LG München I: Die Abbildung einer Comicfigur auf einer Verpackung kann als Herkunftsnachweis dienen

veröffentlicht am 30. Mai 2018

LG München I, Urteil vom 22.12.2017, Az. 33 O 22319/16
§ 14 Abs. 6 MarkenG, § 19 Abs. 3 MarkenG, § 125b Nr. 2 MarkenG; § 3 Abs. 3 UWG, § 5 Abs. 2 UWG; § 242 BGB, § 259 BGB, § 683 S. 1 BGB, § 677 BGB, § 670 BGB

Eine kurze Zusammenfassung der Entscheidung finden Sie hier (LG München – Comicfigur als Herkunftsnachweis). Den Volltext haben wir für Sie nachfolgend wiedergegeben:


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Landgericht München I

Urteil

I.
Die Klage wird abgewiesen.

 
II.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

 
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% der zu vollstreckenden Kosten.


Tatbestand

Die Klägerin macht gegen die Beklagten auf Kennzeichen- und Lauterkeitsrecht gestützte Unterlassungs-, Auskunfts-, Schadensersatzfeststellungs-, Rückrufs-, Vernichtung- und Kostenerstattungsansprüche geltend.

Die Klägerin ist Inhaberin diverser Markeneintragungen mit Schutz in der Europäischen Union, darunter der am 19.02.2013 angemeldeten und am 16.07.2013 für „Käse und Erzeugnisse aus Käse; Molkereiprodukte; Imbisserzeugnisse; Vorwiegend aus fleisch bestehende Fertiggerichte; Schmelzkäse; Käsestangen; Frischkäse; Joghurt; Imbisserzeugnisse; Getreidezubereitungen; Fertiggerichte, vorwiegend aus Teigwaren bestehend; Brote [belegt]; Cracker mit Käsegeschmack; Getreide; Imbissgerichte mit Käsegeschmack; frozen Joghurt“ eingetragenen Unionsbildmarke Nr. 011 587 003 (nachfolgend: Klagemarke)

[Abb.]

(vgl. Registerauszug, Anlage K 1).

Die Beklagte zu 1) produziert und vertreibt seit kurzem unter Verwendung der nachstehend abgebildeten Comicfigur ebenfalls Käseprodukte
 
[Abb.]
 
(vgl. Produktabbildungen, Anlage K 5). Die Produkte werden insbesondere über das Internet beworben und vertrieben, indem die Beklagte zu 1) von ihrer Webseite http://wwww … auf die Webseite https:// … html verlinkt, für welche ihre Schwestergesellschaft, die Beklagte zu 2), verantwortlich ist (vgl. Internetausdrucke, Anlagenkonvolut K 6).

In der angegriffenen Verpackung „Tolle Rolle“ befinden sich sechs einzeln verpackte Käserollen, die aus einem dünnen Streifen Käse bestehen, der nach Art einer Lakritzschnecke aufgerollt ist.

Die Klägerin ließ die Beklagten mit Schreiben vom 31.08.2016 abmahnen und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung auffordern (vgl. Abmahnung, Anlage K 7; Rückschein, Anlage K 8). Die Beklagte zu 2) ließ die geltend gemachten Ansprüche mit Schreiben vom 09.09.2016 zurückweisen (vgl. Schreiben, Anlage K 9).

Die Klägerin trägt vor, die Klagemarke seit Jahren intensiv für Käseprodukte benutzt zu haben (vgl. Übersicht, Anlage K 2) Die entsprechende Comicfigur sei von Haus aus ersichtlich unterscheidungskräftig und habe durch ihre umfangreiche Benutzung im Markt zusätzlich stark an Kennzeichnungskraft gewonnen, die durch die seit Jahren durchgeführte umfangreiche Werbung noch gestärkt worden sei (vgl. Screenshots, Anlage K 3; Werbematerialien, Anlagenkonvolut K 4). Über die Jahre habe die Klägerin unter der Klagemarke signifikante Marktaktivitäten entfaltet und in der Bundesrepublik Deutschland beachtliche Handelsumsätze erzielt (vgl. Tabellen zu Handelsumsätzen, Stückzahlen, Werbeausgaben sowie zur Bruttoreichweite, S. 8/9 der Klageschrift, Bl. 8/9 d. A.). All dies habe dazu geführt, dass die Klagemarke aus Sicht der angesprochenen Kreise – insbesondere auch der Kinder – über einen hohen Bekanntheits- und Wiedererkennungsgrad verfüge; die Marke sei somit insgesamt weit überdurchschnittlich kennzeichnungskräftig.

Vor diesem Hintergrund verfüge die klägerische Comicfigur auch über eine von Haus aus bestehende und durch umfangreiche Benutzung gesteigerte, wettbewerbliche Eigenart. Diese wettbewerbliche Eigenart werde zusätzlich durch die hohe Bekanntheit der Comicfigur verstärkt.

Die Beklagten verwendeten das angegriffene Zeichen auch isoliert (vgl. Ausdrucke, Anlagen K 6 sowie K 13 bis K 15).

Die Klägerin stützt ihren Hauptanspruch auf die Verletzung ihrer Rechte aus der Klagemarke gemäß Art. 9 Abs. 1 lit. b) UMV a. F. bzw. Art. 9 Abs. 2 lit. b) UMV n. F. Hilfsweise macht die Klägerin Ansprüche wegen unlauteren Wettbewerbs geltend (§ 4 Nr. 3 lit. a) und b) UWG, § 3 Abs. 3 UWG i.V.m. Nr. 13 der Anlage zu § 3 Abs. 3 UWG sowie § 5 Abs. 2 UWG).

Zur Begründung ihres Hauptanspruchs führt die Klägerin aus, berechtigt zu sein, die Benutzung des angegriffenen Zeichens unionsweit umfassend zu verbieten (Art. 9 Abs. 1 lit. b) UMV a. F. bzw. Art. 9 Abs. 2 lit. b) UMV n. F.), denn das kennzeichenmäßig benutzte angegriffene Zeichen sei mit der Klagemarke nahezu identisch, etwaige Unterschiede seien allenfalls marginal und die gegnerische Comicfigur behalte im angegriffenen Zeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung, weshalb im Ergebnis das angegriffene Zeichen ohne die – überdies erkennbar beschreibende – „aufgewickelte Rolle des Käsestreifens“ verglichen werden müsse (siehe dazu insbesondere S. 15/17 der Klageschrift, Bl. 15/17 d. A. sowie S. 4/5 der Replik, Bl. 53/54 d. A.). Da die Waren unbestritten identisch seien und die überdurchschnittliche originäre Kennzeichnungskraft der Klagemarke durch die umfangreiche Benutzung im Markt gesteigert sei, bestehe bei dem relevanten Publikum Verwechslungsgefahr. Eine Schwächung der Kennzeichnungskraft durch benutzte Drittmarken sei nicht gegeben (vgl. Rechercheergebnisse, Anlage K 10).

Der Anspruch der Klägerin auf Auskunft und Rechnungslegung gegen die Beklagten … diene der Vorbereitung und Bezifferung des Schadensersatzanspruchs und bestehe nach Art. 102 Abs. 2 UMV i.V.m. §§ 19 Abs. 3, 125b Nr. 2 MarkenG i.V.m. §§ 242, 259 BGB. Der Schadensersatzanspruch folge aus Art. 102 Abs. 2 UMV i.V.m. §§ 14 Abs. 6, 125b Nr. 2 MarkenG, der Anspruch auf Rückruf und Vernichtung der rechtsverletzenden Erzeugnisse aus Art. 102 Abs. 2 UMV i.V.m. §§ 18 Abs. 1 und 2, 125b Nr. 2 MarkenG.

Da eine Rechtsverletzung zu bejahen sei, sei auch die vorprozessuale Abmahnung der Beklagten berechtigt gewesen. Die Kosten, die der Klägerin durch die Beauftragung ihrer Prozessbevollmächtigten entstanden seien, könne diese dementsprechend ersetzt verlangen (Art. 102 Abs. 2 UMV i.V.m. §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB). Der Anspruch bestehe in Höhe je einer 1,6 Geschäftsgebühr für den Rechtsanwalt und den mitwirkenden Patentanwalt aus einem Streitwert von 150.000,- Euro zzgl. Auslagenpauschale, mithin in Höhe von 5.665,60 Euro.

Zur Begründung ihres Hilfsanspruchs trägt die Klägerin vor, die angegriffene Comicfigur sei ohne Weiteres geeignet, den Verkehr in vermeidbarer Weise über die betriebliche Herkunft der mit dieser gekennzeichneten Waren zu täuschen (§ 4 Nr. 3 lit. a) UWG). An der erforderlichen wettbewerblichen Eigenart der klägerischen Comicfigur – in der Gestaltung, wie sie auf den klägerischen Produkten verwendet werde – bestehe angesichts der eindrucksvollen Marktdaten in Deutschland kein Zweifel. Wegen der übereinstimmenden Gestaltungsmerkmale liege die erforderliche Täuschung des Publikums auf der Hand. Die zusätzlichen Kennzeichen auf der Verpackung seien nicht geeignet, die aus der übereinstimmenden Comicfigur folgende Täuschung über die betriebliche Herkunft zu vermeiden. Außerdem nutze die angegriffene Comicfigur die Wertschätzung der Produkte der Klägerin auch in unlauterer Weise aus (§ 4 Nr. 3 lit. b) UWG).

Die offenkundigen Übereinstimmungen zwischen der klägerischen Produktaufmachung und der Produktgestaltung der Beklagten aufgrund der Verwendung nicht unterscheidbarer Comicfiguren habe zur Folge, dass das Publikum über die betriebliche Herkunft der Waren getäuscht werde. Damit handele es sich um eine unter Nr. 13 der Anlage zu § 3 Abs. 3 UWG fallende, per se irreführende Geschäftspraktik. Hierfür sei bedingter Vorsatz ausreichend.

Schließlich verstoße der Vertrieb der angegriffenen Produkte unter der gegnerischen. Comicfigur auch gegen § 5 Abs. 2 UWG. Nach dieser Bestimmung stelle die Hervorrufung von Verwechslungsgefahr mit der Ware oder Kennzeichnung eines Mitbewerbers eine unzulässige irreführende geschäftliche Handlung dar. Auch insofern bestünden vorliegend keine ernsthaften Zweifel.

In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ihren Unterlassungsantrag um sechs weitere Abbildungen der streitgegenständlichen Comicfigur erweitert (Bl. 68/71 d. A.).

Die Klägerin beantragt daher zuletzt:
 
I. Den Beklagten wird es bei Meldung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,- Euro – ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den jeweiligen Geschäftsführern, untersagt, im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union Käseprodukte unter Verwendung der nachstehend abgebildeten Comicfigur bzw. nachstehend ersichtlicher Abbildungen herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen, zu den genannten Zwecken zu besitzen oder ein- oder auszuführen,
 
[Abb.]
 
insbesondere wenn dies geschieht wie folgt:
 
HILFSWEISE:
 
Den Beklagten wird es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,- Euro – ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den jeweiligen Geschäftsführern, untersagt,
 
im geschäftlichen Vorkehr in der Bundesrepublik Deutschland Käseprodukte unter Verwendung der vorstehend abgebildeten Comicfiguren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu vertreiben.
 
II. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin bezüglich der gemäß Antragsziffer I in der Bundesrepublik Deutschland begangenen Handlungen unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses schriftlich und verständig Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, und zwar unter Angabe

1.
der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie der bezahlten Preise,

2.
der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen (und gegebenenfalls Produktbezeichnung) sowie die Namen und Anschriften der Abnehmer einschließlich der Verkaufsstellen, für welche die Erzeugnisse bestimmt waren,

3.
der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen (und gegebenenfalls Produktbezeichnung) sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

4.
der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

5.
der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, wobei
es den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von diesen zu benennenden, ihnen gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage darüber Auskunft zu erteilen, ob ein bestimmter Abnehmer in der Rechnungslegung enthalten ist;
den Beklagten zum Nachweis der Angaben gemäß Antragsziffer II 1 und 2 die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (Rechnungen oder Lieferscheine) in Kopie vorzulegen hat, wobei
geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen.
 
III. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die in der Bundesrepublik begangenen Handlungen gemäß Antragsziffer I entstanden ist oder noch entstehen wird.
 
IV. Die Beklagten werden verurteilt, die in, Antragsziffer I wiedergegebenen Erzeugnisse unter Hinweis auf die gerichtlich festgestellte Rechtsverletzung gegenüber den gewerblichen Abnehmern und Verkaufsstellen in der Bundesrepublik Deutschland zurückzurufen, mit der verbindlichen Zusage, etwaige Entgelte zu erstatten sowie die notwendigen Verpackungs- und Transportkosten zu übernehmen.
 
V. Die Beklagten werden verurteilt, in Bezug auf die Bundesrepublik Deutschland die unmittelbar oder mittelbar in ihrem Besitz oder Eigentum befindlichen Erzeugnisse gemäß der in Antragsziffer I wiedergegebenen Abbildungen zu vernichten oder an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben.
 
VI. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, der Klägerin die Kosten der vorprozessualen Abmahnung in Höhe von 5.665,60 Euro zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten.

Die Beklagten beantragen jeweils:
 
Klageabweisung.

Die Beklagten halten die Klage sowohl nach dem Hauptantrag als auch nach dem Hilfsantrag für unbegründet und widersprechen der Erweiterung des Klageantrags auf die in der mündlichen Verhandlung überreichten Bilder.

Die Beklagte zu 1) sei unstreitig alleinige Herstellerin und Vertreiberin des angegriffenen Produktes „Tolle Rolle“. Die Beklagte zu 2) habe unstreitig zu keiner Zeit dieses Produkt hergestellt, angeboten, in den Verkehr gebracht, besessen, ein- oder ausgeführt. Für diese Handlungen fehle es daher an jeglicher Wiederholungsgefahr oder Begehungsgefahr. Auch für die beantragten Auskünfte gemäß dem Klageantrag II. wäre es der Beklagten zu 2) unmöglich, irgendwelche Angaben zu machen. Die gegen die Beklagte zu 2) gerichtete Klage sei deshalb von vornherein abweisungsreif.

Die behaupteten Handelsumsätze, Stückzahlen, Werbeausgaben und erst recht die „Bruttoreichweite“ der Werbung würden mit Nachdruck bestritten. Im Übrigen erlaubten die von der Klägerin angegebenen Zahlen keine wertende Gewichtung im Verhältnis zu dem relevanten Gesamtmarkt, auf dem die Klägerin sich mit ihrem Produkt bewege. Im Vergleich zu dem Gesamtmarkt von z.B. Hartkäse seien die genannten Umsatzangaben und Werbeangaben völlig unbedeutend. Auch im Vergleich zu den konkurrierenden … sei der behauptete Umfang der Benutzung völlig unbedeutend. Fest stehe jedenfalls nach den klägerischen Angaben, dass deren Produkt mit der Comicfigur erst seit dem 4. Quartal 2014 auf dem Markt sei, damit also etwas mehr als zwei Jahre zum Zeitpunkt der Klageerhebung. Diese kurze Dauer spreche entscheidend dagegen, dass von einem erhöhten Schutzumfang der Klagemarke kraft Benutzung auszugehen wäre. Soweit die Klägerin eine Steigerung der Kennzeichnungskraft durch umfangreiche Benutzung in Anspruch nehme, fehle es für den Hauptantrag außerdem an einer Darlegung der umfangreichen Benutzung, in den anderen 27 EU-Mitgliedsstaaten außerhalb der Bundesrepublik Deutschland. Ohne diese Darlegung könne ein solcher Schutzumfang in diesen Ländern nicht in Anspruch genommen werden. Soweit es für die Verwechslungsgefahr in den Ländern außerhalb Deutschlands darauf ankommen sollte, sei die Klage daher unschlüssig.

Die Beklagten sind der Auffassung, die Klage sei gegen beide Beklagten abzuweisen, da es an jeglicher Verletzung der Klagemarke durch die Beklagten fehle: – Die Verwechslungsgefahr sei ausgeschlossen, wenn es an jeglicher Ähnlichkeit der Zeichen fehle; auch im Falle einer gesteigerten Kennzeichnungskraft sei dann die Verwechslungsgefahr zu verneinen. Eine klangliche Ähnlichkeit scheide bei dem reinen Bildzeichen der Klagemarke aus. In bildlicher Hinsicht seien die Zeichen aber deutlich verschieden, der Gesamteindruck sei aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs völlig unterschiedlich; den beiden Bildzeichen liege nur die gemeinsame „Idee“, das gemeinsame Motiv zugrunde, eine Comicfigur darzustellen. Die Idee oder dieses Motiv sei aber markenrechtlich durch die Klagemarke nicht geschützt, ein Motivschutz sei dem Markenrecht fremd. Die konkrete Form der Ausführung dieser Idee sei dagegen völlig verschieden und schließe jede bildliche Ähnlichkeit aus. Aus diesem Grund scheide auch eine gedankliche Ähnlichkeit aus, da die gedankliche Ähnlichkeit „Comicfigur“ nicht zur Begründung eines Motivschutzes führen dürfe (siehe dazu insbesondere S. 5/7 der Klageerwiderung, BL 33/35 d. A.). Es sei nicht angängig, dass der Klägervertreter den Vergleich der Zeichen auf bestimmte Bestandteile des Bildes des Maskottchens reduzieren und die aufgewickelte Rolle des Käsestreifens als beschreibenden Bestandteil weglassen wolle. Solche Überlegungen stelle der Durchschnittsverbraucher nicht .an. Eine „Mosaikbetrachtung“, wie die Klägerin sie vornehme, widerspreche dem Grundsatz, dass der Verbraucher ein Zeichen in der Regel als Ganzes wahrnehme und deshalb das Zeichen als Ganzes der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit zugrunde zu legen sei.

Darüber hinaus sei die originäre Kennzeichnungskraft der Klagemarke unterdurchschnittlich, auf dem Lebensmittelmarkt seien eine Vielzahl von Produktgestaltungen mit Kopf oder Figur einer Comicfigur in Benutzung (vgl. Produktabbildungen, Anlagen B 1 und B 4; Registerauszug, Anlage B 2; Internetausdruck, Anlage B 3). Des Weiteren seien Köpfe oder Comicfiguren insbesondere aus Zeichentrickfilmen für Kinder bekannt (vgl. Abbildungen, Anlage B 5). Die Darstellung des Kopfes einer Comicfigur in der Klagemarke sei deshalb ein allgemein gebräuchliches Werbe- oder Kennzeichenmittel insbesondere bei Produkten, die an Kinder gerichtet seien. Eine Steigerung der Kennzeichnungskraft durch umfangreiche Benutzung sei von der Klägerin nicht schlüssig dargelegt und bleibe bestritten. Die Kennzeichnungskraft der Klagemarke sei daher als unterdurchschnittlich zu bewerten.

Außerdem sei die Abbildung der Käseschnecke mit dem Comicgesicht in der angegriffenen Verpackung des Produktes „Tolle Rolle“ der Beklagten kein Zeichen, das geeignet sei, auf die Herkunft des Produktes von einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen. Es handele sich vielmehr um ein dekoratives Bildelement, um den angesprochenen Kindern ein lustiges Bild zu vermitteln und damit zum Verzehr des Produktes zu animieren. Der durchschnittliche Verbraucher sehe in dieser Abbildung keinen Herkunftshinweis.

Schließlich würden auch die behaupteten Verstöße gegen § 4 Nr. 3, § 3 Abs. 3 i.Vm. Nr. 13 der Anlage und § 5 UWG ausscheiden:

Soweit die Herkunftstäuschung auf das verwendete Bildelement bezogen sein solle, scheide eine solche Herkunftstäuschung bereits aus Rechtsgründen aus. Wenn markenrechtlich keine Ähnlichkeit vorliege, könne auch keine Herkunftstäuschung eintreten, da die Anwendung des UWG neben den markenrechtlichen Vorschriften nicht zu einem Wertungswiderspruch führen dürfe. Darüber hinaus seien die unmittelbare oder mittelbare Herkunftstäuschung auch durch die völlig unterschiedliche Aufmachung (Farben, Gestaltung) der Verpackung und die beiden sichtbar platzierten Marken „Mifkana“ und „Tolle Rolle“ ausgeschlossen.

Die Anwendung von Nr. 13 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG setze die Absicht voraus, über die betriebliche Herkunft zu täuschen. Für eine solche Absicht bestünden überhaupt keine Anhaltspunkte, ganz im Gegenteil, die unterschiedliche Gestaltung der Verpackung und auch des Produktes selbst (Käserolle statt länglichem Käsestreifen der Klägerin) schließe dies aus.

Ein Verstoß gegen § 5 Abs. 2 UWG sei von der Klägerin offensichtlich nicht ernst gemeint. Festzuhalten sei jedenfalls, dass § 3 und § 5 .UWG nur ein Verbot der Werbung ermöglichten, eine Handlung, die im den Klageanträgen gerade nicht angegriffen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze samt Anlagen und die Sitzungsniederschrift vom 14.11.2017 (Bl. 66/73 d. A.) Bezug genommen.

Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung Hinweise gegeben (Bl. 68/69 d. A.).

Entscheidungsgründe

A.
Die Klage ist zulässig, insbesondere stellt die in der mündlichen Verhandlung vorgenommene Erweiterung der Klageanträge keine Klageänderung im Sinne des § 263 ZPO dar (§ 264 Nr. 2 ZPO), mit der Folge, dass die Neufassung ohne Weiteres zulässig ist.

B.
Die Klage ist nicht begründet.

I.
Der von der Klägerin gegen die Beklagten geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus Art. 102 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Art. 9 Abs. 2 lit. b) UMV a. F. bzw. Art. 130 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Art. 9 Abs. 2 lit. b) UMV n. F. ist mangels Verwechslungsgefahr nicht gegeben. Aus diesem Grunde bestehen auch die weiter geltend gemachten Folgeansprüche auf Auskunftserteilung, Schadensersatzfeststellung, Rückruf, Vernichtung und Kostenerstattung nicht und war die Klage daher im Hauptantrag abzuweisen.

1.
Zwar scheitern kennzeichenrechtliche Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagten nicht schon daran, dass die beanstandete Zeichenvenwendung nicht markenmäßig erfolgt, sondern ist vielmehr mit der Klägerin davon auszugehen, dass der angesprochene Verkehr – zu dem auch die Kammermitglieder als normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher und zumindest potentielle Nachfrager der in Rede stehenden Käseprodukte gehören – das streitgegenständliche Bildzeichen jedenfalls auf der Produktverpackung als (weiteren) Herkunftshinweis auffassen.

a)
Eine rechtsverletzende Benutzung setzt nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH voraus, dass die spezifischen Interessen des Markeninhabers deshalb betroffen sind, weil die Benutzung durch den Dritten die Funktionen der Marke beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte, insbesondere ihre Hauptfunktion, d.h. die Gewährleistung der Herkunft der Waren oder Dienstleistungen gegenüber den Verbrauchern (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Auflage, § 14 Rdnr. 128 m.w.N.).

b)
Die Ursprungsgarantie als Hauptfunktion der Marke wird dann beeinträchtigt, wenn das Zeichen von dem Dritten für seine Waren oder Dienstleistungen in der Weise benutzt wird, dass die Abnehmer es als Herkunftskennzeichnung dieser Waren oder Dienstleistungen auffassen, wofür es genügt, dass die Benutzung auch nur den Eindruck aufkommen lässt, dass eine Verbindung im geschäftlichen Verkehr zwischen den betroffenen Waren und dem Markeninhaber besteht (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Auflage, § 14 Rdnr. 129 unter Verweis insbesondere auf EuGH GRUR 2003, 55 – Arsenal Football Club).

c)
Eine markenmäßige Verwendung in diesem Sinne ist mithin dann gegeben, wenn ein Zeichen im Rahmen des Produktabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen dient (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Auflage, § 14 Rdnr. 132 m.w.N.). Ob eine Zeichenverwendung vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden und daher im engeren Sinne markenmäßig verwendet wird, beurteilt sich nach dem Verständnis des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsabnehmers (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Auflage, § 14 Rdnr. 138). Die Einstufung als herkunftshinweisende Verwendung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass dem Zeichen vom Verkehr zusätzlich auch noch andere Funktionen oder Bedeutungen beigegeben werden. Es genügt vielmehr stets ein Verkehrsverständnis zumindest auch als Herkunftshinweis (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Auflage, § 14 Rdnr. 140 unter Verweis auf EuGH GRUR 2003, 55 -Arsenal Football Club). Einer Einstufung als markenverletzendem Gebrauch steht mithin nicht entgegen, dass das Zeichen auf dem Produkt des Dritten auch, aber nicht nur als Verzierung aufgefasst wird (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Auflage, § 14 Rdnr. 205 mit Verweis auf EuGH GRUR Int. 2004, 121 – Adidas-Salomon und Adidas Benelux sowie auf EuGH GRUR 2008, 503 – adidas und adidas Benelux) insbesondere schließt eine Integration in die Produktaufmachung eine zumindest auch kennzeichenmäßige Verwendung nicht aus (vgl. OLG München GRUR-RR 2002, 57 – Benetton Slide).

Der Begriff des im engeren Sinne markenmäßigen Gebrauchs ist im Interesse eines umfassenden Kennzeichenschutzes grundsätzlich weit zu fassen; es genügt bereits die objektive, nicht völlig fernliegende Möglichkeit, dass der Verkehr einen Herkunftshinweis annimmt. Ob der Verwender subjektiv die betriebliche Herkunft kennzeichnen wollte oder mit einem solchen Verständnis rechnete, ist dagegen bedeutungslos. Nur wenn das Zeichen zweifelsfrei nicht in diesem Sinne als betriebliches Herkunftszeichen aufgefasst wird, ist ein markenmäßiger Gebrauch zu verneinen (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Auflage, § 14 Rdnr. 143 ff.).

d)
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist eine markenmäßige Verwendung des von der Klägerin beanstandeten Zeichens auf der Produktverpackung des von der Beklagten zu 1) hergestellten und vertriebenen Erzeugnisses „Tolle Rolle“ zu bejahen. Denn die streitgegenständliche Comicfigur ist prominent an der Verpackungsvorderseite angebracht und damit an einer Position, an der bei Lebensmittelverpackungen typischerweise Herkunftshinweise angebracht werden, nämlich weil die Kennzeichnung an dieser Stelle bei der Präsentation im (Kühl)-Regal stets präsent und gut sichtbar bleibt. An diese überaus gängige Kennzeichnungspraxis ist der angesprochene Verkehr gewöhnt.

Hieran vermag auch die Tatsache, dass auf der streitgegenständlichen Käseverpackung weitere Kennzeichnungen, wie etwa „MILKANA“ oder „Tolle Rolle!“, angebracht sind, nichts zu ändern. Denn der maßgebliche Verkehr ist – wie nicht zuletzt die von den Beklagten als Anlage B 4 vorgelegte Produktübersicht illustriert – gerade im Lebensmittelbereich daran gewöhnt, dass die Hersteller ihre Produkte nicht nur mit ihren Wortzeichen, sondern nicht zuletzt um eines schnellen Wiedererkennungswertes willen blickfangmäßig auch mit weiteren kennzeichnungskräftigen Bildelementen versehen, weshalb er das von der Klägerin angegriffene graphische Element als Zweitbzw. Drittmarke und damit als markenmäßig benutzt wahrnimmt.

2.
Zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen besteht jedoch keine Verwechslungsgefahr im kennzeichenrechtlichen Sinne.

a)
Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (st. Rspr., vgl. nur EuGH GRUR 1998, 922 – Canon).

b)
Die Klagemarke ist für die hier maßgeblichen Waren „Käse und Erzeugnisse aus Käse“ von Haus aus durchschnittlich kennzeichnungskräftig. Eine Steigerung der Kennzeichnungskraft infolge intensiver Benutzung ist für die Bundesrepublik Deutschland oder gar das Gebiet der Europäischen Union nicht hinreichend dargetan. Wie mit den Parteien bereits in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörtert, sind die von der Klägerin in diesem Zusammenhang vorgetragenen – und von den Beklagten bestrittenen – Zahlen nicht hinreichend aussagekräftig, weil die für eine Steigerung der Kennzeichnungskraft ihrer Klagemarke darlegungs- und beweisbelastete Klägerin es unterlässt, Vergleichszahlen für Konkurrenzprodukte wie etwa den …zu nennen, und weil von den bloßen Umsatzzahlen eines Produktes nicht zwingend auf das Maß der Kennzeichnungskraft der dieses kennzeichnenden Marke geschlossen werden kann. Umgekehrt ist aber auch eine Schwächung der Kennzeichnungskraft der Klagemarke durch im engeren Ähnlichkeitsbereich liegende, benutzte Drittzeichen von den hierfür darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten nicht hinreichend dargetan, so dass es beim Ausgangspunkt normaler originärer Kennzeichnungskraft (vgl. dazu Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Auflage, § 14 Rdnr. 532) der Klagemarke zu verbleiben hat.

c)
Die sich gegenüberstehenden Waren, nämlich Käseprodukte, sind identisch.

d)
Zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen

 
[Abb.]
 
und
 
[Abb.]
 
auch in den nachfolgend wiedergegebenen Ausführungsformen
 
[Abb.]
 
besteht absolute Zeichenunähnlichkeit im Rechtssinne:

aa)
Hinsichtlich des Grades der Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Zeichen ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Vergleichszeichen dem angesprochenen Verkehr, also dem normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher, vermitteln (vgl. EuGH GRUR Int 2004, 843 – MATRATZEN; EuGH GRUR 2007, 700 – HABM/Shaker; EuGH GRUR Int 2010, 129 – Carbonell/La Espanola; EuGH GRUR 2010, 1098 – Calvin Klein/HABM; BGH, GRUR 2011, 148 -Goldhase II; BGH, GRUR 2010, 833 – Malteserkreuz II). Eine künstlich zergliedernde, analysierende Betrachtungsweise ist zu vermeiden, weil auch eine größere Anzahl von Übereinstimmungen im Einzelnen nicht notwendig zu einem übereinstimmenden Gesamteindruck führen muss. Der Verkehr nimmt eine Marke regelmäßig so auf, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (st. Rspr., vgl. nur EuGH GRUR 1998, 387 – Sabel/Puma).

bb)
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist eine auch nur geringe Zeichenähnlichkeit im Rechtssinne wegen der bestehenden augenfälligen und überdeutlichen Zeichenunterschiede zu verneinen. Denn schon auf den ersten Blick erkennt der angesprochene Verkehr, dass es sich bei der Klagemarke um einen an dessen oberen Ende ausgefransten Streifen handelt, wohingegen das angegriffene Zeichen eine aufgerollte Schnecke darstellt. Hinzu kommen weitere, deutlich sichtbare Unterschiede zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen, nämlich die „Haare“ bei der Klagemarke, die im angegriffenen Zeichen gänzlich fehlen, sowie die prägnanten Augenbrauen und die vorderen Extremitäten (nämlich Arme samt gestikulierenden Greifhänden) im angegriffenen Zeichen, die wiederum bei der Klagemarke nicht vorhanden sind. Demgegenüber treten die Übereinstimmungen in der – bei einer Bewerbung von Käseprodukten wenig überraschenden – gelblichen Farbgebung und in der – gleichermaßen üblichen wie alltäglichen – comicartigen Gesichts- und Mimikgestaltung absolut in den Hintergrund und fallen daher nicht ins Gewicht.

cc)
Dass dies letztlich auch die Klägerin so sieht, zeigt deren Bemühen, die „Rolle“ im angegriffenen Zeichen als nicht zu berücksichtigenden Zeichenbestandteil zu klassifizieren und den Zeichenvergleich auf nur einen Teil der angegriffenen Gestaltung zu beschränken. Damit kann sie jedoch im Ergebnis nicht durchdringen:

Zwar schließt es die Prämisse, dass die sich gegenüberstehenden Kennzeichen jeweils als Ganzes zu betrachten und in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen sind, nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile eines komplexen Zeichens für den durch das Kennzeichen im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (vgl. BGH GRUR 2013, 833 – Culinaria / Villa Culinaria m.w.N., insbesondere auf EuGH GRUR 2005, 1042 – THOMSON LIFE). Weiter ist möglich, dass ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke oder eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen wird, eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung dominiert oder prägt. Bei Identität oder Ähnlichkeit dieses selbständig kennzeichnenden Bestandteils mit einem Zeichen älteren Zeitrangs kann Verwechslungsgefahr zu bejahen sein, weil dadurch bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen werden kann, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (vgl. BGH GRUR 2013, 833 – Culinaria / Villa Culinaria m.w.N., insbesondere auf EuGH GRUR 2005, 1042 -THOMSON LIFE). Bestimmen jedoch sämtliche Bestandteile einer zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung den Gesamteindruck der Marke oder Kennzeichnung gleichermaßen, weil keiner dieser Bestandteile das Erscheinungsbild der Marke oder Kennzeichnung dominiert oder prägt, führt dies nicht dazu, dass diese Bestandteile eine selbständig kennzeichnende Stellung haben. Vielmehr müssen besondere Umstände vorliegen, die es rechtfertigen, in einem zusammengesetzten Zeichen einzelne oder mehrere Bestandteile als selbständig kennzeichnend anzusehen. Andernfalls würde die Regel, dass bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr die fraglichen Marken jeweils als Ganzes miteinander zu vergleichen sind, weil im Normalfall der Durchschnittsverbraucher eine Marke als Ganzes wahrnimmt, zur Ausnahme, und die Ausnahme, dass ein Bestandteil eines zusammengesetzten Zeichens eine selbständig kennzeichnende Stellung in dem zusammengesetzten Zeichen einnimmt, ohne aber darin den dominierenden Bestandteil zu bilden, zur Regel (vgl. BGH GRUR 2013, 833 – Culinaria / Villa Culinaria m.w.N., insbesondere auf EuGH GRUR 2005, 1042 -THOMSON LIFE).

Für den hier zu entscheidenden Fall bedeutet dies Folgendes: Das von den Beklagten verwendete Zeichen begegnet dem angesprochenen Verkehr als ein^ einheitliches Zeichen, nämlich als aufgerollte Schnecke, und nicht als Abbildung des so beworbenen Käseprodukts („Käserolle“), auf dem ein weiteres Zeichen („Streifen mit Gesicht“) angebracht ist. Denn die angegriffene Darstellung erscheint mit dem der Wölbung der übrigen Rolle folgenden vorderen Ende und den sog. „Speedlines“ als eine dynamisierte Gesamtbewegung, zu der auch und gerade das Gesicht als untrennbarer Bestandteil gehört. Weil der angesprochene Verkehr aber keinerlei Veranlassung hat, das angegriffene Zeichen künstlich in zwei Bestandteile, nämlich „Streifen mit Gesicht“ plus „Rolle“, aufzuspalten, kann eine selbständig kennzeichnende Stellung des ersteren im angegriffenen Zeichen nicht angenommen werden. Weil darüber hinaus die Klägerin keinen Schutz der in Rede stehenden Gestaltung ihres „Streifens“ als Serienbestandteil beanspruchen kann, bleibt es bei dem Grundsatz, dass die sich gegenüberstehenden Zeichen in ihrem Gesamteindruck zu vergleichen sind. Dann aber scheidet jegliche Zeichenähnlichkeit im Rechtssinne aus, denn ein Pinsel ist keine Schnecke, und bloße Übereinstimmungen im (comicartigen) Stil der Darstellung können einen Motivschutz keinesfalls begründen (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Auflage, § 14 Rdnr. 968 mit Verweis auf BPatG Beschluss vom 10.12.2009, Az. 30 W (pat) 77/09 -laufender Chinese = BeckRS 2010, 03238).

e)
Infolge der überaus deutlichen Zeichenunterschiede, die zu einer absoluten Zeichenunähnlichkeit im kennzeichenrechtlichen Sinne führen, ist eine unmittelbare wie auch eine nur mittelbare Verwechslungsgefahr trotz der bestehenden Warenidentität selbst bei – unterstellter – Annahme einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der Klagemarke zu verneinen. Auf die zwischen den Parteien streitigen weiteren Fragen wie etwa der Passivlegitimation der Beklagten zu 2), und ob die Beklagte(n) das angegriffene Zeichen auch isoliert (markenmäßig) verwendet haben, kommt es daher nicht an.

II.
Lauterkeitsrechtliche Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagten bestehen ebenfalls nicht, weshalb die Klage auch im Hilfsantrag abzuweisen war.

1.
Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagten aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz gemäß § 4 Nr. 3 a) und b) UWG sind nicht gegeben, weil das beanstandete Zeichen die Klagemarke nicht nachahmt und daher weder eine Herkunftstäuschung herbeizuführen (§ 4 Nr. 3 a) UWG) noch die Wertschätzung der Klagemarke unangemessen auszunutzen oder zu beeinträchtigen (§ 4 Nr. 3 b) UWG) vermag. Insoweit dürfen die Wertungen des Kennzeichenrechts (siehe oben I.) nicht unterlaufen werden (vgl. dazu Köhler/Bornkamm/Köhler, UWG, 35. Auflage, § 4 Rdnr. 3.9). Auf einen Produktvergleich stützt sich die Klägerin zur Begründung ihrer behaupteten lauterkeitsrechtlichen Ansprüche nicht.

2.
Aus denselben Gründen scheiden auch Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagten aus § 5 Abs. 2 UWG aus. Auch bei der Prüfung des lauterkeitsrechtlichen Verwechslungsschutzes sind die Wertungen des Kennzeichenrechts (siehe oben I.) zu beachten: Liegt keine markenrechtliche Verwechslungsgefahr vor, fehlt auch die Verwechslungsgefahr im Sinne von § 5 Abs. 2 UWG (vgl. dazu Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 35. Auflage, § 5 Rdnr. 9.8 und 9.9).

3.
Für Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagten aus § 3 Abs. 3 UWG i.V.m. Nr. 13 der Anlage zu § 3 Abs. 3 UWG fehlt es schon an der Darlegung einer … hierfür erforderlichen Täuschungsabsicht der Beklagten (vgl. dazu Köhler/Bornkamm/Köhler, UWG, 35. Auflage, Anh. zu § 3 III UWG Rdnr. 13.7).

C.
Soweit der nachgereichte Schriftsatz des Klägervertreters vom 05.12.2017 neuen Sachvortrag enthält, der über eine Stellungnahme auf etwaigen neuen Sachvortrag im Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 06.11.2017 hinausgeht und daher nicht mehr vom Schriftsatznachlass gedeckt ist, war er gemäß § 296a ZPO nicht mehr zu berücksichtigen (Zöller/Greger, ZPO, 31. Auflage, § 132 Rdnr. 4), eine Wiedereröffnung der Verhandlung nach § 156 ZPO hinsichtlich des neuen Vortrags war nicht geboten (vgl. auch BGH NJW 2000, 142 f. und Zöller/Greger, ZPO, 31. Auflage, § 156 Rdnr. 4).

D.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 709 S. 1 und 2 ZPO.