsverständnisses als Anwendung eines speziellen Erfahrungswissens angesehen, welches das Gericht auch dann haben kann, wenn die Mitglieder des Spruchkörpers selbst nicht zu den jeweils angesprochenen Verkehrskreisen gehören (BGH, GRUR 2007, 1079, Rn. 36 – Bundesdruckerei). Besonderer Fachkenntnisse bedarf es für die Beurteilung dieser Frage nicht. Denn es kann bei der Frage, ob unterschiedliche Geschäftsbereiche vorliegen, der Sachverhalt mit anderen, aus der Entscheidungspraxis bekannten Sachverhaltskonstellationen (Vertrieb und Herstellung von Produkten oder Einzel- und Großhandel) verglichen werden. Auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts wird Bezug genommen.

(2)
Das Erstgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass die Klägerin zumindest in der Zeit ab dem Jahr 2000 in Deutschland keine „unabhängigen“ Ingenieurdienstleistungen mehr erbrachte. Der Vortrag der Klägerin, „unabhängige“ Ingenieurdienstleistungen seien auch danach Bestandteil ihres Geschäftsbereichs in Deutschland gewesen, ist unsubstantiiert. Darauf hat das Erstgericht bereits hingewiesen, ohne dass eine hinreichende Substantiierung oder die entsprechende Vorlage von aussagekräftigen Unterlagen erfolgte. Vielmehr beziehen sich weitere von der Klägerin vorgelegte Anlagen (Anlagen K 118, K 120 bis 122) nicht auf Deutschland.

Aus dem unstreitigen Tatbestand ergibt sich bindend für das Berufungsverfahren, dass die Klagepartei zumindest seit 2007 auch „unabhängige“ Ingenieurdienstleistungen erbringt. Dies stellt eine Ausdehnung des Tätigkeitsgebiets dar.

bb)
Im Rahmen der Gesamtwürdigung ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin ihre Kennzeichnungspraxis dahin änderte, dass sie begann, für die „unabhängigen“ Ingenieurdienstleistungen das Zeichen „G“ in Alleinstellung zu verwenden.

(1)
Das Erstgericht führte insoweit aus, dass der Vortrag der Parteien sich darin unterscheide, dass die Klägerin die Verwendung von „G.“ in Alleinstellung für „unabhängige“ Ingenieurdienstleistungen seit Juni 2006 behaupte, die Beklagte dagegen vortrage, die Klägerin habe bis November 2010 stets den Zusatz „Engineering“, „GE“ oder „GEB“ verwendet und trete frühestens ab dem Jahr 2010 unter der isolierten Bezeichnung „G“ auf.

Auch insoweit besteht eine Bindungswirkung des Berufungsgerichts (Ball, in Musielak/Voit, ZPO, 15. Aufl. 2018, § 529 Rn. 6).

Damit steht bereits nach dem Vortrag der (darlegungsbelasteten) Klägerin fest, dass im Juni 2006 eine Änderung der Kennzeichnungsart – und damit eine Störung der Gleichgewichtslage – durch sie erfolgte.

(2)
Etwas anderes ergibt sich auch nicht – wie das Erstgericht zutreffend feststellte – aus den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen. Die Anlage K 18 bezieht sich auf den internen Schriftverkehr zwischen den „G.“ – Firmen ab 09.06.2006, die Anlage K 9 auf die Nutzung im Internet ab dem Jahr 2008 und die Anlage K 84 auf einen Flyer aus dem Jahr 2008. Die weiter von der Klägerin vorgelegten Verwendungsbeispiele betreffen entweder nicht Deutschland (Anlagen K 102, K 104, K 115 bis K 119) oder beziehen sich auf den internen Geschäftsverkehr zwischen den „G.“ – Firmen von 2007 und 2008 (Anlagen K 103, K 106, K 107) bzw. den Geschäftsführervertrag vom Mai 2007 (Anlage K 105).

cc)
Im Rahmen der Abwägung aller Interessen des vorliegenden Falls kann auch nicht außer Acht bleiben, dass die Klägerin bereits in der Vergangenheit auf dem Gebiet der „unabhängigen“ Ingenieurdienstleistungen tätig war. Dies führt zwar nicht dazu, dass die Störung der Gleichgewichtslage lediglich eine Wiederbelebung eines nur vorübergehend stillgelegten Teilarbeitsgebietes der Klägerin darstellt. Er führt aber zu einer Beschränkung des Unterlassungsanspruchs der Beklagten (und die Annexansprüche) auf die Verwendung des Zeichens „G“ in Alleinstellung für „unabhängige“ Ingenieurdienstleistungen.

(1)
Eine Störung der Gleichgewichtslage ist zu verneinen, wenn die erhöhte Verwechslungsgefahr durch die Wiederbelebung eines nur vorübergehend stillgelegten Teilarbeitsgebietes der älteren Firma hervorgerufen wird (BGH, GRUR 1953, 252 (254) – Hoch-Tiefbau; Lange, Marken- und Kennzeichenrecht, 2. Aufl. 2012, Rn. 4445). Eine derartige bloße Wiederbelebung ist zu verneinen, wenn die Firma im Rahmen ihres jahrzehntelang ausschließlich auf eine bestimmte Tätigkeit ausgerichteten Unternehmens wirtschaftlich etwas völlig Neues schafft, wenn sie nunmehr dazu übergeht, wieder die stillgelegte Tätigkeit auszuführen (BGH, a.a.O. – Hoch-Tiefbau).

Ob eine Wiederbelebung eines nur vorübergehend stillgelegten Teilarbeitsgebietes angenommen werden kann, bestimmt sich danach, ob – wie bei der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine lediglich vorübergehende Unterbrechung des Geschäftsbetriebs den Bestand des Kennzeichenrechts gemäß § 5 Abs. 2 MarkenG mit seiner ursprünglichen Priorität unberührt lässt – die Stilllegung nach der dafür maßgeblichen Verkehrsauffassung noch als vorübergehende Unterbrechung erscheint (vgl. BGH, Urteil vom 27. März 2013 – I ZR 93/12, Rn. 29 – Baumann I). Maßgeblich sind die Umstände des jeweiligen Einzelfalls. Hierfür sind der Zeitraum, der Umfang und die Umstände der vorherigen Verwendung der Kennzeichnung sowie die Dauer und der Grund der Unterbrechung von Bedeutung (vgl. BGH, Urteil vom 07. April 2016 – I ZR 237/14, Rn. 22 – mt-perfect).

Ähnlich wie bei der Frage, ob durch die Unterbrechung des Geschäftsbetriebs der Schutz des Unternehmenskennzeichens entfallen ist, setzt die Annahme einer Gleichgewichtslage voraus, dass sich der Fortsetzungswille in entsprechenden Handlungen manifestiert hat oder aufgrund besonderer Umstände für den Verkehr nahelag (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 22 – mt-perfect). An einer hinreichenden Manifestation des Fortführungswillens fehlt es, wenn tatsächlich keine Fortführungsmöglichkeit bestand (vgl. BGH, Urteil vom 28. Februar 2002 – I ZR 177/99, Rn. 35 – Hotel Adlon).

(2)
Vor diesem Hintergrund ist im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung aller Umstände nach der Verkehrsauffassung eine Wiederbelebung eines nur vorübergehend stillgelegten Teilarbeitsgebietes der Klägerin zu verneinen. Denn die Zeitspanne zwischen 2000 und 2007, in denen nach den Feststellungen des Erstgerichts die im Jahr 1988 gegründete Klägerin keine „unabhängigen“ Ingenieurdienstleistungen erbracht hat, ist als zu lang anzusehen, dass eine Wiederbelebung eines nur vorübergehend stillgelegten Teilarbeitsgebietes angenommen werden kann.

In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass nur wenige der von der Klägerin vorgelegten Anlagen bestätigt haben (Anlagen K 23, K 26, K 27, K 28 und K 29), dass sie bis zum Jahr 2000 Ingenieurdienstleistungen erbrachte, somit der Umfang der vorherigen Verwendung als relativ gering anzusehen ist. Eine Verwendung des Zeichens „G“ in Alleinstellung für diese Dienstleistungen vor 2006 trägt die Klägerin überhaupt nicht vor.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass das Erstgericht zutreffend ausführt, dass auch nach 2007 die Klägerin „unabhängige“ Ingenieurdienstleistungen in Deutschland nur in einem sehr geringen Umfang erbrachte. So waren laut der Veröffentlichung im Bundesanzeiger zum Jahr 2011 die Aktivitäten der Klägerin weiterhin ausschließlich auf das Ausland ausgerichtet (Anlage B 60). Das vorgelegte Konvolut an Referenzblättern bezieht sich nicht auf Deutschland (Anlage K 18). Auch in den Jahresabschlüssen der Klägerin für die Jahre 2006 bis 2012 ist Deutschland nicht genannt (Anlage K 33).

Schließlich trägt die Klägerin nichts zu einem Fortsetzungswillen oder dazu vor, wie sich dieser in entsprechenden Handlungen manifestiert hat.

(3)
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass nach § 2 des Gesellschaftsvertrags vom 15.12.2000 (Anlage K 10) Ingenieurdienstleistungen im In- und Ausland vom Gegenstand des Unternehmens der Klägerin umfasst sind. Auch in Veröffentlichungen der Beklagten wird die Klägerin in Zusammenhang mit Ingenieursdienstleistungen aufgeführt. So wird die Klägerin in einer Broschüre der Beklagten aus den Jahren 1996/1997 (Anlage K 7) u.a. mit dem Tätigkeitsbereich „konstruktiver Ingenieurbau“ beworben. In einer weiteren Broschüre der Beklagten aus dem Jahr 2005 wird in Bezug auf die Klägerin u.a. ausgeführt, dass diese 1988 als unabhängiges Engineering-Unternehmen gegründet worden sei und ihren Kunden effizientes technisch-wirtschaftliches Engineering anbiete (Anlage K 8). Einen gleichen Inhalt wies die Internetseite der Beklagten aus den Jahren 2003, 2008 – 2012 auf.

Es erscheint daher sachgerecht, im Rahmen der Interessenabwägung den Unterlassungsanspruch und die Annexansprüche der Beklagten auf die Verwendung des Zeichens „G“ in Alleinstellung für „unabhängige“ Ingenieurdienstleistungen zu beschränken.

dd)
Schließlich ist in die Interessenabwägung einzubeziehen, dass die Klägerin ein schutzwürdiges Interesse an der Verwendung der Bezeichnung „G.“ für …-Dienstleistungen hat und eine Verwechslungsgefahr mit den von der Beklagten erbrachten Ingenieurdienstleistungen eher gering ist.

Im Einzelfall kann ein schutzwürdiges Interesse an der Störung der Gleichgewichtslage bestehen. Dabei muss der Störer jedoch alles Erforderliche und Zumutbare unternehmen, um einer Verwechslungsgefahr weitestgehend entgegenzuwirken (BGH, Urteil vom 24. September 2013 – I ZR 64/11, Rn. 18).

Es ist unstreitig, dass die Klägerin im Jahr 1988 unter der Firma G. Ingenieure GmbH & Co. Consulting KG gegründet wurde und im Jahr 1995 in G. GmbH & Co Engineering KG umfirmierte. Seit ihrer Gründung bietet sie …-Dienstleistungen an. Dagegen hat sich die Beklagte auf Ingenieurdienstleistungen spezialisiert. Im Bereich des klassischen Tätigkeitsprofils der Klägerin ist daher die Verwechslungsgefahr als eher gering einzustufen.

Auch das Oberlandesgericht Frankfurt führte in seinem Urteil vom 30.03.2017, Az. 6 U 32/16, aus, dass sich beide Parteien auch noch nach Beendigung ihrer Zusammenarbeit in den Jahren 2007 bis 2012 des alleinkennzeichnungskräftigen Firmenschlagworts „G.“ bedient hätten, und zwar auch in Alleinstellung. Auf im kennzeichenrechtlichen Sinne unterscheidungskräftige Zusätze habe keine Seite Wert gelegt.

5.
Der Anspruch der Beklagten ist nicht verwirkt. Weder hat die Beklagte das Verhalten der Klägerin länger als 5 Jahre geduldet (§ 21 Abs. 1 Markengesetz), noch lag auf Seiten der Klägerin eine länger andauernde unbeanstandete Benutzung vor. Auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts wird Bezug genommen. Auch im vorausgehenden Verfahren 3 U 603/14, Urteil vom 17.03.2015, hat der Senat eine Verwirkung verneint.

a)
Gemäß § 21 Abs. 2 MarkenG hat der Inhaber einer geschäftlichen Bezeichnung nicht das Recht, die Benutzung eines Kennzeichens mit jüngerem Zeitrang zu untersagen, soweit er die Benutzung dieses Rechts während eines Zeitraums von fünf aufeinanderfolgenden Jahren in Kenntnis dieser Benutzung geduldet hat, es sei denn, der Inhaber dieses Rechts war im Zeitpunkt des Rechtserwerbs bösgläubig.

Nach § 21 Abs. 4 MarkenG bleiben die allgemeinen Grundsätze der Verwirkung gemäß § 242 BGB unberührt. Diese allgemeinen Verwirkungsgrundsätze sind neben der Regelung über die Anspruchsverwirkung in § 21 Abs. 2 MarkenG anwendbar (BGH, Urteil vom 5. November 2015 – I ZR 50/14, Rn. 47 – ConText).

Für die Verwirkung eines kennzeichenrechtlichen Anspruchs nach allgemeinen Grundsätzen kommt es darauf an, ob durch eine längerdauernde redliche und ungestörte Benutzung eines Kennzeichens ein Zustand geschaffen worden ist, der für den Benutzer einen beachtlichen Wert hat, der ihm nach Treu und Glauben erhalten bleiben muss und den auch der Verletzte ihm nicht streitig machen kann, wenn er durch sein Verhalten diesen Zustand erst ermöglicht hat. Eine feste zeitliche Grenze der Benutzungsdauer besteht nicht. Maßgeblich sind vielmehr die Umstände des Einzelfalls, da die einzelnen Voraussetzungen des Verwirkungseinwands in enger Wechselwirkung zueinanderstehen (BGH, a.a.O., Rn. 50 – ConText).

Auch längere Untätigkeit des Markeninhabers gegenüber bestimmten gleichartigen Verletzungshandlungen kann kein berechtigtes Vertrauen eines Händlers begründen, der Markeninhaber dulde auch künftig sein Verhalten und werde weiterhin nicht gegen solche – jeweils neuen – Rechtsverletzungen vorgehen. Der Verwirkungseinwand, der auf einen im Vertrauen auf die Benutzungsberechtigung geschaffenen schutzwürdigen Besitzstand gegründet ist, darf nämlich nicht dazu führen, dass dem Benutzer eine zusätzliche Rechtsposition eingeräumt wird und die Rechte des nach Treu und Glauben nur ausnahmsweise und in engen Grenzen schutzwürdigen Rechtsverletzers über diese Grenzen hinaus erweitert werden. Rechtsfolge der allgemeinen Verwirkung auf der Grundlage des § 242 BGB ist im Markenrecht allein, dass ein Markeninhaber seine Rechte im Hinblick auf bestimmte konkrete, bereits begangene oder noch andauernde Rechtsverletzungen nicht mehr durchzusetzen vermag (BGH, Urteil vom 18. Januar 2012 − I ZR 17/11, Rn. 23 – Honda-Grauimport).

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind im Rahmen der Interessenabwägung die Beziehungen zwischen Verletzer und Verletzten bei der Annahme eines Duldungsanscheins zu berücksichtigen. So hat der Verletzer keinen Grund zur Annahme einer Duldung, wenn er bei einem gemeinsamen Vertrieb mit dem Verletzten für sein Unternehmen den beiderseitigen Firmenkern schlagwortartig verwendet. Er muss annehmen, dass der Verletzte keine Veranlassung hat, hiergegen einzuschreiten, solange die Verwendung des gemeinsamen Firmenkerns aufgrund des gemeinsamen Vertriebs beiden Unternehmen zugute kommt (BGH, Urteil vom 22. November 1984 – I ZR 101/82, Rn. 22 ff. – Familienname). Wenn die Beteiligten gemeinsam unter einem ähnlichen Zeichen am Markt auftreten und die Erträge dieser Tätigkeit beiden zu Gute kommen, kommt eine Verwirkung so lange nicht in Betracht, wie die Zusammenarbeit währt (Thiering, in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl. 2018, § 21 Rn. 53).

b)
Vor diesem rechtlichen Hintergrund und folgendem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt ist eine Verwirkung im vorliegenden Fall zu verneinen.

Die der Klage und Widerklage zugrunde liegende Abmahnung erfolgte im April 2014 (Anlage K 1). Die Klage ging am 05.06.2014 bei Gericht ein, die Widerklage am 15.08.2014. Die Parteien führten von November 2008 bis März 2009 und erneut Anfang 2010 Gespräche über den Markeneintragungen der Klägerin (u. a. Wortmarke „G.“ – in Alleinstellung). Die Löschungsaufforderung an die Klägerin erging am 06.12.2012, die Klage auf Markenlöschung wurde am 21.01.2013 anhängig. Weitere Bemühungen der Parteien um eine Lösung der Streitfragen sind das Schreiben der damaligen Rechtsanwälte der Klägerin vom 08.09.2011 (Anlage B 128) und der Entwurf einer Vereinbarung vom 30.04.2013 (Anlagen B 129 und B 130). Auch die Klägerin trägt vor, mit der Begründung einer Notwendigkeit einer Abgrenzung der Tätigkeitsbereiche der Parteien seien die Einigungsvorschläge der Klägerin stets abgelehnt worden.

Unstreitig ist weiter, dass die Parteien bis zum Jahr 2010 kooperiert haben und dass die Werbung der Parteien bis ins Jahr 2010 koordiniert wurde. Außerdem verfügten die Parteien bis ins Jahr 2012 über einen gemeinsamen Geschäftssitz und verfügt die Klägerin erst seit Dezember 2010 über einen eigenen Internetauftritt. Noch im Jahr 2010 gab es Überlegungen zu einem gemeinsamen Logo.

6.
Der in der Widerklage geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergibt sich aus § 15 Abs. 2 MarkenG. Der Feststellungsanspruch ergibt sich aus § 15 Abs. 5 MarkenG sowie der Antrag auf Auskunft aus § 242 BGB. Der Abmahnkostenanspruch beruht auf berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag und ist in Höhe der erstinstanzlich tenorierten 698,67 € begründet. Da der in der Abmahnung vom 07.04.2014 (Anlage K 1) geltend gemachte Unterlassungsanspruch auf Ingenieurdienstleistungen im Bereich von Infrastrukturmaßnahmen beschränkt war, ist keine weitere Reduzierung der Abmahnkosten veranlasst.

C.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist sowohl in Bezug auf die Klage als auch in Bezug auf die Widerklage unbegründet. Das Erstgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Klage im Wesentlichen erledigt ist (unter I.). Es hat auch zu Recht die Widerklage teilweise (in Ziffer 5.2.) abgewiesen (unter II.).
 
I.
Das Erstgericht hat zu Recht festgestellt, dass der Rechtsstreit hinsichtlich des Feststellungsantrags der Klage – mit Ausnahme von Klageantrag 2. – für alle im Klageantrag genannten Länder mit Ausnahme der Bundesrepublik Deutschland in der Hauptsache erledigt ist.

1.
Der im erstinstanzlichen Termin gestellte Feststellungsantrag der Klägerin war – soweit in der Berufung noch rechtshängig – zulässig.

a)
Das rechtliche Interesse für die Erhebung einer negativen Feststellungsklage ist gegeben, wenn sie zur Abwehr einer Abmahnung oder sonstigen Rechtsberühmung, die die wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen des Abgemahnten berührt, erhoben ist und an der Ernsthaftigkeit des Verlangens des Abmahnenden keine Zweifel bestehen können (BGH, GRUR-RR 2013, 228 Rn. 18 – Trägermaterial für Kartenformulare). Daher kann der zu Unrecht Abgemahnte auf Feststellung klagen, dass der Unterlassungsanspruch, dessen Bestehen der Abmahnende behauptet, nicht besteht; das rechtliche Interesse an der Feststellung des Nichtbestehens des Unterlassungsanspruchs folgt aus der Berühmung des Abmahnenden, einen solchen Anspruch gegen den Abgemahnten zu haben (Bornkamm, in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Aufl. 2018, § 12 Rn. 1.90).

b)
Unter Berücksichtigung dieses Maßstabs war im vorliegenden Fall die Feststellungsklage zulässig.

aa)
Mit Rechtsanwaltsschreiben vom 07.04.2014 (Anlage K 1) ließ die Beklagte die Klägerin abmahnen. Dieser Abmahnung war eine vorgefertigte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung beigefügt. Darin sollte sich die Klägerin gegenüber der Beklagten strafbewehrt dazu verpflichten, es ab sofort zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr … unter Verwendung der Bezeichnung „G.“ oder anderen, mit dieser gegebenenfalls zu verwechselnden Bezeichnungen unabhängige Ingenieursdienstleistungen im Bereich von Infrastrukturmaßnahmen anzubieten, solche Dienstleistungen in diesen Ländern auszuführen und/oder zu bewerben. Außerdem sollte sich die Klägerin dazu verpflichten, Abmahnkosten in Höhe einer 1,5fachen Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert in Höhe von 200.000,00 € zu bezahlen.

Die Klägerin stellte daraufhin folgenden – nach richterlichem Hinweis leicht umformulierten – Feststellungsantrag:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte von der Klägerin nicht verlangen kann, wie sie sich ihr gegenüber in ihrer Abmahnung vom 07.04.2014 berühmt hat,

1.
es ab sofort zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in den Ländern … unter Verwendung der Bezeichnung „G.“ oder anderen, mit dieser gegebenenfalls zu verwechselnden Bezeichnungen unabhängige Ingenieursdienstleistungen im Bereich von Infrastrukturmaßnahmen anzubieten, solche Dienstleistungen in diesen Ländern auszuführen und/oder zu bewerben, es sei denn die Bewerbung erfolgt im Rahmen der Website unter der Domain …net;

2.
für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungserklärung unter Ziffer 1 an die H.P. G. Ingenieure GmbH & Co.KG – JBG unter Ausschluss der Einrede des Fortsetzungszusammenhangs eine von dieser nach billigem Ermessen festzusetzende und im Streitfall der Höhe nach von dem zuständigen Gericht zu überprüfende Vertragsstrafe zu bezahlen;

3.
an die H.P. G. Ingenieure GmbH & Co. KG – … im Zusammenhang mit der hier gegenständlichen Abmahnung Rechtsanwaltskosten zu zahlen, die nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz RVG und dort unter Berücksichtigung einer 1,5-fachen Geschäftsgebühr mit einem Gegenstandswert in Höhe von 200.000,00 € zu berechnen sind.

bb)
Das Erstgericht hat dieses Feststellungsbegehren zu Recht dahingehend ausgelegt, dass Gegenstand des Antrags die Feststellung war, dass die von der Beklagten im Rahmen ihrer Abmahnung geltend gemachten Ansprüche nicht bestehen.

Denn maßgeblich für Inhalt und Reichweite des materiellen Klagebegehrens sind nicht allein der Wortlaut des Antrags, sondern auch die bei der Auslegung mit zu berücksichtigende Klagebegründung. Die Auslegung hat den wirklichen Willen der Partei zu erforschen. Dabei ist der Grundsatz zu beachten, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht (BGH, NJW 2016, 863 Rn. 9).

In der BGH-Entscheidung „FUNNY PAPER“ (GRUR 1995, 697) beantragte die Klagepartei festzustellen, dass sie gegenüber dem Beklagten nicht verpflichtet sei, eine Unterlassungserklärung/Verpflichtungserklärung mit einem bestimmten Inhalt abzugeben. Dennoch führte der Bundesgerichtshof aus, dass der Klageantrag ersichtlich darauf gerichtet sei, feststellen zu lassen, dass die im Abmahnungsschreiben vom Beklagten geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung nicht bestehen. Dies gilt erst recht, wenn die Klagepartei – wie im vorliegenden Fall – die Feststellung begehrt, dass die Beklagte von der Klägerin bestimmte Verhaltensweisen nicht verlangen kann, wie sie sich ihr gegenüber in ihrer Abmahnung vom 07.04.2014 berühmt hat.

2.
Soweit die Abmahnung die Länder außerhalb Deutschlands umfasste, war die Feststellungsklage mangels Vortrags der Beklagten bis zur Verzichtserklärung vom 14.02.2017 auch begründet.

 
II.
Das Landgericht hat die Widerklage zu Recht in Ziffer 5.2. der Widerklage abgewiesen. Die Unterlassungsanträge hinsichtlich der Bezeichnungen „G. Power International“ und/oder „G. Power“ stehen der Beklagten nicht zu.

1.
Zur Begründung ihres Anspruchs stützt sich die Beklagte insbesondere auf folgenden (unstreitigen) Werbetext auf der Homepage der Klägerin (vgl. Anlage B 122):

 
„In der „G. P. International GmbH & Co. KG“ bündelt die G. Gruppe die Kompetenzen und das Personal für die Bereiche der konventionellen Energieproduktion und der Erneuerbaren Energien sowie deren Speicherung, Übertragung und Verteilung in einer spezialisierten eigenständigen Gesellschaft. Die Erfahrungen aus erfolgreich fertig gestellten Wasserkraftanlagen wie „Grand Poubara“ in Gabun sowie der weltweit steigende Bedarf an umweltfreundlich erzeugten Energien, gaben den Ansporn zur Gründung der G. Power. Die Kunden können sich dabei auf die Kompetenz der G. Power und das bewährte G. Engineering EPPM Modell (Engineering, Procurement, Project Management) verlassen, das weit über den Rahmen klassischer Ingenieursleistungen hinausgeht.“

Die Beklagte wendet sich dabei ausdrücklich nicht gegen die Benutzung der Firmenbezeichnung „G. Power International“, sondern nur dagegen, dass die Klägerin unter Verwendung der Zeichen „G. Power International“ und/oder „G. Power“ Ingenieurdienstleistungen bewerbe und damit den Namen „G.“ in unzulässiger Weise markenmäßig gebrauche.

2.
Für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch fehlt es mangels Darlegung einer markenmäßigen Verwendung der Bezeichnungen „G Power International“ und/oder „G. Power“ an der erforderlichen Wiederholungsgefahr.

a)
Die Verwendung eines Zeichens allein für die Bezeichnung eines Unternehmens ist für eine markenmäßige Verwendung nicht ausreichend. Erforderlich ist, dass die Funktionen der Marke und insbesondere ihre Hauptfunktion – die Gewährleistung der Herkunft der Waren oder Dienstleistungen gegenüber den Verbrauchern – beeinträchtigt oder beeinträchtigen kann. Das ist der Fall, wenn das Zeichen von dem Dritten für seine Waren oder Dienstleistungen in der Weise benutzt wird, dass die Verbraucher es als Bezeichnung des Ursprungs der betreffenden Waren oder Dienstleistungen auffassen (EuGH, Urteil vom 11. September 2007 – C-17/06, Rn. 27 – Céline).

Ein firmenmäßiger Gebrauch stellt zugleich eine markenmäßige Benutzung dar, wenn der angesprochene Verkehr durch die Verwendung des Unternehmenskennzeichens – etwa durch die Anbringung auf den Waren oder durch die Verwendung in der Werbung für die Waren oder Dienstleistungen beispielsweise in Katalogen oder im Rahmen eines Internetauftritts – zu der Annahme veranlasst wird, es bestehe eine Verbindung zwischen dem Unternehmenskennzeichen und den von dem Unternehmen vertriebenen Waren oder erbrachten Dienstleistungen; ob aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs eine solche Verbindung besteht, ist eine Frage des Einzelfalls (BGH, Urteil vom 05. März 2015 – I ZR 161/13, Rn. 53 – IPS/ISP).

Geht es um die Beurteilung der Frage, ob ein Zeichen für Dienstleistungen markenmäßig benutzt worden ist, ist zu beachten, dass bei Dienstleistungen anders als bei Waren eine körperliche Verbindung zwischen dem Zeichen und dem Produkt nicht möglich ist. Als markenmäßige Benutzungshandlungen kommen bei Dienstleistungen daher grundsätzlich nur die Anbringung des Zeichens am Geschäftslokal sowie eine Benutzung auf Gegenständen in Betracht, die bei der Erbringung der Dienstleistung zum Einsatz gelangen, wie insbesondere auf der Berufskleidung, auf Geschäftsbriefen und -papieren, Prospekten, Preislisten, Rechnungen, Ankündigungen und Werbedrucksachen. Voraussetzung ist dabei, dass der Verkehr die konkrete Benutzung des Zeichens zumindest auch als Herkunftshinweis versteht; er muss erkennen können, dass mit der Verwendung der Bezeichnung nicht nur der Geschäftsbetrieb benannt, sondern auch eine Leistung bezeichnet wird, die aus ihm stammt. Des Weiteren muss sich die Benutzung auf eine bestimmte Dienstleistung beziehen. Dies setzt voraus, dass der Verkehr ersehen kann, auf welche konkrete Dienstleistung sich der Kennzeichengebrauch bezieht. Zudem stimmt bei Dienstleistungsmarken die Marke in vielen Fällen mit der Firma überein; daher gehen die firmenmäßige Benutzung und die markenmäßige Benutzung bei ihnen häufiger ineinander über als bei Warenmarken (BGH, Urteil vom 02. März 2017 – I ZR 30/16, Rn. 46 – Medicon-Apotheke/MediCo Apotheke).

b)
Eine in diesem Sinn markenmäßige Benutzung der angegriffenen Unternehmensbezeichnung liegt nicht in dem beanstandeten Internetauftritt der Klägerin. Denn dort wird kein konkreter Zusammenhang zwischen den angegriffenen Kennzeichen und den Dienstleistungen der Klägerin hergestellt. Vielmehr werden nur die Kompetenzen des Drittunternehmens „G. P. International GmbH & Co. KG“ beworben. Es ist nicht ersichtlich, weshalb der angesprochene Verkehr in der Bezeichnung darüber hinaus einen Hinweis auf von der Klägerin angebotenen Dienstleistungen sehen sollte.

 
D.
Die in der Berufungsinstanz erfolgte Widerklageerweiterung ist teilweise unzulässig (unter I.). Im Übrigen ist sie unbegründet (unter II.).
 
I.
Die Widerklageerweiterung ist, soweit sich der begehrte Unterlassungsanspruch auf die Bezeichnung eines oder mehrerer mit klassischem Consulting befassten Unternehmen(s) und/oder zur Werbung für solche Dienstleistungen bezieht, unzulässig. Denn der Vortrag der Beklagten, wonach ihr ein (älteres) Unternehmenskennzeichenrecht in Bezug auf klassische Consulting-Dienstleistungen zustehe, unterfällt § 533 Nr. 2 ZPO.

1.
Die Vorschrift des § 533 ZPO gilt auch für die die Erweiterung einer erstinstanzlichen Widerklage im Berufungsrechtszug, denn es ist kein Grund ersichtlich, Klage und Widerklage insoweit unterschiedlich zu behandeln (Ball, in Musielak/Voit, ZPO, 15. Aufl. 2018, § 533 Rn. 3 und 17; Rimmelspacher, in MüKoZPO, 5. Aufl. 2016, § 533 ZPO Rn. 7).

2.
Der Senat hält die Widerklageerweiterung für sachdienlich gemäß § 533 Nr. 1 ZPO. Maßgeblich für die nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilende Sachdienlichkeit ist der Gedanke der Prozesswirtschaftlichkeit, für den es entscheidend darauf ankommt, ob und inwieweit die Zulassung der Widerklage zu einer sachgemäßen und endgültigen Erledigung des Streitstoffs im Rahmen des anhängigen Verfahrens führt und einem andernfalls zu erwartenden weiteren Rechtsstreit vorbeugt (BGH, Urteil vom 19. März 1992 – IX ZR 14/91, Rn. 39). Dies ist im vorliegenden Fall zu bejahen.

3.
Allerdings unterfällt der Vortrag der Beklagten, wonach ihr ein (älteres) Unternehmenskennzeichenrecht in Bezug auf klassische Consulting-Dienstleistungen zustehe, § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO.

a)
Nach § 533 Nr. 2 ZPO vor kann eine erst in zweiter Instanz erfolgte Widerklageerweiterung nur auf Tatsachen gestützt werden, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat.

Diese Voraussetzung ist dann erfüllt, wenn die Widerklageerweiterung entweder auf Vorbringen gestützt wird, das bereits in erster Instanz erfolgt und deshalb nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO beachtlich ist, oder wenn die Widerklageerweiterung auf neues unstreitiges Vorbringen gestützt wird (BGH, Urteil vom 13. Januar 2012 – V ZR 183/10, Rn. 12). Im Übrigen sind neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, auf die sich die Widerklageerweiterung stützt, nur zu berücksichtigen, soweit sie für die Entscheidung über die Berufung erheblich und nach § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen sind (Ball, a.a.O. § 533 Rn. 22).

b)
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte in erster Instanz nicht hinreichend dargetan, dass sie im Bereich des klassischen Consultings tätig ist und sich daher ihr Unternehmenskennzeichen auf diese Branche erstreckt.

aa)
Das Unternehmenskennzeichenrecht entsteht im Falle einer originär kennzeichnungskräftigen Bezeichnung durch ihre tatsächliche namensmäßige Benutzung, die auf den Beginn einer dauerhaften wirtschaftlichen Betätigung schließen lässt (BGH, Urteil vom 7. April 2016 – I ZR 237/14, Rn. 23 – mt-perfect).

Nach § 6 Abs. 3 MarkenG bestimmt der Zeitpunkt der Benutzungsaufnahme den Zeitrang des Unternehmenskennzeichens. Dabei entsteht der Zeitrang aber nur für den Tätigkeitsbereich, für den das Zeichen in Gebrauch genommen wird. Wird ein Unternehmen unter derselben Bezeichnung zeitlich gestaffelt in verschiedenen Geschäftsbereichen tätig, so entstehen an demselben Zeichen rechtlich voneinander zu trennende Kennzeichenrechte mit jeweils eigenem Zeitrang (Hacker, in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl. 2018, § 5 Rn. 55).

bb)
Vor diesem Hintergrund ist der erstinstanzliche Vortrag der darlegungsbelasteten Beklagten nicht ausreichend, um die Entstehung eines Unternehmenskennzeichenrechts der Beklagten im Bereich des klassischen Consultings begründen zu können.

Substantiierter schriftsätzlicher Vortrag der Beklagten dazu fehlt völlig. Er wird auch nicht durch Vortrag der nicht darlegungsbelasteten Klägerin ersetzt, weil sich dieser auf die beratenden Tätigkeiten eines Ingenieurs beschränkt.

Die Vorlage von Anlagen ohne schriftsätzliche Inbezugnahme ersetzt Parteivortrag nicht. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, sich aus einer Vielzahl von Anlagen maßgeblichen Vortrag herauszusuchen. Darüber hinaus ergibt sich aus der von der Beklagten vorgelegten Richtlinie der Kreditanstalt für Wiederaufbau (Anlage B 5) nicht, dass die Beklagte im klassischen Consulting tätig ist.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Ziffer III.2. des erstinstanzlichen Urteils, in welcher der Klägerin u.a. untersagt wurde, mit jahrzehntelangen Qualitäten und Kompetenzen im klassischen Consulting zu werben. Denn diese Verurteilung erfolgte aufgrund wettbewerbsrechtlicher und nicht markenrechtlicher Vorschriften.

c)
Es liegen auch die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO nicht vor. Insbesondere hat die Widerklageerweiterung neuen Tatsachenvortrag zum Gegenstand, der bereits im ersten Rechtszug hätte geltend gemacht werden können, was jedoch in vorwerfbarer Weise nicht geschehen ist (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO). Denn die in der Berufungsinstanz erfolgte Widerklageerweiterung stellt sich nicht als bloße Ergänzung oder Berichtigung des erstinstanzlichen Streitstoffes dar, sondern sie hat völlig neuen, aufklärungsbedürftigen Streitstoff zum Gegenstand (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 30. Juli 2009 – 3 U 218/07).

 
II.
In Bezug auf klassische Ingenieurdienstleistungen ist die Widerklageerweiterung zwar zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

1.
Die Beklagte wendet sich in der Widerklageerweiterung sowohl gegen die markenmäßige als auch die firmenmäßige Nutzung der Bezeichnungen „G. Gruppe“, „G. Engineering“, www.g.net und den Firmenkennzeichen G. GmbH & Co. Engineering KG. Zur Begründung bezieht sie sich jeweils auf das Internetangebot der Klägerin in den Anlagen B 115 – 116.

a)
Nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist das Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Das zusprechende Urteil muss sich innerhalb des mit der Klage anhängig gemachten Streitgegenstands halten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der Streitgegenstand durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (BGH, Urteil vom 28. April 2016 – I ZR 254/14, Rn. 26 – Kinderstube). Dabei umfasst der Klagegrund alle Tatsachen, die bei einer natürlichen Betrachtungsweise zu dem durch den Klageantrag zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören (BGH, Urteil vom 24. Januar 2013 – I ZR 60/11, Rn. 13 – Peek & Cloppenburg III).

b)
Im vorliegenden Fall bezog sich das Unterlassungsbegehren der Beklagten laut ursprünglichem Klageantrag gemäß Schriftsatz vom 14.07.2017 auf das markenmäßige Bewerben von Qualitäten und/oder Kompetenzen im klassischen Consulting und oder im Bereich von Ingenieurdienstleistungen unter Verwendung bestimmter Unternehmenskennzeichen. Als Klagegrund führte die Beklagte mit Schriftsatz vom 14.07.2017 aus, dass die Klägerin unter Verwendung ihres Unternehmenskennzeichens G. GmbH & Co. Engineering KG auf ihrer Internetseite www.g.net sowie unter Verwendung der Bezeichnungen „G. Gruppe“ und/oder „G. Engineering“ die behaupteten Kompetenzen und Dienstleistungen in unzulässiger Weise bewerbe (Bl. 492 d.A., Anlagen B 115 – 116.). Die markenmäßige Benutzung der Bezeichnungen „G. Gruppe“, „G. Engineering“, www.g.net und den Firmenkennzeichen G. GmbH & Co. Engineering KG seien geeignet, Verwechslungen mit dem geschützten Firmenschlagwort „G.“ der Beklagten herbeizuführen, § 15 Abs. 2 MarkenG (Bl. 502 f. d.A.).

Mit Schriftsatz vom 12.04.2018 führte die Beklagte weiter aus, dass ihr ein Anspruch auf Unterlassung der markenmäßigen Verwendung der oben genannten Bezeichnungen für die hier streitgegenständlichen Dienstleistungen nach § 15 Abs. 2 MarkenG zustünde (Bl. 657 f. d.A.). Es sei zumindest eine Begehungsgefahr gegeben, weil die Klägerin die angegriffenen Bezeichnungen markenmäßig verwende (Bl. 672 d.A.). Der Verkehr erkenne bei Bewerbung der Klägerin eindeutig den Bezug auf die von der Klägerin angebotenen Dienstleistungen; es gebe keine Anhaltspunkte, die zwingend vermuten lassen, dass die Klägerin die Zeichen nur als Unternehmenskennzeichen verwendet (Bl. 673 d.A.).

Mit Schriftsatz vom 26.07.2018 formulierte die Beklagte „zur Klarstellung“ den Antrag vom 14.07.2017 dahingehend um, dass die Klägerin es unterlassen solle, die obengenannten Zeichen zur Bezeichnung eines Unternehmens und/oder zur Werbung für die Dienstleistungen zu benutzen. Zur Begründung bezog sie sich ausschließlich auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 12.04.2018 (Bl. 764 d.A.).

2.
Soweit die Beklagte in der erweiterten Widerklage einen Unterlassungsanspruch wegen einer markenmäßigen Verwendung der Zeichen G. GmbH & Co. Engineering KG“ und/oder „G. Gruppe“ und/oder „G. Engineering“ und/oder www…net geltend macht, ist die Widerklage unbegründet, da es für einen derartigen Anspruch – mangels Darlegung einer markenmäßige Verwendung der Begriffe „G. GmbH & Co. Engineering KG“ und/oder „G. Gruppe“ und/oder „G. Engineering“ und/oder www.g.net – an der für den Unterlassungsanspruch notwendigen Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr fehlt.

a)
Mangels Darlegung einer markenmäßige Verwendung der Begriffe „G. GmbH & Co. Engineering KG“ und/oder „G. Gruppe“ und/oder „G. Engineering“ und/oder www…net fehlt es an der für den Unterlassungsanspruch notwendigen Wiederholungsgefahr.

Wie bereits ausgeführt (siehe oben unter C.II.2.a), ist die Verwendung eines Zeichens allein für die Bezeichnung eines Unternehmens für eine markenmäßige Verwendung nicht ausreichend.

Den streitgegenständlichen Internettexten in Anlagen B 115 und 116 lässt sich eine markenmäßige Verwendung der Begriffe „G. GmbH & Co. Engineering KG“ und/oder „G Gruppe“ und/oder „G. Engineering“ und/oder www…net nicht entnehmen. Es fehlt an einem konkreten Dienstleistungsbezug, da der Verkehr aus der Benutzungshandlung nicht ersehen kann, auf welche konkreten Dienstleistungen sich der Kennzeichengebrauch bezieht. Vielmehr wird darin lediglich das Unternehmen der Klägerin vorgestellt, indem der Text allgemeine Bezüge der Klägerin zur Tätigkeit im Bereich von Ingenieurdienstleistungen herstellt, ohne konkrete Einzeldienstleistungen zu benennen (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 2015 – I ZR 78/14, Rn. 73 – Sparkassen-Rot/Santander-Rot).

Soweit die Beklagte vorträgt, dass die Klägerin an einer anderen Stelle ihres Internetauftritts ihre Unternehmensbroschüre, in der konkrete Projekte der Klägerin vorgestellt werden, zum Download anbiete, führt dies nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn der konkrete Dienstleistungsbezug muss im unmittelbaren Zusammenhang mit der Verwendung der angegriffenen Bezeichnung und nicht losgelöst davon erfolgen.

Aus diesem Grund verklagte die Beklagte mit Klage vom 29.12.2014 auch die Klägerin auf Löschung der Marke „G.“ wegen Nichtbenutzung (Anlage BB 8). Das Landgericht Nürnberg-Fürth führte mit Beschluss vom 22.04.2016 (Az. 4 HK O 9689/14) aus, dass – auch unter Berücksichtigung der hiesigen Internettexte – eine rechtserhaltende Benutzung der Marke „G.“ nicht hinreichend dargetan sei. Der Senat schließt sich dieser Rechtsauffassung an.

b)
Es ist von der Beklagten auch keine Erstbegehungsgefahr gemäß § 15 Abs. 4 S. 2 MarkenG dargetan.

Ein auf Erstbegehungsgefahr gestützter vorbeugender Unterlassungsanspruch besteht nur, soweit ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, der Anspruchsgegner werde sich in naher Zukunft rechtswidrig verhalten. Dabei muss sich die Erstbegehungsgefahr auf eine konkrete Verletzungshandlung beziehen. Die die Erstbegehungsgefahr begründenden Umstände müssen die drohende Verletzungshandlung so konkret abzeichnen, dass sich für alle Tatbestandsmerkmale zuverlässig beurteilen lässt, ob sie verwirklicht sind (BGH, Urteil vom 13. März 2008 – I ZR 151/05, Rn. 17 – Metrosex).

Dazu hat die darlegungsbelastete Beklagte nichts vorgetragen.

3.
Soweit die Beklagte in der erweiterten Widerklage Unterlassung der Benutzung der Zeichen „G. GmbH & Co. Engineering KG“ und/oder „G. Gruppe“ und/oder „G. Engineering“ und/oder www.g.net zur Bezeichnung eines mit klassischen Ingenieurdienstleistungen befassten Unternehmens begehrt, ist die Widerklage ebenfalls unbegründet.

a)
Die Beklagte begründet ihren im Rahmen der Widerklageerweiterung geltend gemachten Unterlassungsanspruch auch im Hinblick auf eine firmenmäßige Nutzung ausschließlich mit dem Internetauftritt der Klägerin in Anlagen B 115 und 116. In Bezug auf diese Anlagen ist die Wiederholungsgefahr teilweise entfallen, da dieser Internetauftritt mit den Anlagen B 115 und 116 bereits Gegenstand der – von der Beklagten angenommenen – Unterlassungserklärung der Klägerin vom 07.08.2018 ist. Darin verpflichtete sich die Beklagte, es zu unterlassen, unter der Bezeichnung „G. Deutschland und/oder „G. Engineering Deutschland“ damit zu werben, seit Jahrzehnten Qualitäten und Kompetenzen im Bereich von Ingenieurdienstleistungen zu besitzen, wenn dies geschieht wie in Anlagen B 115 und 116.

b)
Maßgeblich ist jedoch, dass für die Benutzung dieser Zeichen – anders als bei der Verwendung von „G.“ in Alleinstellung – die Voraussetzungen der Verwirkung vorliegen.

aa)
In Bezug auf den rechtlichen Rahmen wird auf die obigen Ausführungen unter B.II.5.a) Bezug genommen.

bb)
Vor diesem Hintergrund durfte die Klägerin berechtigt darauf vertrauen, dass die Beklagte sich nicht gegen die Nutzung der in der Widerklageerweiterung streitgegenständlichen Kennzeichen – auch für Ingenieurdienstleistungen – wendet.

Die Klägerin trug unwidersprochen vor, dass sie das Kennzeichen „G. GmbH & Co. Engineering KG“ seit 18 Jahren, „G. Gruppe“ seit 29 Jahren, „G. Engineering“ seit 18 Jahren und „www.g.net“ seit 7 Jahren nutze. Laut unstreitigem Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils erbringt die Klägerin zumindest seit 2007 auch „unabhängige“ Ingenieurdienstleistungen.

Die Beklagte hat sich gegen die Verwendung dieser Zeichen – anders als „G.“ in Alleinstellung – nicht gewendet. Sowohl die Abmahnung vom April 2014 als auch die Widerklage vom 15.08.2014 beziehen sich auf „G.“ in Alleinstellung. In einem früheren Verfahren vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth begehrte die Beklagte ebenfalls lediglich Unterlassung der Bewerbung von Ingenieurdienstleistungen unter dem Zeichen „G.“ in Alleinstellung. Auch die zwischen den Parteien geführten Gespräche über den Markeneintragungen der Klägerin bezogen sich lediglich auf die Wortmarke „G.“ in Alleinstellung.

Erstmals mit der Widerklageerweiterung in der Fassung des Schriftsatzes vom 27.07.2018 wendet sich die Beklagte gegen die Benutzung der Zeichen „G. GmbH & Co. Engineering KG“ und/oder „G. Gruppe“ und/oder „G. Engineering“ und/oder www.g.net zur Bezeichnung eines mit klassischen Ingenieurdienstleistungen befassten Unternehmens. Dieser Zeitraum ist jedoch derart lang, dass Verwirkung eingetreten ist, zumal sich eine partielle Rechtsverfolgung gegen den Rechtsverletzer, bei der die in Rede stehenden Ansprüche außen vor gelassen worden sind, vertrauensfördernd auswirken kann (vgl. Thiering, in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl. 2018, § 21 Rn. 63).
 
E.
Zur Begründung der Nebenentscheidungen sind folgende Ausführungen veranlasst:
 
I.
1.
Soweit die Widerklage teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt wurde (Ziffer III.2. des erstinstanzlichen Urteil), beruht die Kostenentscheidung auf § 91a Abs. 1 ZPO.

Aufgrund der – auch in zweiter Instanz möglichen (Schulz, in MüKoZPO, 5. Aufl. 2016, § 91a ZPO Rn. 94) – übereinstimmenden Erledigungserklärung hat der Senat unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen darüber zu entscheiden, wie die Kosten des Rechtsstreits zu verteilen sind. Ausschlaggebend ist hierbei insbesondere der ohne die Erledigterklärung zu erwartende Verfahrensausgang, wobei lediglich eine summarische Prüfung der jeweiligen Erfolgsaussichten erfolgen kann. In diesem Zusammenhang sind folgende Gesichtspunkte maßgeblich:

a)
Das Erstgericht hat zu Recht das Bestehen von Unterlassungsansprüchen im Zusammenhang mit den Bezeichnungen „G. Deutschland“ und/oder „G. Engineering Deutschland“ und der Werbung, seit Jahrzehnten Qualitäten und Kompetenzen im klassischen Consulting und im Bereich von Ingenieurdienstleistungen zu besitzen, bejaht (siehe die obigen Ausführungen unter C.I.).

b)
Der erstinstanzliche Unterlassungstenor ging jedoch in Ziffer III.2 zu weit. Denn die Unterlassungserklärung der Klägerin vom 21.02.2017 (Anlage K 125) führt teilweise – in Bezug auf Werbung im Rahmen der Website unter g.net – zum Wegfall der Wiederholungsgefahr.

aa)
Der Zugang einer vom Gläubiger mit der Abmahnung verlangten Unterlassungsverpflichtungserklärung lässt nur dann die Wiederholungsgefahr entfallen, wenn sie den gesetzlichen Unterlassungsanspruch nach Inhalt und Umfang vollständig abdeckt (BGH, GRUR 2016, 395 Rn. 34 – Smartphone-Werbung).

Da die Vermutung der Wiederholungsgefahr nicht allein für die identische Verletzungsform eingreift, sondern auch alle im Kern gleichartigen Verletzungshandlungen umfasst, in denen das Charakteristische der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck kommt (BGH, a.a.O. Rn. 38 – Smartphone-Werbung), ist eine Unterlassungsverpflichtungserklärung regelmäßig dahin auslegen, dass diese auch gleichartige Verletzungsformen erfassen soll. Eine solche Auslegung entspricht dem Zweck des Unterlassungsvertrags, der regelmäßig darin liegt, nach einer Verletzungshandlung die Vermutung der Wiederholungsgefahr (vollumfänglich) auszuräumen und die Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens entbehrlich zu machen (BGH, GRUR 2003, 899 – Olympiasiegerin). Eine die konkrete Verletzungsform wiedergebende Unterwerfungserklärung erstreckt sich sonach im Allgemeinen nicht nur auf identische, sondern auf alle Handlungen, die gleichfalls das Charakteristische der verletzenden Handlung aufweisen (BGH, GRUR 2010, 749, Rn. 45 – Erinnerungswerbung im Internet).

Die Auslegung der Unterwerfungserklärung des Schuldners kann jedoch auch ergeben, dass sie bewusst eng auf die bezeichnete konkrete Verletzungsform beschränkt sein soll. Dies ist anzunehmen, wenn der Unterlassungsgläubiger eine auch kerngleiche Formen einschließende Unterlassungserklärung fordert, dann aber der Unterlassungsschuldner nur eine auf die konkrete Verletzungsform eingegrenzte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgibt, da insoweit die Annahme nahe liegt, er habe nur die konkrete Verletzungsform erfassen wollen (OLG Frankfurt, WRP 2016, 630 – Internet-Broschüre; BGH, a.a.O., Rn 45 – Erinnerungswerbung im Internet)). In diesem Fall ist dann nur von einem partiellen Wegfall der Wiederholungsgefahr – hinsichtlich der konkreten Verletzungsform – auszugehen (KG Berlin, Urteil vom 02. September 2016 – 5 U 16/16).

Sogar vollumfänglich bleibt – wegen fehlender Ernsthaftigkeit – eine Wiederholungsgefahr bestehen, wenn der Schuldner das ihm abverlangte Unterlassungsversprechen in einer Weise einschränkt, die zu unklaren Grenzen und damit zu einer Grauzone führt, in der zweifelhaft ist, ob der vertragliche oder der gesetzliche Anspruch besteht (OLG Stuttgart, Beschluss vom 21. Dezember 2015 – 2 W 46/15).

bb)
Im vorliegenden Fall begehrte die Beklagte mit der Widerklageerweiterung vom 11.03.2015 von der Klagepartei es zu unterlassen, in Deutschland im geschäftlichen Verkehr unter der Bezeichnung „G. Deutschland“ und/oder „G. Engineering Deutschland“ damit zu werben, seit Jahrzehnten Qualitäten und Kompetenzen im klassischen Consulting und im Bereich von Ingenieurdienstleistungen zu besitzen. Dies entspricht der Unterlassungsaufforderung aus dem Abmahnschreiben der Beklagten vom 30.09.2014 (Anlage B 120). Die Klagepartei gab mit Anwaltsschriftsatz vom 21.02.2017 eine Unterlassungserklärung – beschränkt auf Werbung im Rahmen der Website unter g.net – ab (Anlage K 125).

Unter Berücksichtigung des oben dargestellten Maßstabes ist die Unterlassungserklärung der Klägerin vom 21.02.2017 geeignet, um die Wiederholungsgefahr auszuräumen. Denn sie ist hinreichend klar formuliert, um festzustellen, wie weit der vertragliche Unterlassungsanspruch reicht. Entgegen der Rechtsauffassung des Erstgerichts besteht somit der Unterlassungsanspruch in Bezug auf Werbung im Rahmen der Website unter g.net nicht mehr.

Für Werbung auf anderen Webseiten war jedoch bis zur Unterlassungserklärung 07.08.2018 die Wiederholungsgefahr nicht ausgeräumt worden, weshalb insoweit der Unterlassungsanspruch fortbesteht.

2.
Im Übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Dabei legt der Senat in Bezug auf die Kosten erster Instanz zugrunde, dass hinsichtlich der Klage die Klägerin in Höhe von 30% und die Beklagte in Höhe von 70% sowie hinsichtlich der Widerklage die Klägerin in Höhe von ca. 38% und die Beklagte in Höhe von ca. 62% unterliegen.

In Bezug auf die Kosten zweiter Instanz legt der Senat zugrunde, dass die Beklagte hinsichtlich der noch in der Berufungsinstanz rechtshängigen Klage und der in der Berufungsinstanz erfolgten Widerklageerweiterung vollständig unterliegt, sowie hinsichtlich der Widerklage die Klägerin in Höhe von ca. 45% und die Beklagte in Höhe von ca. 55% unterliegen.
 
II.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 709, 711 ZPO.
 
III.
Der Senat sieht keinen Anlass für eine Zulassung der Revision nach Maßgabe des § 543 Abs. 1 Nr. 1 Abs. 2 ZPO. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch gebietet die Fortbildung des Rechts eine Zulassung der Revision. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung. Die der tatrichterlichen Würdigung des Senats zugrunde liegenden Rechtsfragen sind höchstrichterlich geklärt.
 
IV.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 3 ZPO, 45 Abs. 1, 51 Abs. 1 GKG.

Der Senat folgt der von den Parteien nicht angegriffenen Streitwertfestsetzung des Landgerichts, wonach der Streitwert für die ursprüngliche Klage auf 1.000.000,00 € und für die Widerklage in der letzten Fassung auf 550.000,00 € festzusetzen ist. Da die Klägerin die erstinstanzlich erfolgte Teilklageabweisung in Bezug auf die Bundesrepublik Deutschland in der Berufung nicht angreift, beträgt der Streitwert hinsichtlich der Klage in der Berufung lediglich 700.000,00 €.

Der Streitwert der in der Berufungsinstanz erfolgten Widerklageerweiterung wird auf 250.000,00 € festgesetzt.

Vorinstanz:
LG Nürnberg-Fürth, Az. 4 HK O 4124/14