OLG Frankfurt a.M.: Zusammengesetzter Domainname aus fremdem Unternehmen und dem Zusatz „-schaden“ ist zulässig

veröffentlicht am 13. November 2015

OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 24.09.2015, Az. 6 U 181/14
§ 2 UWG; § 12 BGB

Lesen Sie unsere Zusammenfassung der wesentlichen Aspekte der Entscheidung (hier). Den vollständigen Text der Entscheidung finden Sie im Folgenden:

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

Urteil

Die Berufung der Klägerin gegen das am 14.8.2014 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird – unter Einschluss der abgewiesenen Hilfsansprüche – auf € 22.000,00 festgesetzt.

Gründe

I.
Die Parteien streiten über einen Domain-Namen der Beklagten.

Die Klägerin ist ein im Jahr 2002 gegründetes Immobilien- und Beteiligungsunternehmen und nach eigenem Verständnis führende Anbieterin geschlossener Immobilienfonds in Deutschland. Die Beklagte ist eine auf das Kapitalanlagerecht spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei. Zur Bewerbung ihrer Tätigkeit und zur Akquise von Mandanten gibt sie im Internet Pressemeldungen heraus. Am 13.10.2013 ließ die Beklagte die Domain www.x-schaden.de registrieren. Jedenfalls bis zum 18.10.2013 war sie außerdem Inhaberin der Domain x- schaden.eu. Unter dieser Domain war am 14.10.2013 eine Pressemeldung mit der Überschrift „X Unternehmensgruppe – drohen den Anlegern der X Fonds Verluste?“ erreichbar (Anlage LHR5). In dem Artikel werden die Geschäfte der Klägerin mit dem Geschäftsmodell der A Gruppe verglichen. Die Internetseite wurde von der B …gesellschaft mbH betrieben, zu deren Gesellschaftern die Beklagte gehört.

Die Klägerin hat eine einstweilige Verfügung vom 17.10.2013 erwirkt, mit der der Beklagten die Verwendung der Bezeichnung „x-schaden“ untersagt wurde, insbesondere wenn dies innerhalb der Topleveldomain „x-schaden.de“ geschieht und diese auf die Domain „x-schaden.eu“ weitergeleitet wird, unter der die aus der Anlage LHR 5 ersichtlichen Inhalte öffentlich zugänglich gemacht werden. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 26.11.2013 eine Abschlusserklärung abgegeben.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten, Auskunft über den Verletzungsumfang sowie Erstattung der Abmahnkosten. Diese Ansprüche hat sie erstinstanzlich auf eine Verletzung ihres Namensrechts sowie ihres Persönlichkeitsrechts gestützt. Hinsichtlich der erstinstanzlich gestellten Anträge sowie der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung, mit der sie ihre Klageanträge weiterverfolgt und nunmehr auch auf wettbewerbsrechtliche Grundlagen stützt (Verletzung des Sachlichkeitsgebots gemäß § 43 b BRAO, irreführende und herabsetzende Werbung gem. §§ 4 Nr. 7, 4 Nr. 8, 5 UWG). Die Klägerin hat klargestellt, dass sie vorrangig aus ihrem Namensrecht und hilfsweise aus den übrigen Klagegründen vorgeht. Die Parteien wiederholen und vertiefen im Berufungsrechtszug ihr Vorbringen.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Frankfurt vom 14.08.2014, Az. 2-03 O 33/14:

1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihr dadurch entstanden ist und/oder noch entstehen wird, dass die Beklagte die Bezeichnung „x-schaden“ insbesondere innerhalb der Topleveldomain x-schaden.de benutzt hat und diese auf die Domain x-schaden.eu weitergeleitet hat, um dort die unter der aus der Anlage LHR 5 ersichtlichen Inhalte öffentlich zugänglich zu machen;

2. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die unter Ziffer 1. angeführten Handlungen begangen wurden und zwar unter Angabe des Zeitraums der Handlung und der Anzahl der Aufrufe der jeweiligen Webseiten, auf denen die aus der Anlage LHR 5 ersichtlichen Inhalte veröffentlicht wurden;

3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.531,90 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

1.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Schadensersatzanspruch aus § 12 I BGB i.V.m. § 823 I BGB zu.

a)
Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass der Anspruch aus § 12 BGB im Streitfall nicht subsidiär ist. Ein Unternehmensschlagwort mit Namensfunktion begründet sowohl ein Kennzeichenrecht aus §§ 5, 15 MarkenG als auch ein Namensrecht aus § 12 BGB. Der Kennzeichenschutz aus §§ 5, 15 MarkenG verdrängt zwar in seinem Anwendungsbereich grundsätzlich den Namensschutz aus § 12 BGB (BGHZ 149, 191, 199 – shell.de; BGH GRUR 2012, 304 Rn. 32 [BGH 09.11.2011 – I ZR 150/09] – Basler Haar-Kosmetik). Der Anwendungsbereich der §§ 5, 15 MarkenG ist im Streitfall auch eröffnet, weil die angegriffene Domain im geschäftlichen Verkehr verwendet wird. Allerdings besteht keine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 15 Abs. 2 MarkenG zwischen dem Unternehmensschlagwort „x“ und dem Domainnamen „x-schaden“. Denn die Tätigkeitsbereiche der Parteien liegen so weit auseinander, dass es am Merkmal der Branchennähe fehlt. Auch ein Schutz aus § 15 Abs. 3 MarkenG scheidet aus. Es sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass es sich bei dem Klagezeichen um eine im Inland bekannte geschäftliche Bezeichnung handelt. In solchen Fällen kann der Namensschutz aus § 12 BGB unter Umständen ergänzend gegen Beeinträchtigungen der Unternehmensbezeichnung herangezogen werden (BGH GRUR 2005, 430 [BGH 09.09.2004 – I ZR 65/02] – mho.de). Dies gilt jedenfalls dann, wenn ein Nichtberechtigter ein fremdes Kennzeichen als Domainname unter der in Deutschland üblichen Top-Level-Domain „de“ registriert und damit den berechtigten Namensträger von dieser Nutzung ausschließt (BGH GRUR 2013, 102 Rn. 14 – dlg.de; GRUR 2008, 1099 Rn. 19 [BGH 24.04.2008 – I ZR 159/05] – afilias.de). Der Namensschutz kommt auch dann ergänzend zur Anwendung, wenn das Unternehmenskennzeichen wie im Streitfall mit einem weiteren Begriff kombiniert wird. Ob der Name dadurch tatsächlich „unbefugt“ benutzt wird, ist im Rahmen des § 12 BGB zu prüfen.

b)
An der originären namensmäßigen Unterscheidungskraft der Bezeichnung „x“ bestehen keine Zweifel und werden von der Beklagten auch nicht geltend gemacht.

c)
Das Verwenden des Domain-Namens „x-schaden“ für den aus der Anlage LHR 5 ersichtlichen Internetauftritt ist jedoch nicht als Gebrauch des Namens i.S. des § 12 Satz 1 BGB anzusehen. Zwar kann in der Registrierung eines Namens durch einen Nichtberechtigten als Domain-Name ein unbefugter Namensgebrauch liegen. Wie das Landgericht zu Recht angenommen hat, ist jedoch weder eine namensmäßigen Identitäts- und Zuordnungsverwirrung noch sonst ein unbefugter Gebrauch des Namens gegeben.

aa)
Schon die bloße Registrierung verletzt schutzwürdige Belange der Namensinhaberin, wenn diese dadurch selbst von der Benutzung der Domain ausgeschlossen wird. Dies setzt einen (objektiven) Benutzungswillen voraus (BGH GRUR 2004, 619 Rn. 23 [BGH 19.02.2004 – I ZR 82/01] – kurt-biedenkopf.de). Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass sie selbst einen Internetauftritt unter der angegriffenen Domain plant. Dies erscheint auch fernliegend. Schon gar nicht ist die Beklagte auf den angegriffenen Domainnamen angewiesen (vgl. BGH GRUR 2014, 393 Rn. 22 [BGH 22.01.2014 – I ZR 164/12] – wetteronline.de).

bb)
Eine durch die Verwendung der Domain erzeugte Zuordnungsverwirrung liegt vor, wenn ein Dritter einen fremden Namen namensmäßig im Rahmen einer Internetadresse benutzt. Der Verkehr sieht in der Verwendung eines unterscheidungskräftigen, nicht sogleich als Gattungsbegriff verstandenen Zeichens als Internetadresse im Allgemeinen einen Hinweis auf den Namen des Betreibers des jeweiligen Internetauftritts (BGH GRUR 2014, 506 Rn. 21 [BGH 06.11.2013 – I ZR 153/12] – sr.de). An einer namensmäßigen Verwendung in diesem Sinne fehlt es jedoch im Streitfall. Die Beklagte hat das mit dem Unternehmensschlagwort der Klägerin übereinstimmende Zeichen „x“ mit dem Begriff „Schaden“ kombiniert. Zwar bleibt die Bedeutung des Gesamtbegriffs diffus und hat keinen vergleichbar eindeutigen Inhalt wie die Angabe „…-Aussteiger“ in dem vom Landgericht herangezogenen Fall des OLG Hamburg (MMR 2004, 415 [OLG Hamburg 18.12.2003 – 3 U 117/03]). Jedenfalls verbindet der Verkehr aber mit der Domain „x-schaden“ kein Angebot der Klägerin oder eines verbundenen Unternehmens, sondern erkennt die kritische Bezugnahme auf die Klägerin. Er wird annehmen, dass sich unter dem

Domain-Namen Dritte mit dem Unternehmen der Klägerin oder ihren Produkten kritisch auseinandersetzen. Die Behauptung der Klägerin, der Verkehr könnte annehmen, die Domain gehöre zu ihrem eigenen Domain-Portfolio oder sie habe dem Domain-Inhaber die Verwendung ihres Namens gestattet, erscheint demgegenüber fernliegend und kann ausgeschlossen werden.

cc)
Für die Gefahr einer Zuordnungsverwirrung kommt es außerdem auf die konkrete Art der Verwendung an (BGH GRUR 2004, 619 Rn. 23 [BGH 19.02.2004 – I ZR 82/01] – kurt-biedenkopf.de; GRUR 2001, 1061 [BGH 17.05.2001 – I ZR 216/99] – Mitwohnzentrale.de). Dazu kann auch der unmittelbar nach dem Öffnen der Webseite ersichtliche Inhalt gehören. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die das Namensrecht beeinträchtigende Wirkung schon unabhängig von der Verwendung des Domainnamens durch die in der Registrierung liegenden Ausschlusswirkung eintritt (vgl. BGH GRUR 2014, 506 Rn. 25 [BGH 06.11.2013 – I ZR 153/12] – sr.de). Dann wird eine Zuordnungsverwirrung durch das Öffnen der Webseite auch nicht nachträglich relativiert. Mangels Benutzungswillens ist vorliegend von einer bereits in der Registrierung liegenden Rechtsverletzung nicht auszugehen (vgl. oben aa). Öffnet man die unter der Domain abrufbare Internetseite erscheinen sofort das Logo „B“ und die Überschrift „Fall X“. Selbst bei oberflächlicher Betrachtung wird klar, dass es um eine kritische Auseinandersetzung mit den Produkten der Klägerin von dritter Seite geht.

2.
Die Klägerin kann ihren Schadensersatzanspruch auch nicht mit Erfolg auf wettbewerbsrechtliche Anspruchsgrundlagen (§§ 9, 3, 4 Nr. 7, 4 Nr. 8, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 43b BORA) stützen.

a)
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist insoweit keine Klageänderung im Sinne des § 533 ZPO gegeben. Zwar wurde die Klage erstmals in der Berufungsinstanz auf wettbewerbsrechtliche Anspruchsgrundlagen gestützt. Es besteht jedoch Anspruchskonkurrenz mit der bereits erstinstanzlich geltend gemachten Verletzung des Unternehmerpersönlichkeitsrechts. Damit wurde kein weiterer Streitgegenstand eingeführt (vgl. BGH GRUR 2012, 1153, [BGH 08.03.2012 – I ZR 85/10] Rn. 8 – Unfallersatzgeschäft).

b)
Die Klägerin ist allerdings nicht aktivlegitimiert (§ 8 III Nr. 1 UWG). Zwischen den Parteien besteht kein konkretes Wettbewerbsverhältnis gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG.

aa)
Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis besteht zum einen dann, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen mit der Folge, dass das konkret beanstandete Wettbewerbsverhalten des einen Wettbewerbers den anderen beeinträchtigen, das heißt im Absatz behindern oder stören kann (BGH GRUR 2014, 573 Rn. 15 [BGH 17.10.2013 – I ZR 173/12] – Werbung für Fremdprodukte). Es besteht zum anderen auch dann, wenn die Parteien zwar keine gleichartigen Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen, das konkret beanstandete Wettbewerbsverhalten des einen Wettbewerbers den anderen aber gleichwohl beeinträchtigen, das heißt im Absatz behindern oder stören kann. Nach der Rechtsprechung des BGH sind an das Bestehen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses im Interesse eines wirksamen wettbewerbsrechtlichen Individualschutzes keine hohen Anforderungen zu stellen. Insbesondere setzt ein konkretes Wettbewerbsverhältnis nicht notwendigerweise eine Behinderung des Absatzes einer bestimmten Ware durch eine andere voraus. Vielmehr reicht es aus, dass sich der Verletzer durch seine Verletzungshandlung im konkreten Fall in irgendeiner Weise in Wettbewerb zu dem Betroffenen stellt. Es genügt daher, wenn zwischen den Vorteilen, die jemand durch eine Maßnahme für sein Unternehmen oder das eines Dritten zu erreichen sucht, und den Nachteilen, die ein anderer dadurch erleidet, eine Wechselwirkung in dem Sinne besteht, dass der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden kann. Nicht ausreichend ist es allerdings, wenn die Maßnahme den anderen nur irgendwie in seinem Marktstreben betrifft (BGH GRUR 2014, 1114, [BGH 10.04.2014 – I ZR 43/13] Rn. 32 – nickelfrei).

bb)
Die Parteien bieten keine gleichartigen Leistungen an. Die Klägerin bietet Fondsbeteiligungen, die Beklagte anwaltliche Leistungen an. Der unter der streitgegenständlichen Domain abrufbare Artikel erzeugt auch keine unmittelbare Wechselbeziehung zwischen Vorteilen der Beklagten und Nachteilen der Klägerin in dem Sinne, dass der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt wird. Die Beklagte verwendet die Domain, um mit der unter ihr geschalteten Werbung neue Mandanten zu akquirieren. Bei den potentiellen Mandanten handelt es sich um potentiell geschädigte Anleger. Dieser Personenkreis zählt zwar zu den früheren Kunden der Klägerin; im Hinblick auf die erlittene oder vermeintliche Schädigung durch die getätigte Anlage werden diese Kunden jedoch regelmäßig zu einer erneuten Anlage bei der Klägerin nicht bereit sein. Zwar ist nicht auszuschließen, dass dadurch gleichwohl die Absatzinteressen der Klägerin beeinträchtigt werden, weil die Veröffentlichung der Beklagten über die unzufriedenen früheren Kunden der Klägerin auch andere Anlageinteressenten erreichen kann. Eine solche bloße Beeinträchtigung der Absatzinteressen reicht zur Begründung eines Wettbewerbsverhältnisses jedoch nicht aus, wenn es an jeglichem Konkurrenzmoment im Angebots- oder Nachfragewettbewerb fehlt (BGH GRUR 2014, 573 Rn. 21 [BGH 17.10.2013 – I ZR 173/12] – Werbung für Fremdprodukte). So liegt es im Streitfall. Anders als in Fällen des Substitutionswettbewerbs, bei denen eine Ware oder Dienstleistung als gleichwertiger Ersatz oder bessere Alternative für ein anderes Produkt angeboten (vgl. z.B. BGH GRUR 1972, 553 – Statt Blumen ONKO-Kaffee) oder in sonstiger Weise gezielt eingesetzt wird, um Kunden eines anderen auf das eigenen Angebot umzuleiten (vgl. hierzu BGH GRUR 2004, 877 [BGH 24.06.2004 – I ZR 26/02] – Werbeblocker), fehlt es bei den von der Beklagten angebotenen anwaltlichen Leistungen an jeglichem Konkurrenzmoment zu dem Wertpapier- und Beteiligungsangebot der Klägerin. Es geht nicht um ein „Umleiten“ von Kunden, sondern um eine zusätzliche Dienstleistung für Bestandskunden der Klägerin.

cc)
Nichts anderes ergibt sich aus der BGH-Entscheidung „Hotelbewertungsportal“ (BGH, Urt. v. 19.3.2015 – I ZR 94/13, […]). Dort wurde ein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen einem Hotel und einem mit einem Hotelbewertungsportal verknüpften Online-Reisebüro angenommen. Es bestehe eine hinreichende Wechselwirkung in dem Sinne, dass der Wettbewerb des Online-Reisebüros gefördert und derjenige des Hotelbetreibers beeinträchtigt werden kann. Ein Konkurrenzmoment ist dabei insofern gegeben, als das Reisebüro an Hotels mit guten Bewertungen besonders viele Vermittlungen tätigen kann, was sowohl seinen, als auch deren Absatz fördert, während die Absatzchancen schlecht bewerteter Hotels unmittelbar beeinträchtigt werden. Eine vergleichbare Lage ist im Streitfall nicht gegeben. Die Beklagte bietet potentiell geschädigten Anlegern anwaltliche Leistungen an. Soweit sie sich dabei direkt an Kunden der Klägerin wendet, ist die Beeinträchtigung der Absatzchancen der Klägerin lediglich ein Reflex ihres Marktverhaltens. Es werden nicht unmittelbar andere Anlageprodukte gefördert.

3.
Die Klägerin kann ihren Schadensersatzanspruch auch nicht mit Erfolg auf eine Kreditgefährdung nach § 824 I BGB oder eine Verletzung ihres Unternehmerpersönlichkeitsrechts (§ 823 I BGB) stützen.

a)
Eine Kreditgefährdung würde voraussetzen, dass der Domainname „x-schaden“ eine unrichtige Tatsachenbehauptung beinhaltet. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die bloße Verknüpfung des Unternehmensnamens mit dem Begriff „Schaden“ hat keinen konkreten Aussagegehalt. Die Domain erweckt allenfalls Assoziationen in dem Sinn, dass auf der so benannten Website Informationen über Schäden zu finden sein könnten, die Anleger von x-Produkten erlitten haben oder erleiden können. Sieht man darin eine Tatsachenbehauptung, entspricht sie der Wahrheit. Denn auf der Website wird darüber berichtet, dass die Stiftung Warentest und die … Zweifel an den Rendite-Prognosen bestimmter x-Produkte geäußert haben und Anlegern dadurch Schäden drohen. Der Domainname beinhaltet hingegen nicht die Behauptung, dass Kunden tatsächlich Schäden entstanden sind. Darauf, ob die Informationen in dem unter der Domain abrufbaren Werbetext richtig oder unrichtig sind, kommt es nicht an. Der Klageantrag ist seinem Wortlaut nach auf Schäden durch die Bezeichnung „x-schaden“ gerichtet. Die Bezugnahme auf die Anlage LHR 5 im Antrag stellt lediglich klar, in welchem Kontext die angebliche Rechtsverletzung begangen wurde, ohne sie selbst zum Gegenstand der schadensstiftenden Handlung zu machen.

b)
Ein Eingriff in das Unternehmerpersönlichkeitsrecht der Klägerin ist gegeben, da bereits der Domainname eine Verbindung zwischen dem Unternehmen der Klägerin und möglichen oder tatsächlichen Schäden herstellt. Dies lässt die Klägerin in einem negativen Licht erscheinen, auch wenn der Domainname für sich genommen vollkommen offen lässt, um was es auf der Internetseite konkret geht.

c)
Der Eingriff ist jedoch gerechtfertigt. Hierbei ist eine Interessenabwägung erforderlich, die auch die Grundrechte der Beklagten, insbesondere die Meinungs- und Pressefreiheit sowie die anwaltliche Berufsausübungsfreiheit berücksichtigt.

aa)
Die Beklagte darf im Rahmen ihrer Berufsausübungsfreiheit für ihre Leistungen in der Weise werben, dass sie sich kritisch mit den Anlageprodukten der Klägerin auseinandersetzt und sachlich über Gerüchte im Markt und einen sich daraus ergebenden Beratungsbedarf berichtet (vgl. BGH, GRUR 2014, 86 [BGH 13.11.2013 – I ZR 15/12] – Kommanditistenbrief). Sie darf dies auch in Form einer Internet-Werbung tun, die über eine eigens hierfür vorgehaltene Domain erreichbar ist. Dabei ist es notwendig und auch zulässig, für die Domain eine prägnante Formulierung zu wählen, selbst wenn diese wie im Streitfall plakativ und mehrdeutig sein mag. Das Interesse der Klägerin, nicht in ein negatives Licht gerückt zu werden, muss dahinter zurücktreten. Anders liegt es nur, wenn die Domain die Grenze zur Schmähkritik überschreitet (vgl. unten bb). Nicht Gegenstand der vorliegenden Klage ist die Frage, ob der unter der Domain veröffentlichte Artikel die Grenzen zulässiger Anwaltswerbung einhält.

bb)
Die Bezeichnung „x-schaden“ stellt keine unzulässige Schmähkritik dar. Eine Äußerung nimmt den Charakter einer stets unzulässigen Schmähung an, wenn in ihr nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person des Gegners im Vordergrund steht und sie jenseits polemischer und überspitzter Kritik in der Herabsetzung der Person des Gegners besteht (Senat, Urt. v. 27.3.2014 – 6 U 75/12, Rn. 18 – Meisterbetrüger, […]). Der Begriff „Schaden“ ist vieldeutig und beinhaltet keine pauschale Herabsetzung. Insbesondere wird die Klägerin entgegen ihrer Ansicht dadurch nicht als Betrügerin dargestellt. Innerhalb einer Domain kann keine Auseinandersetzung in der Sache erwartet werden. Diese kann erst auf der Website selbst erfolgen.

4.
Der Klägerin steht mangels eines Hauptanspruchs auch kein akzessorischer Anspruch auf Auskunftserteilung zu. Sie hat auch keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für das Abschlussschreiben. Ein solcher Anspruch setzt voraus, dass dem Gläubiger gegenüber dem Schuldner zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Abgabe einer Abschlusserklärung ein Unterlassungsanspruch zustand (BGH GRUR 2012, 730, [BGH 15.12.2011 – I ZR 174/10] Rn. 45 – Bauheizgerät). Dies war aus den dargelegten Gründen nicht der Fall.

5.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Der Streitwert war unter Einschluss der Hilfsansprüche auf € 22.000,00 festzusetzen. Die Vorwürfe der Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts und der unlauteren Herabsetzung betreffen einen einheitlichen Streitgegenstand, da insoweit Anspruchsnormenkonkurrenz besteht (vgl. BGH GRUR 2012, 1153 [BGH 08.03.2012 – I ZR 85/10] – Unfallersatzgeschäft, Tz. 8). Zu diesem einheitlichen Streitgegenstand gehört – da die Klage sich gegen die konkrete Verletzungsform richtet – weiter der Vorwurf eines Verstoßes gegen § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 43a BORA (vgl. BGH GRUR 2013, 401 – Biomineralwasser). Einen demgegenüber eigenständigen Streitgegenstand bildet der Vorwurf der Verletzung des Namensrechts (vgl. – für den Fall der Namensrechtsverletzung einerseits und der unlauteren Behinderung andererseits – BGH GRUR 2014, 393 [BGH 22.01.2014 – I ZR 164/12] – wetteronline.de, Tz. 13). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

6.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) sind nicht erfüllt.

Vorinstanz:
LG Frankfurt am Main, Az. 2/3 O 33/14