KG Berlin, Beschluss vom 27.10.2015, Az. 5 W 216/15
§ 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG
Lesen Sie unsere Kurzbesprechung der wesentlichen Aspekte der Entscheidung (hier). Den vollständigen Text der Entscheidung finden Sie nachfolgend:
Kammergericht Berlin
Beschluss
1.
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Zivilkammer 15 des Landgerichts Berlin vom 25. September 2015 – 15 O 423/15 – wird zurückgewiesen.
2.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 50.000 €.
Gründe
A.
Die gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 1, § 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist nicht begründet, §§ 935, 940 ZPO. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht im angefochtenen Beschluss einen kennzeichenrechtlichen Unterlassungsanspruch der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin aus der Marke „ATTACK“ der Antragstellerin verneint und den Eilantrag daher insoweit zurückgewiesen, § 14 Abs. 2 Nr. 2 Nr. 3 MarkenG.
I.
Soweit das Landgericht im angefochtenen Beschluss auch die auf eine Verletzung ihrer Marke „Body Attack“ und ihres entsprechenden Firmenschlagwortes gestützten Unterlassungsansprüche der Antragstellerin zurückgewiesen hat, war dies verfahrensrechtlich nicht veranlasst. Die Antragstellerin hatte mit Schriftsatz vom 15.9.2015 (dort Seite 3, Blatt 15 der Akten) den Streitgegenstand auf ihre Marke „ATTACK“ beschränkt und die hilfsweise geltend gemachten Anträge hinsichtlich der vorgenannten weiteren Kennzeichenrechte zurückgenommen.
II.
Der gemäß § 14 Abs. 5 Satz 1 MarkenG auf Wiederholungsgefahr gestützte markenrechtliche Unterlassungsanspruch besteht schon deshalb nicht, weil die insoweit von der Antragstellerin zu Grunde gelegte Verletzungshandlung (Website der Fernsehserie „Gute Zeiten Schlechte Zeiten“ sowie der dazugehörige Facebook-Account – Anlage GDM 13) mangels eines markenmäßigen Gebrauchs die Anwendung des § 14 Abs. 2 Nr. 2 Nr. 3 MarkenG nicht eröffnet.
1.
Die Feststellung einer Markenbenutzung im Sinne einer Verletzungshandlung nach § 14 Abs. 2 Nr. 2, Nr. 3 MarkenG setzt voraus, dass die Verwendung der angegriffenen Bezeichnung oder Gestaltungsform markenmäßig erfolgt, also im Rahmen des Produktabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Ware eines Unternehmens von denen anderer dient (BGH, GRUR 2005, 414, juris Rn. 18 mwN – Russisches Schaumgebäck). Die Ausübung des Markenrechts ist grundsätzlich auf Fälle beschränkt, in denen die Benutzung des Zeichens durch einen Dritten die Funktionen der Marke und insbesondere ihre Hauptfunktion, die Herkunft der Waren gegenüber den Verbrauchern zu gewährleisten, beeinträchtigen kann. Ist dies nicht der Fall, kann der Inhaber einer Marke die Benutzung einer identischen oder ähnlichen verwechslungsfähigen Bezeichnung nicht verbieten (BGH, GRUR 2005, 419, juris Rn. 43 – Räucherkate, m.w.N.). Die Frage einer markenmäßigen Benutzung einer Bezeichnung bestimmt sich nach der Auffassung des Verkehrs, und zwar eines durchschnittlich informierten, verständigen und aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers (BGH, a.a.O., Räucherkate, juris Rn. 44, m.w.N.).
Die Abbildung von Namen, Wappen und/oder Siegel einer Einrichtung auf T-Shirts erfolgt nicht namensmäßig oder markenmäßig, wenn sie ausschließlich zu dem Zweck verwendet wird, damit bestimmte eigene Warenkategorien zu schaffen, deren Wertschätzung (und Verkaufserfolg) darauf beruht, dass sie den Träger der Kleidungsstücke in irgendeine Beziehung zur Einrichtung setzen oder dass sie dem Erwerber infolge des Aufdrucks einfach besonders attraktiv oder originell verziert erscheinen (BGH, GRUR 1993, 151, juris Rn. 28 – Universitätsemblem).
Die Antwort auf die Frage, ob der Verkehr ein auf der Vorderseite eines Bekleidungsstücks angebrachtes Motiv als produktbezogenen Hinweis auf die Herkunft oder als bloßes dekoratives Element auffasst, kann nach der Art und der Platzierung des Motivs variieren. Denn anders als bei eingenähten Etiketten auf der Innenseite von Bekleidungsstücken geht der Verkehr bei Wörtern und Symbolen, die auf der Vorderseite von Bekleidungsstücken angebracht sind, nicht generell davon aus, es handele sich um einen Herkunftshinweis. Ob dies der Fall ist, bedarf vielmehr einer Beurteilung im jeweiligen Einzelfall. Der Verkehr wird Bezeichnungen, die ihm als Produkthinweis für Bekleidungsstücke bekannt sind, ebenfalls als Herkunftshinweis auffassen, auch wenn sie auf der Außenseite der Kleidung angebracht sind. Zeichen, die dem Verkehr, wenn auch in anderem Zusammenhang bekannt sind, wird er häufig ebenso als Kennzeichen ansehen. Entsprechendes gilt für Fantasiebezeichnungen oder Bildzeichen, wie sie vielfach von Unternehmen zur Kennzeichnung von Bekleidungsstücken außen auf der Kleidung verwandt werden (BGH, GRUR 2010, 838, TZ. 20 – DDR-Logo; GRUR-RR 2010, 359, TZ. 20 – CCCP).
An einem kennzeichenmäßigen Gebrauch fehlt es insbesondere dann, wenn die verwendete Wortfolge aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH, GRUR 2006, 850 TZ 19 – Fußball WM 2006; GRUR 2010, 1100 TZ 20 – TOOOR!). Dies gilt insbesondere für typische, insbesondere auf eine originelle Selbstdarstellung angelegte „Fun-Sprüche“, die als charakteristisches Ausstattungselement integraler Bestandteil von Waren sind und so verstanden werden (BPatG, Beschluss vom 1.7.2014, 27 W (pat) 521/14, juris Rn. 15 – MIR REICHT’S. ICH GEH SCHAUKELN). Bekleidungsstücke, vorrangig T- oder Sweat-Shirts, dienen herkömmlich neben anderen Zwecken auch als Kommunikationsmittel, vor allem als Werbefläche, als Erkennungszeichen (etwa mit Vereins- oder Schulsymbolen) sowie als Medium politischer (etwa „NO WAR“ oder „Atomkraft? Nein danke“) oder sonstiger – insbesondere selbst-/ironischer oder lustig gemeinter – Äußerungen (vergleiche Reclam’s Mode- und Kostümlexikon, 5. Auflage, Seite 487 „T-Shirt“). Insbesondere als Bekleidungsmotiv aufgetragene „Fun-Sprüche“ oder andere bekenntnishafte Aussagen, die von Dritten als persönliche Äußerung der in dieser Weise bekleideten Person aufgefasst werden sollen, sind dem Publikum als bloßes dekoratives Element vertraut (BPatG, aaO, juris Rn. 16; OLG Köln, WRP 2014, 204 juris Rn. 23 – Dreiecksmuster; OLG Hamburg, GRUR-RR 2009, 300 – Aufdruck „Mit Liebe gemacht“; BeckRS 2009, 18504 – Zicke; Senat, MarkenR 2011, 560 juris Rn. 12). Derartige Meinungsäußerungen dürfen grundsätzlich nicht über das Markenrecht zu Gunsten eines Unternehmens monopolisiert werden.
2.
Vorliegend hat die Antragsgegnerin auf den im Internet angebotenen T-Shirts den Aufdruck „Tussi ATTACK“ zu rein beschreibenden Zwecken benutzt.
a)
Der Aufdruck ist dem Verkehr weder als Marke noch als Unternehmenskennzeichen bekannt. Dies gilt ebenso hinsichtlich der darin enthaltenen Marke „ATTACK“ der Antragstellerin.
Dieser Marke kommt für Bekleidungsstücke/T-Shirts eine originär durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu, da sie für diese Waren keinen beschreibenden Inhalt oder auch nur Anklang hat. Eine Bekanntheit der Marke der Klägerin (und damit auch eine Steigerung der Kennzeichnungskraft) hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung verneint. Dem ist die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde nicht mehr entgegengetreten. Erstinstanzlich hat sie eine Steigerung der Kennzeichnungskraft durch Benutzung auch nur hinsichtlich ihrer Kennzeichen „Body Attack“ geltend gemacht. Sie wendet sich mit ihren Angeboten und ihrer Werbung zudem vornehmlich an sportlich interessierte Verbraucher und damit nur an einen Teilbereich der vom Angebot der Antragsgegnerin allgemein angesprochenen Verbraucher.
b)
Den Aufdruck „Tussi ATTACK“ auf T-Shirts versteht der angesprochene Durchschnittsverbraucher als selbstironische Anspielung.
Die Wendung „Tussi“ steht salopp, oft abwertend für eine weibliche Person, insbesondere eine Freundin oder Geliebte (Online-Wörterbuch Duden zu diesem Begriff, Anlage GDM 17). Das Wort „ATTACK“ wird auch im deutschen Sprachraum ohne weiteres als Attacke, Angriff oder Überfall verstanden. Während dieses Wort eine eher kämpferische Haltung des Trägers eines damit bedruckten T-Shirts zum Ausdruck bringt, deutet die Wendung „Tussi“ gegenläufig vornehmlich auf einen unmoralischen Charakterzug hin. Eine weibliche Person bezeichnet sich selbst regelmäßig nicht – jedenfalls nicht ohne Selbstironie – als „Tussi“. Auf der Gegenläufigkeit ihrer Inhalte beruht der Sprachwitz der Wortfolge „Tussi ATTACK“. Es liegt auf der Hand, dass ein solcher Aufdruck maßgeblich weibliche Personen (als Träger derart bedruckter T-Shirts) anspricht. Weitergehendes macht auch die Antragstellerin nicht geltend. Selbst bei einem männlichen Träger derart bedruckter T-Shirts enthält die Wortfolge eine auf den Träger bezogene Sinnhaftigkeit (etwa im Sinne eines aggressiven Herangehens an Frauen des Typs Tussi).
Der Aufdruck „Tussi ATTACK“ befindet sich plakativ auf der Brustseite der T-Shirts (und nicht etwa nur dezent auf der linken Brustseite, vergleiche Senat, MarkenR 2011, 560 juris Rn. 12 – Held der Arbeit).
Unter diesen Umständen versteht der Durchschnittsverbraucher den Aufdruck sinnhaft als selbstironische, schillernde, lustig gemeinte Meinungsäußerung des Trägers des T-Shirts und damit allein als ein dekoratives Element des Bekleidungsstücks.
3.
Auch die weitergehenden Angaben „’Tussi Attack’-Shirts“ im streitgegenständlichen Internetauftritt der Antragsgegner für die beworbenen T-Shirts haben aus der Sicht des angesprochenen Durchschnittsverbrauchers keine die Herkunft der T-Shirts kennzeichnende Bedeutung. Im gegebenen Zusammenhang mit den abgebildeten T-Shirts werden diese nur beschreibend wiedergegeben (T-Shirts mit dem Aufdruck „Tussi Attack“), zumal in der Angabe ihrerseits „Tussi Attack“ zitierend in Anführungszeichen gesetzt ist. Auch der weitere Inhalt auf der Website und bei Facebook verhält sich allein zu einem Design dieser Wortfolge „Tussi Attack“.
III.
Der von der Antragstellerin gemäß § 14 Abs. 5 Satz 2 MarkenG auf Erstbegehungsgefahr gestützte Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 2 Nr. 2, Nr. 3 MarkenG (wegen der Anmeldung und Eintragung der Marke „Tussi Attack“ für die Antragsgegnerin) hat mangels einer hinreichenden Verwechslungsgefahr und einer Bekanntheit ebenfalls keinen Erfolg.
1.
Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr und eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne (wirtschaftliche Verbindung) scheiden angesichts der nur geringen Zeichenähnlichkeit aus.
a)
Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit sind die sich gegenüberstehenden Kennzeichen jeweils als Ganzes zu betrachten und in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen. Das schließt es nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile eines komplexen Zeichens für den durch das Kennzeichen im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können. Weiter ist möglich, dass ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke oder eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen wird, eine selbstständig kennzeichnende Stellung behält, ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung dominiert oder prägt. Bei Identität oder Ähnlichkeit dieses selbständig kennzeichnenden Bestandteils mit einem Zeichen älteren Zeitraums kann Verwechslungsgefahr zu bejahen sein, weil dadurch bei den angesprochenen Verkehrkreisen der Eindruck hervorgerufen werden kann, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (BGH, GRUR 2013, 833 TZ 45 mwN – Culinaria/Villa Culinaria).
b)
Vorliegend hat der angesprochene Verkehr keinen Anlass, die Wortfolge „Tussi Attack“ als ein aus zwei Marken zusammengesetztes Kennzeichen zu verstehen. Dies gilt schon deshalb, weil sie nach ihrem Wortsinn – wie erörtert – aufeinander bezogen sind.
c)
Die Wendung „Attack“ dominiert nicht die Wortfolge „Tussi Attack“.
Der Begriff „Tussi“ ist für die hier in Rede stehenden Waren mangels eines beschreibenden Inhalts oder Anklangs ebenfalls originär durchschnittlich kennzeichnungskräftig. Auch wenn der Begriff „Tussi“ den Angriff/Überfall („Attack“) näher beschreibt und eingegrenzt (als ein Angriff/Überfall gerade durch den Frauentyp „Tussi“), behält er doch schon deshalb einen eigenständigen Aussagegehalt, weil er – wie erörtert – einen gegenläufigen Sinngehalt hat und so ein Spannungsverhältnis zwischen beiden Bestandteilen der Wortfolge besteht. Wegen des eher abwertenden Sinngehalts ist der Begriff „Tussi“ als Bestandteil einer Marke zudem ungewöhnlich und er verbleibt daher um so mehr im Gedächtnis. Der Begriff „Attack“ prägt daher die Wortfolge „Tussi Attack“ weder allein noch auch nur maßgeblich mit.
d)
Die Wendung „Attack“ hat in der Gesamtbezeichnung „Tussi Attack“ ebenso wenig eine selbstständig kennzeichnende Stellung derart, dass der angesprochene Verkehr – wegen der Übereinstimmung der Kennzeichen in der übernommenen Wendung „Attack“ – davon ausgehen könnte, die fraglichen Waren und Dienstleistungen könnten jedenfalls aus wirtschaftlich oder organisatorisch miteinander verbundenen Unternehmen stammen.
aa)
Allein der Umstand, dass sämtliche Bestandteile einer zusammengesetzten Marke ihren Gesamteindruck gleichermaßen bestimmen, weil keiner dieser Bestandteile das Erscheinungsbild der Marke dominiert oder prägt, führt nicht dazu, dass diese Bestandteile eine selbständig kennzeichnende Stellung haben. Vielmehr müssen besondere Umstände vorliegen, die es rechtfertigen, in einem zusammengesetzten Zeichen einzelne oder mehrere Bestandteile als selbständig kennzeichnend anzusehen. Andernfalls würde die Regel, dass bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr die fragliche Marken jeweils als Ganzes miteinander zu vergleichen sind, weil im Normalfall der Durchschnittsverbraucher eine Marke als Ganzes wahrnimmt, zur Ausnahme, und die Annahme, dass ein Bestandteil eines zusammengesetzten Zeichens eine selbstständig kennzeichnende Stellung in dem zusammengesetzten Zeichen einnimmt, ohne aber darin den dominieren Bestandteil zu bilden, zur Regel (BGH, GRUR 2013, 833 TZ 50 mwN – Culinaria/Villa Culinaria).
bb)
Ein besonderer Umstand, der es rechtfertigen kann, in einem zusammengesetzten Zeichen einen Bestandteil als selbstständig kennzeichnend anzusehen, liegt vor, wenn eine ältere Marke von einem Dritten in einem zusammengesetzten Zeichen benutzt wird, das die Unternehmensbezeichnung dieses Dritten enthält; in einem solchen Fall kann die ältere Marke in dem zusammengesetzten Zeichen eine selbstständig kennzeichnende Stellung behalten, ohne aber darin den dominieren Bestandteil zu bilden (BGH, aaO, Culinaria/Villa Culinaria, TZ 51). Der Verkehr wird in dem ihm bekannten oder für ihn zumindest erkennbaren Unternehmenskennzeichen den Unternehmenshinweis und in dem weiteren Bestandteil den eigentlichen Produkthinweis sehen (BGH, GRUR 2008, 905 TZ 38 – Pantohexal).
Eine solche Fallgestaltung liegt hier hinsichtlich des Kennzeichenbestandteils „Tussi“ nicht vor. Dieser ist erkennbar keine Unternehmensbezeichnung.
e)
Auch sonstige besondere Umstände für die Annahme einer derartigen selbstständig kennzeichnenden Stellung des Zeichenbestandteils „Attack“ sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Dass die Antragsgegnerin ihre Marke „Tussi Attack“ hinsichtlich des Bestandteils „Attack“ etwa in mehreren Abwandlungen im Sinne eines Serienzeichens verwendet (vergleiche BGH, GRUR 2008, 258 TZ 33 – Interconnect/T-InterConnection; GRUR 2012, 635 TZ 31 – Metro/Rollers Metro), behauptet auch die Antragstellerin nicht.
Wird einem älteren Kennzeichen mit einer normalen Kennzeichnungskraft ein Bestandteil mit einer deutlich geringeren Kennzeichnungskraft beigefügt, so dass er als Zusatz zum älteren Kennzeichen erscheint, können Verbraucher zwar Veranlassung haben, in dem hinzugefügten Bestandteil nur die Bezeichnung einer bestimmten Produktserie (besondere Ausstattungslinie) des älteren Kennzeichens oder die Bildung einer Untermarke der älteren Marke zu sehen (EUG, GRUR Int 2005, 583 TZ 46 – Jello Schuhpark; BGH, GRUR 2008, 1002 TZ 36 – Schuhpark). Dem steht vorliegend aber schon die – wie erörtert – gleichermaßen hohe Kennzeichnungskraft des hinzugefügten Bestandteils „Tussi“ entgegen, zumal er in einem besonderen Maß geeignet ist, im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise zu verbleiben.
f)
Unter diesen Umständen scheiden – trotz einer Waren-/Dienstleistungsidentität in den eingetragenen Produktbereichen beider Kennzeichen der Parteien sowie einer durchschnittlichen originären Kennzeichnungskraft des Kennzeichens der Antragstellerin – sowohl eine unmittelbare Verwechslungsgefahr als auch eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne infolge einer Übereinstimmung in einem selbstständig kennzeichnenden Kennzeichenbestandteil aus.
2.
Eine mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt eines Serienzeichens der Antragstellerin macht diese nicht geltend. Auch ihr übriger Vortrag legt eine solche Verwechslungsgefahr nicht nahe.
a)
Die Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens greift dann ein, wenn die einander gegenüberstehenden Zeichen in einen Bestandteil übereinstimmen, den der Verkehr als Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens sieht und deshalb die nachfolgenden Bezeichnungen, die einen wesensgleichen Stamm aufweisen, dem gleichen Zeicheninhaber zuordnet. Die Rechtsprechung zum Serienzeichen beruht auf der im Verkehr bekannten Übung einzelner Unternehmen, sich eines Stammzeichens für alle ihre Waren zu bedienen und dieses – dabei als solches erkennbar bleibende – Stammzeichen für einzelne Warenarten zu deren Kennzeichnung abzuwandeln. Anlass zu einer solchen Schlussfolgerung kann für den Verkehr insbesondere dann bestehen, wenn ein Unternehmen mit demselben Wortstamm innerhalb mehrerer Zeichen bereits im Verkehr aufgetreten ist, insbesondere, wenn es den Stammbestandteil auch als Firmenschlagwort benutzt (BGH, GRUR 2002, 542 juris Rn. 36 – BIG).
b)
Vorliegend verfügt die Antragstellerin mit ihren Marken „Attack“ und „Body Attack“ zwar über zwei Marken mit einem übereinstimmenden Bestandteil. Dies ist aber schon nur die kleinste denkbare Markenfamilie. Darüber hinaus führt die Antragstellerin als Unternehmensschlagwort gerade nicht den gemeinsamen Bestandteil „Attack“, sondern die Abwandlung „Body Attack“. Dies spricht dagegen, dass allein der Bestandteil „Attack“ der identitätsstiftende Kern der Kennzeichen der Antragstellerin sein soll. Im Übrigen hat die Antragstellerin eine umfangreiche Benutzung nur hinsichtlich ihrer Marke und ihres Firmenschlagwortes „Body Attack“ vorgetragen, nicht aber auch hinsichtlich der Marke „Attack“, die allein den Stammbestandteil einer Zeichenserie begründen könnte. Der angesprochene Verkehr hat daher vorliegend keinen Anlass, aus einem ihm bekannten Stammbestandteil und einer davon abgeleiteten Marke auf eine Markenserie zu schließen, wenn ihm eine weitere ähnlich abgeleitete Marke gegenübertritt.
3.
Auch im Rahmen einer Erstbegehungsgefahr fehlt es – wie erörtert – an einem hinreichenden Vortrag der Antragstellerin zu einer Bekanntheit ihrer streitgegenständlichen Marke „Attack“, um einen Bekanntheitsschutz nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG mit Erfolg geltend machen zu können.
B.
Die Nebenentscheidungen zu den Kosten und zur Wertfestsetzung beruhen auf § 97 Abs. 1, § 51 Abs. 1 GKG.