OLG Köln, Urteil vom 20.11.2015, Az. 6 U 40/15
Art. 9 GMV; § 15 MarkenG
Eine Kurzzusammenfassung dieser Entscheidung finden Sie hier, den Volltext im Folgenden:
Oberlandesgericht Köln
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das am 4. März 2015 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln – 84 O 205/14 – teilweise dahingehend abgeändert, dass die einstweilige Verfügung der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 16. September 2014 – 33 O 200/14 – hinsichtlich des Hauptsachetenors zu I.2 aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag insoweit zurückgewiesen wird.
Die Kosten des Verfahrens erster Instanz tragen der Antragsteller zu 3/8 und die Antragsgegnerin zu 5/8. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Antragsteller zu 55 % und die Antragsgegnerin zu 45 %.
Gründe
(anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen gemäß § 540 Abs. 1 ZPO)
I.
Der Antragsteller vertreibt unter der geschäftlichen Bezeichnung „NEEDforSEAT“ Büro- und „Gamingstühle“ in Form von Auto-Sport/Rennsitzen. Er ist Inhaber der Gemeinschaftswortmarken Nr. 12 390 266 „NEEDforSEAT“ und Nr. 11 247 731 „MAXNOMIC“, beide eingetragen unter anderem für Möbel. Die Antragsgegnerin ist Betreiberin der bekannten Plattform „amazon.de“, auf der eigene Waren sowie im „Marketplace“ Waren von Drittanbietern angeboten und vertrieben werden. Der Antragsteller vertreibt seine Stühle nicht über amazon.de.
Bei Eingabe der Bezeichnung „Maxnomic“ in der Suchfunktion auf der Webseite amazon.de werden diverse Angebote von Büro/Racingstühlen von Drittanbietern gelistet, unter anderem erfolgt ein Angebot „HJH OFFICE 625300 Racing Gaming Chair Sportsitz Monaco, schwarz-weiß von HJH Office“. In den Antrag hat die Antragstellerin folgende Ausgestaltung des Angebots eingeblendet, das einen Ausschnitt der vom Landgericht in Bezug genommenen Anlage ASt 10 darstellt (Antrag I.1):
[Abb.]
Bei Eingabe der Wörter „need for seat“ (ohne Anführungszeichen) in der Suchfunktion auf der Webseite amazon.de werden diverse Angebote von Büro/Racingstühlen von Drittanbietern gelistet, unter anderem erfolgt ein Angebot „Nucleus Series Work Chair, Black ilira-stretch M4 Back, Clover Seat von Hon“ (Antrag I.2):
[Abb.]
Der Antragsteller hat die Ansicht vertreten, die Antragsgegnerin verletze mit den beschriebenen Angeboten von Stühlen seine Rechte an der Gemeinschaftsmarke „MAXNOMIC“ und seiner geschäftlichen Bezeichnung „NEEDforSEAT“. Hilfsweise stelle sich das Angebot als Verletzung seiner Marke „NEEDforSEAT“ dar und begründe – weiter hilfsweise – hinsichtlich beider Angebote einen Wettbewerbsverstoß wegen Irreführung der Kunden über die Herkunft der angebotenen Stühle.
Die Antragsgegnerin hat vertreten, es fehle bereits an der kennzeichenmäßigen Benutzung der Zeichen. Die Suchergebnisse seien nicht durch hinterlegte Keywords, Metatags oder vordefinierte Suchbegriffe herbeigeführt worden, sondern Ergebnis eines Algorithmus, der unter anderem vorangegangenes Nutzerverhalten berücksichtigen würde. Es würden demnach nicht nur Treffer zu der Suche angezeigt, die den gesuchten Begriff enthielten, sondern auch solche, die den Nutzer ebenfalls interessieren könnten. Ferner fehle es an einer Verwechslungsgefahr, da die nach der Eingabe von „Maxnomic“ und „need for seat“ aufgelisteten Stühle als Produkte anderer Hersteller erkennbar seien. Im Übrigen sei Kunden des Online-Shops auch ohne einen ausdrücklichen Hinweis bekannt, dass bei Eingabe einer bestimmten Bezeichnung als Suchwort auch Alternativen anderer Hersteller angeboten würden, was unter anderem durch eine in ihrem Auftrag von der GfK durchgeführte Verkehrsbefragung belegt worden sei.
Die 33. Zivilkammer des Landgerichts hat, soweit für das vorliegende Verfahren noch relevant, die beanstandeten Verhaltensweisen durch einstweilige Verfügung vom 16. September 2014 (33 O 200/14) untersagt. Hiergegen richtet sich der (Teil-) Widerspruch der Antragsgegnerin, den das Landgericht mit dem angefochtenen Urteil zurückgewiesen hat. Zur Begründung hat es sich auf ein vorangegangenes Urteil der 33. Zivilkammer (vom 26. 11. 2013 – 33 O 149/13) gestützt, das der Antragsteller gegen eine Schwestergesellschaft der Antragsgegnerin erwirkt hat. Wie die 33. Zivilkammer, so hat auch die 4. Kammer für Handelssachen im vorliegenden Verfahren angenommen, es liege eine Verletzung der geschützten Zeichen des Antragstellers vor. Die Antragsgegnerin könne zwar dem Kunden Alternativen zu dem von ihm angefragten Produkt anbieten, müsse dabei aber klarstellen, dass es sich um Produkte anderer Hersteller handele. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts verwiesen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt die Antragsgegnerin weiter das Ziel der Aufhebung der einstweiligen Verfügung und der Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrags. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen. Der Antragsteller verteidigt das landgerichtliche Urteil, ebenfalls unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags.
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg.
1.
Ein Verfügungsgrund liegt vor. Dieser wird zwar nach der neueren Rechtsprechung des Senats im Markenrecht nicht mehr vermutet (MD 2015, 470 = GRUR-RR 2015, 292 – Ich bin dann mal weg). Soweit der Antragsteller seine Ansprüche auf Markenrecht stützt, hat er die Eilbedürftigkeit jedoch glaubhaft gemacht; die Antragsgegnerin erhebt insoweit keine Einwendungen.
2.
Der Verfügungsanspruch, der dem Antrag zu 1. („MAXNOMIC“, entsprechend dem Tenor der Beschlussverfügung zu I.1) zugrundeliegt, beruht auf Art. 9 Abs. 1 S. 2 lit. a) und b), Abs. 2 lit. b) GMV.
a)
aa)
Die Antragsgegnerin hat das Zeichen „Maxnomic“ verwendet, um unter diesem Zeichen Waren anzubieten. Sie bestreitet zwar, dass sie das Zeichen „Maxnomic“ überhaupt benutze. Sie selber habe diesen Begriff nicht (etwa einem Keyword oder Metatag vergleichbar) vorgegeben, sondern es werde von einem Algorithmus vorgegeben, der bisherige Suchanfragen auswerte. Würden Kunden, deren Suche nach einem bestimmten Begriff kein Ergebnis gezeigt habe, anschließend häufig bestimmte andere Produkte erwerben, würden diese Produkte in der Folge künftig auf die ergebnislose Suchanfrage angeboten. Hierin liege ebensowenig eine Benutzung des Zeichens, wie dies bei den von Google angebotenen „Keywords“ für Anzeigen der Fall sei.
Zutreffend ist, dass nach der obergerichtlichen Rechtsprechung der Betreiber einer Suchmaschine, der den Werbenden mit Marken identische oder ähnliche Zeichen als Schlüsselwörter anbietet, die von den Werbenden ausgewählten Zeichen speichert und bei der Eingabe eines diesen Zeichen entsprechenden Suchworts die Werbeanzeigen seiner Kunden einblendet, diese Zeichen nicht selber benutzt. Benutzer dieser Zeichen ist vielmehr der Werbende, der das Schlüsselwort für seine Zwecke ausgewählt hat. Da er das als Schlüsselwort ausgewählte Zeichen verwendet, um das Erscheinen seiner Anzeige auszulösen, benutzt er das Zeichen auch im geschäftlichen Verkehr (BGH, GRUR 2013, 290 = WRP 2013, 505 Tz. 16 – MOST-Pralinen m. w. N.). Der Bundesgerichtshof hat damit entsprechende Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs umgesetzt (EuGH, GRUR 2010, 445 Tz. 50 ff. – Google France). Dort hat der Europäische Gerichtshof allerdings weiter ausgeführt:
Insoweit genügt der Hinweis, dass Benutzung eines mit einer Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens durch einen Dritten jedenfalls bedeutet, dass der Dritte das Zeichen im Rahmen seiner eigenen kommerziellen Kommunikation benutzt. Im Fall eines Referenzierungsdienstes [= Suchmaschine] lässt dessen Anbieter zu, dass seine Kunden Zeichen benutzen, die mit Marken identisch oder ihnen ähnlich sind, benutzt diese Zeichen jedoch nicht selbst (a. a. O. Tz. 56)
Hierin liegt der Unterschied des vorliegend zu beurteilenden Sachverhalts zu den zu „Google“ und vergleichbaren Suchmaschinen ergangenen Entscheidungen: Anders als eine reine Suchmaschine, bei der das Schlüsselwort für Anzeigen von Drittunternehmen verwendet wird, mithin nicht zur Bewerbung eigener Waren oder Dienstleistungen des Suchmaschinenbetreibers eingesetzt wird, verwendet die Antragsgegnerin das Zeichen im Rahmen ihrer eigenen kommerziellen Kommunikation, da sie es zur Bewerbung der auf ihrer Plattform eingestellten Angebote einsetzt.
bb)
Die Antragsgegnerin kann sich auch nicht darauf berufen, sie benutze die Zeichen nicht selber, sondern werte lediglich die Suchanfragen ihrer Kunden aus. Die Situation ist mit der automatischen Vervollständigung von Suchanfragen durch „Google“ zu vergleichen, die ebenfalls auf einer algorithmischen Auswertung früherer Nutzeranfragen aufbaut. Dazu hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, diesen Vorschlägen werde der Nutzer nicht nur entnehmen, dass früher häufig vergleichbare Suchanfragen gestellt worden sind. Die Vorschläge würden vielmehr „in der – in der Praxis oft bestätigten – Erwartung, dass die mit dem Suchbegriff bereits verwandten Wortkombinationen – je häufiger desto eher – dem aktuell suchenden Internetnutzer hilfreich sein können, weil die zum Suchbegriff ergänzend angezeigten Wortkombinationen inhaltliche Bezüge widerspiegeln“, erstellt (BGHZ 197, 213 = GRUR 2013, 751 Tz. 16 – „Autocomplete“). Eine entsprechende Logik liegt dem von der Antragsgegnerin verwendeten Algorithmus zugrunde: Nutzer, die – erfolglos – nach einem bestimmten Begriff gesucht haben, haben in der Folge bestimmte Produkte erworben. Daraus leitet die Antragsgegnerin ab, dass diese Produkte aus der Sicht der Nutzer zu dem ursprünglichen Suchbegriff passen. Dementsprechend wird auch der Nutzer, der eine entsprechende Angebotsliste präsentiert bekommt, diese nicht nur als zufällige Zusammenstellung wahrnehmen, sondern als einen seitens der Antragsgegnerin nach sachlichen Kriterien zusammengestellten Vorschlag. Dementsprechend lassen sich auch die weiteren Überlegungen, mit denen der Bundesgerichtshof persönlichkeitsrechtsverletzende Aussagen, die durch die automatische Vervollständigung zustande kamen, „Google“ zugerechnet hat, auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt übertragen:
[Die Bekl.] hat mit dem von ihr geschaffenen Computerprogramm das Nutzerverhalten ausgewertet und den Benutzern der Suchmaschine die entsprechenden Vorschläge unterbreitet. Die Verknüpfungen der Begriffe werden von der Suchmaschine der Bekl. und nicht von einem Dritten hergestellt. Sie werden von der Bekl. im Netz zum Abruf bereitgehalten und stammen deshalb unmittelbar von ihr (a. a. O. Tz. 17).
Auch im vorliegenden Fall verwendet der von der Antragsgegnerin entwickelte und eingesetzte Algorithmus die bei ihr vorliegenden Daten. Weitergehend als bei der „Google-Autocomplete“-Funktion, die – was den Nutzern auch bekannt ist – letztlich auf die Inhalte Dritter verweist, verwendet die Antragsgegnerin die Funktion hier auch, um die Produkte auf ihrer eigenen Plattform zu bewerben und setzt sie im Rahmen ihrer eigenen kommerziellen Kommunikation ein (vgl. auch LG Köln, K&R 2015, 598; diese Zusammenhänge werden in der Entscheidung LG Berlin, K&R 2015, 597 nicht genügend berücksichtigt).
Aus diesem Grund rechtfertigen auch die Ausführungen des Bundesgerichtshofs in der Sache „Powerball“ (GRUR 2010, 835) keine abweichende Beurteilung. Die Antragsgegnerin stützt sich auf folgende Formulierung (a. a. O. Tz. 19):
Auf dieser Internetseite war die Bezeichnung ,Powerball‘ nur im Zusammenhang mit der Suchanfrage des Nutzers wiedergegeben. Die Suchanfrage stellt aber keine Verwendung der Bezeichnung durch die Bekl. auf ihren Internetseiten dar, auf die im Klageantrag allein abgestellt wird.
Die betreffende Formulierung befindet sich in einem Abschnitt der Entscheidungsgründe, in denen sich der Bundesgerichtshof mit der Auslegung des Klageantrags befasst und zu dem Ergebnis gelangt, dass die dortige Klägerin allein das Angebot der dortigen Beklagten unter Verwendung des zugunsten der Klägerin geschützten Zeichens „Powerball“ beanstandete. Der hier zu beurteilende Fall, dass die Anzeige der Suchergebnisse nicht auf der Grundlage der Produktbeschreibungen erfolgt, sondern der Suchalgorithmus eigenständig solche Ergebnisse anzeigt, in deren Text die Sucheingabe gerade nicht verwendet wird, war nicht Gegenstand der Entscheidung.
Unerheblich ist ferner, dass es sich bei den beanstandeten Angeboten nicht um solche der Antragsgegnerin (oder einer mit ihr konzernmäßig verbundenen Gesellschaft wie der Amazon EU S.à.r.l.) selber, sondern um „Marketplace“-Angebote handelt. Grundsätzlich ist zwar nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. z. B. MMR 2014, 390 – Energieeffizienzklasse) zwischen eigenen Angeboten und solchen, die Dritte auf dem „Marketplace“ einstellen, zu differenzieren. Danach haftet „Amazon“ regelmäßig nur für eigene Angebote.
Hier ist die Situation aber anders: Es handelt sich um den Algorithmus der Antragsgegnerin, die Zusammenstellung der auf die Suchanfrage hin angezeigten Angebote ist ihre eigene Leistung, und letztlich hängt es vom Zufall ab, ob in der Liste eigene Angebote von „Amazon“ oder „Marketplace“-Angebote auftauchen (so ausdrücklich die Antragsgegnerin im Verfahren 33 O 149/13, dort Bl. 169). Die Angebote als solche sind nicht rechtswidrig. Der Rechtsverstoß folgt allein aus dem Umstand, dass sie auf die Eingabe des zugunsten des Antragstellers geschützten Zeichens angezeigt werden. Diese die Rechtswidrigkeit begründende Verknüpfung zwischen der Eingabe des Zeichens und dem Angebot eines Konkurrenzprodukts beruht allein auf der Tätigkeit der Antragsgegnerin. Durch den Einsatz des Algorithmus, um interessierte Kunden auf bestimmte Angebote zu lenken, nach denen sie nicht direkt gesucht haben, verlässt die Antragsgegnerin die Rolle einer reinen Plattformbetreiberin und kann sich daher nicht darauf zurückziehen, die betreffenden Angebote seien nicht von ihr, sondern Dritten auf ihrer Plattform eingestellt worden (vgl. BGH, GRUR 2013, 1229 Tz. 37 – Kinderhochstühle im Internet II, zur Haftung von „eBay“ als Störer). Im vorliegenden Fall haftet die Antragsgegnerin daher jedenfalls als Mittäterin für die aufgrund ihres Algorithmus eintretenden Rechtsverletzungen.
b)
Es besteht Verwechslungsgefahr.
aa)
Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 9 Abs. 1 S. 2 lit. b GMV ist, wie bei § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, unter Heranziehung aller relevanten Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, so der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke sowie der Identität oder der Ähnlichkeit der sich gegenüber stehenden Zeichen und der Identität oder der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Zeichen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt. Bei dieser umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (EuGH, GRUR 1998, 922 Tz. 17 f. – Canon; GRUR Int. 2009, 911 Tz. 31 – Waterford Wedgwood; BGH, GRUR 2011, 826 Tz. 11 – Enzymax/Enzymix; GRUR 2012, 1040 Tz. 25 – pjur/pure; GRUR 2013, 833 Tz. 30 – Culinaria/Villa Culinaria; Senat, GRUR-RR 2012, 336, 337 – SUPERTOTO).
bb)
Die Phantasiebezeichnung „MAXNOMIC“ ist von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft. Die Antragsgegnerin verwendet das Zeichen zur Bewerbung identischer Waren. Die Marke der Antragstellerin lautet „MAXNOMIC“ (Großschreibung), während Gegenstand des Unterlassungsantrags die Verwendung des Zeichens „Maxnomic“ ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs führt das unterschiedliche Schriftbild bei durchgehender Großschreibung einerseits und Kleinschreibung andererseits nicht zu Zeichenidentität („POWER BALL“ und „power ball“; GRUR 2010, 835 Tz. 32), während der Europäische Gerichtshof in diesen Fällen die Annahme von Zeichenidentität zumindest für möglich hält („PORTAKABIN“ und „Portakabin“; GRUR 2010, 841 Tz. 25, 48; Hacker, in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl. 2015, § 14 Rn. 284). Auf diesen Gesichtspunkt kommt es aber nicht an, wenn bei der Suche – wovon der Senat ausgeht – nicht danach unterschieden wird, ob das Schlüsselwort in Groß- oder in Kleinbuchstaben eingegeben wird (BGH, WRP 2014, 167 = GRUR 2014, 182 Tz. 12 – Fleurop).
c)
aa)
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist in Fällen des Keyword-Advertising zusätzlich eine zweistufige Prüfung erforderlich, ob die Auswahl des geschützten Kennzeichens oder eines damit hochgradig ähnlichen Zeichens als Schlüsselwort die Herkunftsfunktion des Kennzeichens beeinträchtigt (zusammenfassend BGH, GRUR 2014, 182 = WRP 2014, 167 Tz. 14, 16 – Fleurop m. w. N.). Die gleichermaßen für Fälle der Verwechslungsgefahr (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG; § 15 Abs. 2 MarkenG) wie der Doppelidentität (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) geltenden Grundsätze (BGH, a. a. O. Tz. 14) wurden im Hinblick auf Mitbewerber des Markeninhabers entwickelt, die ähnliche eigene Leistungen anbieten und es darauf anlegen, mit ihrer Anzeige neben der auf den Markeninhaber verweisenden Trefferliste wahrgenommen zu werden.
Es ist allerdings nicht selbstverständlich, dass diese Grundsätze im vorliegenden Fall überhaupt Anwendung finden müssen. Sie sind entwickelt worden für Anzeigen, die auf den Ergebnisseiten einer Suchmaschine geschaltet werden. Bei den Anzeigen auf den Ergebnisseiten einer Suchmaschine geht der Bundesgerichtshof davon aus, in einer hinreichend deutlich gekennzeichneten Rubrik „Anzeigen” erwarte der verständige Internetnutzer nicht ausschließlich Angebote des Markeninhabers oder seiner verbundenen Unternehmen. Der Verkehr, der eine Trennung der Werbung von der eigentlich nachgefragten Leistung aus dem Bereich von Presse und Rundfunk kenne, unterscheide zwischen den Fundstellen in der Trefferliste und den als solche gekennzeichneten Anzeigen. Ihm sei bekannt, dass eine notwendige Bedingung für das Erscheinen der Anzeige vor allem deren Bezahlung durch den Werbenden sei (BGH, GRUR 2011, 828 Tz. 28 – Bananabay II; GRUR 2013, 290 Tz. 27 – MOST-Pralinen). An einer solchen Trennung fehlt es hier. Die streitgegenständlichen Trefferlisten sind als „natürliche“ Trefferlisten generiert worden, so dass der Internetnutzer zunächst keinen Anlass hat, von einem fehlenden Zusammenhang zwischen seiner Sucheingabe und der generierten Trefferlisten auszugehen. Dies gilt auch, weil – senatsbekannt – in den Trefferlisten der Antragsgegnerin so genannte „gesponserte“ und als solche gekennzeichnete Ergebnisse enthalten sind, die bei der Eingabe bezahlter Schlüsselwörter angezeigt werden und damit den bezahlten Anzeigen auf reinen Suchmaschinen entsprechen (http://services.amazon.de/programme/gesponserte-produkte/so-funktionierts.html?ld=AZDESPWhatsThis, abgerufen am 1. 9. 2015).
Andererseits ist nicht zu verkennen, dass dem verständigen Internetnutzer auch bekannt sein wird, dass der „Amazon“-Konzern, zu dem die Antragsgegnerin gehört, keine ergebnisneutrale Suchmaschine betreibt, sondern ein Wirtschaftsunternehmen ist, das Einkünfte durch den Verkauf der auf seiner Plattform angebotenen Produkte erzielt. Vor diesem Hintergrund erscheint es im Ergebnis als angebracht, auch bei dem hier zu beurteilenden Sachverhalt zu prüfen, ob Herkunfts- oder Werbefunktion der Marke durch die hier beanstandete Zeichenverwendung beeinträchtigt sind.
bb)
Die Beurteilung, ob die Herkunftsfunktion der Marke durch eine Anzeige beeinträchtigt ist, ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung insbesondere von der Gestaltung der Anzeige abhängig. Ist aus der Anzeige für einen normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer nicht oder nur schwer zu erkennen, ob die dort beworbenen Waren oder Dienstleistungen vom Inhaber der Marke oder von einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen oder vielmehr von einem Dritten stammen, ist die herkunftshinweisende Funktion der Marke beeinträchtigt. Auf eine Beeinträchtigung in diesem Sinne ist zu schließen, wenn die Anzeige des Dritten suggeriert, dass zwischen ihm und dem Markeninhaber eine wirtschaftliche Verbindung besteht. Dasselbe gilt, wenn die Anzeige das Bestehen einer wirtschaftlichen Verbindung zwar nicht suggeriert, hinsichtlich der Herkunft der fraglichen Ware oder Dienstleistung aber so vage gehalten ist, dass ein normal informierter und angemessen aufmerksamer Internetnutzer auf Grund des Werbelinks und der ihn begleitenden Werbebotschaft nicht erkennen kann, ob der Werbende im Verhältnis zum Markeninhaber Dritter oder vielmehr mit ihm wirtschaftlich verbunden ist (BGH, GRUR 2013, 290 Tz. 23 f. – MOST-Pralinen, m. w. N.).
Zutreffend ist zunächst, dass – wie die 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln in ihrem Urteil vom 26. November 2013 (33 O 149/13) näher ausgeführt hat – allein der Hinweis im Angebot „von [Firma]“ nicht genügt, da sich dies sowohl auf den Hersteller als auch den Verkäufer des Produkts beziehen kann. Der vorliegende Fall weist allerdings gegenüber dem von der 33. Zivilkammer entschiedenen die Besonderheit auf, dass hier die Produktbezeichnungen der mit dem Antrag beanstandeten Angebote sich nicht nur aus beschreibenden Begriffen (wie dort „Racing Bürostuhl Sportsitz Drehstuhl Chefsessel“) zusammensetzen, sondern mit den Zeichen „HJH Office“ und „Robas Lund“ Bezeichnungen beinhalten, die als Herkunftsbezeichnung verstanden werden können.
Allerdings ist nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Herkunftsfunktion einer Marke bereits dann beeinträchtigt, wenn das Bestehen einer wirtschaftlichen Verbindung zwar nicht suggeriert wird, die beanstandete Anzeige hinsichtlich der Herkunft der fraglichen Ware oder Dienstleistung aber so vage gehalten ist, dass ein normal informierter und angemessen aufmerksamer Internetnutzer auf Grund des Werbelinks und der ihn begleitenden Werbebotschaft nicht erkennen kann, ob der Werbende im Verhältnis zum Markeninhaber Dritter oder vielmehr mit ihm wirtschaftlich verbunden ist (BGH, GRUR 2013, 290 Tz. 23 f. – MOST-Pralinen). Dieser Gesichtspunkt lässt sich auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt übertragen.
Internetnutzer, die auf einer Verkaufsplattform, von der sie wissen, dass dort Produkte unterschiedlicher Hersteller angeboten werden, ein ihnen geläufiges Zeichen als Suchwort eingeben, erwarten in erster Linie, dass ihnen auch Produkte, die unter diesem Zeichen vertrieben werden, angeboten werden. Sie werden nicht ohne weiteres auf den Gedanken kommen, dass ihnen ausschließlich Produkte anderer Hersteller, die zu dem Markeninhaber keinerlei Beziehung aufweisen, vorgeschlagen werden, solange sie keinen ausdrücklichen Hinweis in dieser Richtung erhalten (etwa sinngemäß „Ihre Suche ergab keine Treffer. Folgende Produkte könnten Sie auch interessieren: …“). Die Antragsgegnerin zieht selber die Parallele zu einem Kaufhaus, in dem verschiedene Produkte angeboten werden. Der Kunde, der dort einen Verkäufer nach dem Stuhl „X“ fragt, wird vielleicht noch damit rechnen, dass ihm der Verkäufer auch „Y“ und „Z“ anbietet. Er wird aber nicht erwarten, dass ihm der Verkäufer stillschweigend nur die Stühle „Y“ und „Z“ vorstellt, ohne zumindest einleitend darauf hinzuweisen: „,X‘ haben wir leider nicht. Aber ,Y‘ und ,Z‘ sind vergleichbar …“
Aus diesem Grund hat daher das Landgericht zutreffend die von der Antragsgegnerin vorgelegte Verkehrsbefragung nicht für ausschlaggebend gehalten. Dort war den Befragten eine Trefferliste vorgelegt worden, in der an prominenter Stelle Produkte des Markeninhabers mit der Marke aufgeführt waren. Dieser Fall ist tatsächlich anders zu beurteilen als der vorliegende, da es dort zunächst einmal für den Internetnutzer deutlich zu erkennen ist, dass es neben den mit der Marke bezeichneten Produkten auch noch weitere Produkte gibt, bei denen es daher nahe liegt, dass zwischen deren Herstellern und dem Markeninhaber keine wirtschaftlichen Beziehungen bestehen. Ferner ist in dieser Konstellation auch die Werbefunktion der Marke nicht in gleichem Maße beeinträchtigt, da dem Nutzer tatsächlich Produkte des Markeninhabers vorgeschlagen werden, was im vorliegenden Fall nicht der Fall ist. Die von der Antragsgegnerin ebenfalls herangezogene Studie des Bundesverbandes Digitale Wirtschaft (BVDW e. V.) liegt nur im Abstract vor, so dass sich die Validität der dort gezogenen Schlussfolgerungen nicht beurteilen lässt. Sie betrifft im Übrigen ausschließlich die Google-Suchfunktion und damit einen anderen Sachverhalt.
Die Annahme einer Beeinträchtigung der Markenfunktion im vorliegenden Fall, in dem bei Eingabe der Marke als Wort ausschließlich Produkte von Mitbewerbern des Markeninhabers angezeigt werden, steht daher auch nicht im Widerspruch zu einer Entscheidung des OLG Hamburg (GRUR 2014, 490 – Elitepartner), auf die sich die Antragsgegnerin beruft. Das OLG Hamburg hatte dort über den Fall zu entscheiden, dass bei der Eingabe eines geschützten Zeichens als Suchwort in der Suchfunktion des „Apple App-Store“ das Produkt eines Mitbewerbers noch vor dem Produkt des Zeicheninhabers angezeigt wurde. Das OLG Hamburg hat in dieser Konstellation eine Markenverletzung abgelehnt, da allein durch die nachrangige Einblendung des Produkts des Zeicheninhabers die Zeichenfunktionen nicht beeinträchtigt würden. Ferner hat es berücksichtigt, dass das dort verwendete Zeichen („Elitepartner“) aus glatt beschreibenden Bestandteilen bestand, die auch in ihrer Kombination nicht frei von beschreibenden Anteilen seien. Auch diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall für das Zeichen „Maxnomic“ nicht erfüllt. Das OLG Hamburg hat im Übrigen zwar markenrechtliche Ansprüche abgelehnt, gleichwohl aber einen Verstoß gegen § 4 Nr. 10 UWG angenommen, wobei sich allerdings die Frage stellt, ob diese lauterkeitsrechtliche Behinderung nicht zugleich auch eine Beeinträchtigung der Werbefunktion der Marke darstellt.
Dementsprechend hat auch der Bundesgerichtshof die Bezugnahme auf eine bekannte Marke zur Bewerbung eigener Produkte als vergleichende Werbung nur unter der Voraussetzung als zulässig angesehen, dass in der Werbung „unmissverständlich klar[gestellt]“ wird, dass es sich bei den beworbenen Produkten nicht um die des Markeninhabers handelt, eine Verwechslungsgefahr also ausgeschlossen ist (BGH, WRP 2015, 1336 = GRUR 2015, 1136 Tz. 24 – Staubsaugerbeutel).
Die weiter von der Antragsgegnerin herangezogene Entscheidung des OLG Frankfurt (GRUR-RR 2008, 292 – Sandra Escort) betrifft die Verwendung von Metatags. Aus ihr lässt sich für den vorliegenden Sachverhalt nichts herleiten, weil dort das OLG aufgrund der konkreten Ausgestaltung der Angebote bereits eine Verwechslungsgefahr abgelehnt hatte, wobei das Zeichen auch dort stark beschreibend und daher nur von schwacher Kennzeichnungskraft war (a. a. O.).
Die Entscheidung des US Court of Appeals for the 9th Circuit vom 21. 10. 2015 (Case No. 13-55575), auf die sich die Antragsgegnerin zuletzt noch bezogen hat, ist zum US-amerikanischen Recht ergangen, so dass der Senat auf eine eingehende Erörterung verzichtet und lediglich drauf verweist, dass die Annahmen zum tatsächlichen Verständnis der Kunden von den entscheidenden Richtern kontrovers gesehen worden sind, wie der Dissent von Judge Bea (S. 21 ff. der von der Antragstellerin vorgelegten Urteilskopie) belegt. Weiter ist mit dem Antragsteller darauf hinzuweisen, dass der britische High Court of Justice (Chancery Division) in seinem Urteil vom 10. 2. 2014 – [2014] EWHC 181 (ch) (GRUR Int. 2014, 829), das zu Art. 9 GMV ergangen ist, in einer vergleichbaren Konstellation eine Markenverletzung angenommen hat.
Auch Klett/Ottermann setzen sich in ihrem Aufsatz (K&R 2015, 549, 552 f.) zu der hier zu beurteilenden Problematik der Trefferlisten seiteninterner Suchmaschinen auf Handelsplattformen ausschließlich mit Trefferlisten auseinander, bei denen auch das geschützte Zeichen einen Bestandteil der Trefferlisten bildet.
Im Ergebnis ist daher jedenfalls dann eine Markenverletzung anzunehmen, wenn auf die Eingabe eines geschützten Zeichens als Suchwort eine Reihe von Treffern angezeigt wird, die ausschließlich aus Produkten von Mitbewerbern des Zeicheninhabers bestehen. In diesem Fall ist ein ausdrücklicher Hinweis darauf, dass keines der angezeigten Ergebnisse der Eingabe entspricht, erforderlich. Andernfalls lässt sich nicht ausschließen, dass der Nutzer davon ausgeht, zwischen den Anbietern der ihm angebotenen Produkte und dem Zeicheninhaber könnten zumindest wirtschaftliche Beziehungen bestehen. So könnte es sich beispielsweise bei „Maxnomic“ um eine Marke der in der Trefferliste angezeigten Unternehmen „HJH Office“ oder „Robas Lund“ handeln, die möglicherweise mehrere Produktlinien unter unterschiedlichen Marken vertreiben. Ein solcher Hinweis ist auch technisch möglich, da die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt hat, dass sie ihre Suchfunktion nach Erlass der einstweiligen Verfügung entsprechend ausgestaltet hat.
c)
Die von dem Antragsteller in zweiter Linie geltend gemachten lauterkeitsrechtlichen Ansprüche – Irreführung der Kunden über die Herkunft der in der Trefferliste angebotenen Produkte – bedürfen daher keiner Entscheidung.
3.
Hinsichtlich der Suchworte „need for seat“ fehlt es dagegen an einer Zeichenverletzung. Ein Anspruch wegen der Verletzung der geschäftlichen Bezeichnung des Antragstellers aus § 15 Abs. 2 MarkenG besteht nicht.
a)
Es erscheint bereits fraglich, ob eine zeichenmäßige Benutzung vorliegt. Der Antragsteller beanstandet ein konkretes Angebot, das auf die Eingabe von „need for seat“ hin angezeigt wird, als Verletzung seiner geschäftlichen Bezeichnung „NEEDforSEAT“. Die Antragsgegnerin hat demgegenüber vorgetragen, zu der Anzeige des in den Antrag eingeblendeten Produkts sei es nur aufgrund der Produktbeschreibung gekommen, die lautet:
Slender, contemporary look coordinates with most open plan systems. Unique materials and innovative construction deliver surprising comfort without bulky padding. Multidirectional stretch mesh back puts lumbar support right where you need it. Internal structure of seat uses unique stretch material that eliminates pressure points. Height- and width-adjustable arms for custom comfort. Five-star base with casters for easy mobility. (Anlage RS 5, Unterstreichungen nicht im Original)
Die Verwendung von „need“, „seat“ und „for“ in dieser Form auf der Produktseite – für die die Antragsgegnerin ohnehin nicht verantwortlich ist – stellt keine zeichenmäßige Verwendung der Zeichenfolge „need for seat“ dar. In Frage kommt daher allenfalls die Verwertung dieser Zeichenfolge durch den Suchalgorithmus der Antragsgegnerin.
Der technische Ablauf ist zwar der gleiche wie oben erörtert: Der Suchalgorithmus der Antragsgegnerin wertet die Eingabe des Nutzers aus und schlägt ihm unter anderem das beanstandete Produkt eines Mitbewerbers der Antragstellerin vor. Die Zeichen „need“, „for“ und „seat“ werden daher für die Bewerbung eines konkreten Produkts eingesetzt. Für den Nutzer ist auch nicht ohne weiteres erkennbar, wie es zu der Produktanzeige gekommen ist, da die Produktbeschreibung in der Trefferliste selber nicht angezeigt wird. Diese wird vielmehr erst sichtbar, wenn der Nutzer das Suchergebnis anklickt und so die Produktseite aufruft. Auf der anderen Seite leistet der Suchalgorithmus in diesem Fall nichts anderes als das, was der Nutzer von einem Suchalgorithmus erwartet: Er findet ein Produkt, in dessen Produktbeschreibung die als Suchbegriffe eingegebenen Wörter enthalten sind.
Der Antragsteller stützt seinen Antrag zwar darauf, die Antragsgegnerin habe „need for seat“ weiterhin als Suchwort gespeichert. Unstreitig enthält die Produktbeschreibung jedoch den oben wiedergegebenen Text einschließlich der Wörter „need“, „seat“ und „for“. Die Antragsgegnerin trägt ausdrücklich vor, dass das betreffende Angebot wegen dieser Wörter in der Produktbeschreibung gefunden worden sei, was auch ohne weiteres nachvollziehbar ist. Bei dieser Sachlage wäre es Sache des Antragstellers gewesen, seinen gegenteiligen Vortrag (Anzeige des konkret beanstandeten Angebots, weil die Antragsgegnerin das Suchwort „need for seat“ gespeichert habe) glaubhaft zu machen. Dies ist aber nicht geschehen.
Soweit der Antragsteller darauf hinweist, aus der Anlage ASt 10 folge, dass die Antragsgegnerin das Zeichen „need for seat“ ihren Kunden als Suchwort vorschlage (unter „verwandte Suchbegriffe“), so ergibt sich dies aus der Einblendung in den Antrag zu 2. gerade nicht. Dort wird als „verwandter Suchbegriff“ unter anderem „Maxnomic“ angezeigt, nicht aber „need for seat“. Ausweislich der Verbalisierung ist der Antrag zu 2. aber ausschließlich auf die Verletzung des Zeichens „NEEDforSEAT“ gestützt, so dass die Anzeige von „Maxnomic“ unter „verwandte Suchbegriffe“ nicht von ihm umfasst ist.
Vor diesem Hintergrund erscheint es zweifelhaft, ob in dem Fall, den der Antragsteller mit dem Antrag zu 2. beanstandet, tatsächlich eine zeichenmäßige Verwendung des Ausdrucks „need for seat“ gegeben ist. Das mit dem Antrag beanstandete Verhalten ist so zu umschreiben, dass die Begriffe „need“ „for“ „seat“ in das Suchfenster eingegeben worden sind und daraufhin Angebote angezeigt werden, bei denen diese Wörter in der Produktbeschreibung enthalten sind. Keines der Angebote, das in den Antrag eingeblendet worden sind, enthält exakt die Zeichenfolge „need for seat“. Der Antrag betrifft damit (jedenfalls auch) ein Verhalten, das unabhängig von der Speicherung eines Suchbegriffs „need for seat“ seitens der Antragsgegnerin ist. Soweit der Antragsteller den Vorschlag der Bezeichnung „need for seat“ als Suchwort angreifen möchte, verfehlt sein Antrag die konkrete Verletzungsform.
b)
Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr ist zu berücksichtigen, dass das – mittlerweile im Register eingetragene – Zeichen „NEEDforSEAT“ aufgrund seiner beschreibenden Anklänge für die betreffenden Waren nur unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft aufweist. Es bestünde aufgrund der Getrenntschreibung auch keine Identität mit „need for seat“; andererseits besteht Warenidentität.
c)
Eine Markenverletzung scheitert jedoch auf jeden Fall daran, dass die Herkunftsfunktion des Zeichens des Antragstellers durch die angegriffene Verletzungsform nicht beeinträchtigt wird. Dem durchschnittlichen Internetnutzer ist bekannt, dass es bei den meisten Suchmaschinen einen erheblichen Unterschied ausmacht, ob er eine Folge von Wörtern in der Form
need for seat
oder in der Form
„need for seat“
eingibt. Ihm ist bekannt, dass lediglich im zweiten Fall die Suchmaschine in erster Linie nach Ergebnissen sucht, in denen genau die eingegebene Phrase enthalten ist. Im ersten Fall dagegen werden ihm als Ergebnisse Seiten angezeigt, die diese Wörter in irgendeiner Zusammensetzung oder Reihenfolge enthalten. Er wird daher das Ergebnis der Suchfunktion im beanstandeten Fall nicht dahingehend verstehen, dass das Ergebnis etwas mit „NEEDforSEAT“ oder „need for seat“ zu tun hat. Verstärkt wird dieses Ergebnis noch durch die Ausgestaltung der Trefferliste im beanstandeten Fall, in dem als erster Treffer ein MP3-Album mit dem Titel „You Pay For The Whole Seat But You Only Need The Edge“ angezeigt wird. Danach kann es keine Zweifel mehr geben, dass die Trefferliste Ergebnisse enthält, in denen die Wörter „need“, „for“ und „seat“ in irgendeinem Zusammenhang genannt werden. Eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke des Antragstellers ist damit nicht verbunden.
d)
Endgültig scheitern die Ansprüche des Antragstellers jedenfalls an § 23 MarkenG, da er der Antragsgegnerin nicht untersagen kann, Begriffe des allgemeinen Sprachgebrauchs einer gängigen Fremdsprache wie „need“, „for“ und „seat“ in ihrem Suchalgorithmus in üblicher Form auszuwerten und Ergebnisse anzuzeigen, in denen diese Begriffe enthalten sind.
e)
Damit bestehen auch keine Ansprüche wegen Verletzung der Gemeinschaftsmarke (Art. 9 GMV). Lauterkeitsrechtliche Ansprüche wegen Irreführung über die betriebliche Herkunft des angebotenen Stuhls (§ 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG) scheitern daran, dass der durchschnittliche Nutzer aus den vorstehenden Erwägungen nicht über die betriebliche Herkunft des ihm angebotenen Stuhls getäuscht wird.
f)
Auf die Frage, ob der Antragsteller die Verwendung der Begriffe „need“ „for“ „seat“ gegenüber einer Schwestergesellschaft der Antragsgegnerin in einem Parallelverfahren „freigezeichnet“ hat, kommt es damit nicht mehr an.
4.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Das Urteil ist gemäß § 542 Abs. 2 S. 1 ZPO mit seiner Verkündung rechtskräftig.
Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt:
Verfahren erster Instanz: 240.000 EUR (§ 63 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GKG)
Berufungsverfahren: 165.000 EUR
Im Hinblick auf den Anspruch, der mit dem Verfügungsantrag zu 2. (entsprechend dem Tenor der Beschlussverfügung zu I.2) geltend gemacht wird, waren auch die hilfsweise in das Verfahren eingeführten Streitgegenstände (Gemeinschaftsmarke und Lauterkeitsrecht) zu prüfen. Dies führt gemäß § 45 Abs.1 S. 2 GKG zu einer angemessenen Erhöhung des Streitwerts (vgl. Senat, WRP 2015, 239 = GRUR-RR 2015, 402 – Wetteronlin II) für diesen Antrag um insgesamt 20 % auf 90.000 EUR.
Vorinstanz:
LG Köln, Az. 84 O 205/14