BPatG: Die Wortmarke „FAVORIT“ kann von einem Energieversorger eingetragen werden

veröffentlicht am 11. Mai 2017

BPatG, Beschluss vom 27.03.2017, Az. 26 W (pat) 522/14
§ 8 Abs. 2 MarkenG

Den Beschluss des BPatG haben wir hier zusammengefasst (BPatG – Wortmarke „Favorit“) und nachstehend im Volltext wiedergegeben:


Verweigert das DPMA oder das EUIPO die Eintragung Ihrer Marke?

Soll Ihre Marke nach Auffassung eines Dritten oder des Deutschen oder Europäischen Markenamtes rein beschreibend oder aus anderen Gründen dem Markenschutz nicht zugänglich sein? Rufen Sie uns gleich an: 04321 / 390 550 oder 040 / 35716-904. Schicken Sie uns Ihre Unterlagen gern per E-Mail (info@damm-legal.de) oder per Fax (Kontakt). Die Prüfung der Unterlagen und unsere Ersteinschätzung ist für Sie kostenlos. Unsere Fachanwälte sind durch zahlreiche markenrechtliche Verfahren (Gegnerliste) mit dem Markenrecht bestens vertraut und helfen Ihnen gern.


Bundespatentgericht

Beschluss

In der Beschwerdesache



betreffend die Markenanmeldung 30 2013 003 681.6

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 27. März 2017 unter Mitwirkung der … beschlossen:

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 13. November 2013 wird aufgehoben.

Gründe

I.
Das Wortzeichen

FAVORIT

ist am 29. Mai 2013 unter der Nummer 30 2013 003 681.6 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für die nachfolgenden Dienstleistungen angemeldet worden:

Klasse 35: Energiemanagement, nämlich Betriebsführung von Energieerzeugungs- und Verteilungsanlagen; Vermittlung von Verträgen mit Stromlieferanten;

Klasse 37: Energiemanagement, nämlich Errichtung und Instandhaltung von Energieerzeugungs- und Verteilungsanlagen; Erstellung und Installation von Verteilnetzen und Transportnetzen; Instandhaltung von Abwasser- und Frischwasseranlagen;

Klasse 39: Überlassung von Transportnetzen zur Durchleitung von Energie, Verteilung von Energie, Elektrizität, Gas, Wasser Wärme (Nah- und Fernwärme) sowie Versorgung von Dritten mit Strom, Gas, Wasser und Wärme (Nah- und Fernwärme); Betrieb von Verteilnetzen und Transportnetzen; Wasserversorgung (Transport);

Klasse 40: Erzeugung von Energie, Heizwärme, Strom; Wasserbehandlung.

Mit Beschluss vom 13. November 2013 hat die Markenstelle für Klasse 39 die Markenanmeldung wegen mangelnder Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der allgemein bekannte Begriff „FAVORIT“ bezeichne eine Sache, die man vorziehe bzw. begünstige. Die Bezeichnung „FAVORIT“ weise lediglich werbetypisch und glatt beschreibend darauf hin, dass die beanspruchten Dienstleistungen beim Kunden „Favoriten“ in Bezug auf die Angebote anderer Anbieter seien. Im Energie- und Stromsektor werde der Begriff „FAVORIT“ oft beschreibend verwendet, wie eine überblicksartige Internetrecherche gezeigt habe, z. B. Energie-Effizienz-Favoriten, Stromfavoriten, der Strompreisrechner www.stromfavorit.de und Favorit als Tarif für ein Stromprodukt. Das Fehlen einer Information, weshalb die so gekennzeichneten Dienstleistungen geeignet seien, beim Kunden eine bevorzugte „favorisierte“ Stellung einzunehmen, führe nicht zur Schutzfähigkeit. Die angemeldete Bezeichnung „FAVORIT“ erschöpfe sich somit in der Sachangabe über ein „bevorzugtes Produkt“ und werde aufgrund der Gewöhnung des Verkehrs an verkürzte, plakative Ausdrucksweisen in der Werbesprache trotz einer gewissen immanenten begrifflichen Unschärfe nicht als individualisierendes Betriebskennzeichen aufgefasst. Im Übrigen seien in letzter Zeit vom DPMA auch die Anmeldezeichen „Favorit“ (30 2011 062 851.3), „FAVORIT“ (30 2009 061 481.4) und „FAVORITS“ (304 15 114.9) wegen fehlender Unterscheidungskraft und/oder Freihaltebedürftigkeit zurückgewiesen worden. Die angeführten Voreintragungen aus den Jahren 1900, 1935, 1937, 1954, 1961, 1995, 2003 und 2006 seien wegen des Alters, anderer Waren und Dienstleistungen und anders zu bewertender Kennzeichnungsgepflogenheiten mit der vorliegenden Markenanmeldung nicht vergleichbar.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie ist Ansicht, der von den beanspruchten Dienstleistungen angesprochene Verkehrskreis seien ihre Kunden im Gebiet Ludwigsburg-Kornwestheim, so dass der angesprochene Verkehrskreis regional zu bestimmen sei. Für diesen weise das Anmeldezeichen auf das Wahrzeichen der Region, nämlich das Schloss Favorite in Ludwigsburg, hin, so dass ein eindeutiger Herkunftshinweis vorliege. Es sei lexikalisch nicht nachweisbar, dass mit „FAVORIT“ eine Sache bezeichnet werde, welche man vorziehe bzw. begünstige. Ferner habe die Markenstelle nicht nachgewiesen, dass das Zeichen bei Dienstleistungen die Bedeutung habe, diese seien beim Kunden „Favoriten“. In seiner primären Bedeutung „Günstling, Schützling, Liebling“ bestehe zu den angemeldeten – unkörperlichen – Dienstleistungen ein Spannungsverhältnis, das nur durch einen gedanklichen Zwischenschritt aufgelöst werden könne. Insoweit habe die Markenstelle daher eine unzulässige analysierende Betrachtung vorgenommen. Es reiche sogar ein Minimum an Unterscheidungskraft aus. Bei der Eingabe der Suchworte „FAVORIT“ und „Strom“ im Internet werde nur das Angebot der Anmelderin angezeigt, was für einen betrieblichen Herkunftshinweis spreche. Die von der Markenstelle angeführte Entscheidung des BPatG zu „myfavorite“ (25 W (pat) 97/06) sei nicht vergleichbar, weil sie sich auf Waren und andere Dienstleistungen beziehe. Die Markenstelle habe sich zudem nicht mit den einzelnen angemeldeten Dienstleistungen auseinandergesetzt. Mangels einer verifizierbaren Eigenschaft des Anmeldezeichens für die in Rede stehenden Dienstleistungen sei auch keine Freihaltebedürftigkeit gegeben. Ferner seien 10 Marken mit dem Wort „Favorit“ ins DPMA-Register eingetragen worden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Seiten 6 und 7 des Schriftsatzes vom 28. Oktober 2013 (Bl. 53, 54 VA) nebst Anlagen (Bl. 57 – 77 VA) sowie die Seiten 15 bis 17 der Beschwerdebegründung (Bl. 43 – 45 GA) Bezug genommen.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. November 2013 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 64 Abs. 6, 66 MarkenG statthafte Beschwerde ist zulässig und begründet.

Einer Registrierung des angemeldeten Wortzeichens „FAVORIT“ als Marke stehen keine Schutzhindernisse entgegen, insbesondere kann dem Anmeldezeichen entgegen der Auffassung der Markenstelle weder jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden, noch besteht ein Freihaltebedürfnis.

1.
Die angemeldete Bezeichnung „FAVORIT“ ist unterscheidungskräftig im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

a)
Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2015, 1198 Rdnr. 59 f. – Nestlé/Cadbury [Kit Kat]; BGH GRUR 2016, 934 Rdnr. 9 – OUI; GRUR 2015 173, 174 Rdnr. 15 – for you). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2010, 228 Rdnr. 33 – Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH a.a.O – OUI; a.a.O. – for you). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a.a.O. – OUI; a.a.O. – for you). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rdnr. 53 – Henkel; BGH a.a.O. Rdnr. 10 – OUI; a.a.O. Rdn.r 16 – for you).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143 Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 – Matratzen Concord/Hukla; BGH GRUR 2014, 376 Rdnr. 11 – grill meister).

Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, Rdrn. 86 – Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270 Rdnr. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH a.a.O., Rdnr. 12 – OUI; GRUR 2014, 872 Rdnr. 21 – Gute Laune Drops). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH GRUR 2014, 1204 Rdrn. 12 – DüsseldorfCongress). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2004, 146 Rdnr. 32 – DOUBLEMINT).

b)
Diesen Anforderungen genügt das Wortzeichen „FAVORIT“, weil es im maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung am 29. Mai 2013 für die beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 35, 37, 39 und 40 weder einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt aufgewiesen noch einen engen beschreibenden Bezug zu ihnen hergestellt hat.

Der Senat hat nicht feststellen können, dass das Wort „FAVORIT“ in Alleinstellung zum Anmeldezeitpunkt im Inland für die beanspruchten Dienstleistungen beschreibend oder als Werbeschlagwort verwendet worden ist.

aa)
Bei den hier angesprochenen Verkehrskreisen handelt es sich vor allem um Unternehmensinhaber und Angehörige der unternehmerischen Führungsebene sowie den Fachverkehr im Bereich der Energie- und Wasserversorgung sowie der Abwasserentsorgung. Von den Dienstleistungen der Klasse 35 „Vermittlung von Verträgen mit Stromlieferanten“ und der Klasse 39 „Versorgung von Dritten mit Strom, Gas, Wasser und Wärme (Nah- und Fernwärme)“ wird auch der Endverbraucher angesprochen.

Soweit die Anmelderin die Auffassung vertritt, es sei von einem regional definierten Verkehrskreis auszugehen, weil es auf das Verständnis in dem Gebiet ankomme, in welchem die Anmelderin tätig sei, kann dem nicht gefolgt werden. Als beteiligte Verkehrskreise sind alle Kreise zu verstehen, in denen das fragliche Zeichen Verwendung finden oder Auswirkungen zeitigen kann, wobei diese nach objektiven Merkmalen der beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu bestimmen sind und nicht nach den individuellen Vermarktungsstrategien und Werbekonzeptionen der Anmelderin, die jederzeit geändert werden können (vgl. BGH GRUR 2008, 710 Rdnr. 32 – VISAGE; GRUR 2009, 411 Rdnr. 12 – STREETBALL). Mit ihrer Anmeldung begehrt die Beschwerdeführerin bundesweiten Markenschutz, so dass auch die Verkehrskreise keiner räumlichen Beschränkung unterliegen.

bb)
Das ursprünglich von dem lateinischen Wort „favor“ für „Gunst, Begünstigung, Sympathie, Anerkennung“ abstammende, aus der weiblichen Form des französischen Adjektivs „favorite“ mit der Bedeutung „beliebt“ sowie dem italienischen Wort „favorito“ für „Begünstigter“ hervorgegangene Substantiv „FAVORIT“ bezeichnet jemanden, „der bevorzugt“ bzw. „anderen vorgezogen wird“, eine „begünstigte Person“, einen „Liebling“. Veraltet steht es für „Günstling, Geliebter“. Im Sport erhält der Teilnehmer an einem Wettbewerb mit den größten Aussichten auf den Sieg diese Bezeichnung (vgl. Brockhaus, Enzyklopädie, Band 9, 21. Aufl., Stichwort: Favorit; DUDEN, Das große Fremdwörterbuch, 4. Aufl., Stichwort: Favorit).

cc)
Ohne ein zusätzliches Bestimmungswort enthält das um Schutz nachsuchende Zeichen weder eine beschreibende Angabe noch eine Werbeaussage über die angemeldeten Dienstleistungen. Es lässt völlig offen, wer die Dienstleistungen bevorzugt. Ferner fehlt jeglicher Bezug zu den als Favorit zu qualifizierenden Dienstleistungen (BPatG 29 W (pat) 203/92 – FAVOURITE). Erst ein zusätzlicher die Person oder Sache konkretisierender Begriff, wie z. B. „my“, verdeutlicht, ob es sich um den Favoriten der angesprochenen Person handelt (vgl. BPatG 25 W (pat) 97/06 – myfavorite), oder welches Produkt oder welche Dienstleistung bevorzugt wird (BPatG 32 W (pat) 75/02 – My favourite music). Solche Ergänzungen verändern aber das Anmeldezeichen, das ausschließlich in seiner angemeldeten Gesamtheit Gegenstand der Prüfung im Eintragungsverfahren ist (BGH GRUR 2011, 65 Rdnr. 10 – Buchstabe T mit Strich).

dd)
Einen beschreibenden oder werbemäßigen Gebrauch des Wortes „FAVORIT“ in Alleinstellung für die beanspruchten Dienstleistungen hat der Senat nicht feststellen können.

aaa)
Die wenigen von der Markenstelle angeführten Nachweise können eine beschreibende Verwendung nicht belegen, weil die gefundenen Beispiele „Energie-Effizienz-Favoriten, Stromfavoriten und www.stromfavorit.de“ den Begriff „Favorit“ nicht allein, sondern mit einem konkretisierenden Zusatz zu dem darauf bezogenen Produkt enthalten, und „Favorit“ als Tarif für ein Stromprodukt eine markenmäßige Benutzung darstellt.


bbb)
Auch eine Internetrecherche des Senats hat eine beschreibende Benutzung des Wortes „FAVORIT“ in Alleinstellung für die in Rede stehenden Dienstleistungen zum maßgeblichen Anmeldezeitpunkt am 29. Mai 2013 nicht aufzeigen können.


ccc)
Vielmehr wird das Wort „FAVORIT entweder isoliert markenmäßig oder zusammen mit weiteren Begriffen beschreibend verwendet, die zusammen eine sinnvolle Aussage im hier betroffenen Bereich der Energie- und Wasserversorgung sowie Entsorgung bilden:

– Stromnetz: Städtische Werke sind Favorit – Schwalm-Eder. Die Städtischen Werke Kassel haben im Rennen um die Partnerschaft mit der kommunalen Netzgesellschaft Enerkom am besten abgeschnitten (06.10.12, https://www.hna.de/lokales/fritzlar-homberg/stromnetz-staedtische-werke-sind-favorit-2535093.html);
– Stromspeicherung
Power to Gas ist Favorit bei den Stromspeichern für erneuerbare Energien (04.09.12, http://www.maschinenmarkt.vogel.de/power-to-gas-ist-favorit-bei-den-stromspeichern-fuer-erneuerbare-energien-a-376797/);
– Nach dem Volksentscheid Kampf um die Berliner Strom-Konzession
Es gibt kein Aufatmen, keine Siegesfeier beim Energiekonzern Vattenfall – trotz des günstigen Ausgangs beim Volksentscheid: Das Bieterverfahren um den Betrieb des Berliner Netzes geht weiter. Und als Favorit gilt derzeit der holländische Betreiber Alliander. (04.11.2013, http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/nach-dem-volksentscheid-kampf-um-die-berliner-strom-konzession/9027396.html).

ddd)
Bei der angemeldeten Bezeichnung „FAVORIT“ handelt es sich auch nicht um ein geläufiges, alltägliches Werbeschlagwort (BPatG 29 W (pat) 203/92 – FAVORITE; 27 W (pat) 3/03 – FAVORIT – OfficeFlow).

Zwar kommt eine werbende Anpreisung nicht nur bei aus mehreren Wörtern bestehenden Werbeslogans in Betracht, sondern auch bei einem prägnanten Einzelwort, wenn dessen Bedeutung ohne weiteres eine anpreisende Wirkung in Bezug auf konkrete Waren oder Dienstleistungen beinhaltet (BGH a. a. O. Rdnr. 20 – OUI). Allerdings kann die Annahme einer allgemeinen Werbeaussage des Markenwortes nicht auf Beispiele gestützt werden, in denen das Markenwort nicht in Alleinstellung, sondern stets im Zusammenhang mit anderen Worten benutzt wird, aus denen sich seine werbliche Bedeutung erschließt (BGH a. a. O. Rdnr. 24 – OUI).

Letzteres ist aber vorliegend der Fall. In der Werbesprache wird zwar mit dem Begriff „Favorit“ ein Werteversprechen verbunden, allerdings nur in Verbindung mit weiteren Begriffen, wie z. B. „Ein Favorit jagt hier den anderen!“ (vgl. Rothfuss, Wörterbuch der Werbesprache, 1991, S. 59 – Favorit). Die Recherche des Senats bei www.slogans.de hat bestätigt dass das Anmeldezeichen bis heute im Inland nur innerhalb von Werbesätzen, aber nie allein verwendet wird, wie z. B.
– „Der Aufstiegsfavorit“ (Honda, 2014)
– „Milky Way ist Favorit, schadet nicht dem Appetit!“ (1967)
– „Favorit im Jet-Zeitalter“ (Whisky-Soda, 1969).

Soweit das BPatG im Jahr 1992 (24 W (pat) 113/91 – Winner) unter Bezug auf die Entscheidung zu „Cracks“ (28 W (pat) 230/87) in einem obiter dictum das Wort „Favorit“ als einen mit „Winner“ vergleichbaren, schutzunfähigen Begriff bezeichnet hat, geschah dies ohne jegliche tatsächliche Feststellungen.

ee)
Die zuvor dargelegte Verwendung des Begriffs „FAVORIT“ lässt somit nicht den Schluss zu, dass der angesprochene Verkehr das Anmeldezeichen in Alleinstellung, also ohne einen konkretisierenden Bezug zu einer Person, einer bestimmten Zeit oder einer konkreten Ware oder Dienstleistung als beschreibende Angabe oder als allgemeine Werbeaussage versteht (BPatG 29 W (pat) 203/92 – FAVORITE). Die Prägnanz dieses Wortes an sich ist zu gering, um zu einer werblich brauchbaren Sachaussage über die beanspruchten Dienstleistungen zu kommen.

b)
Auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG steht einer Eintragung des Anmeldezeichens „FAVORIT“ für die fraglichen Dienstleistungen nicht entgegen.

Nach der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können, für die sie eingetragen werden sollen. Mit diesem Schutzhindernis wird das im Allgemeininteresse liegende Ziel verfolgt, dass alle Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von allen Unternehmen frei verwendet werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden (EuGH GRUR 2004, 680 Rdnr. 35 f. – BIOMILD; GRUR 2004, 674 Rdnr. 54 u. 95 – Postkantoor; GRUR 2004, 146 Rdnr. 31 – DOUBLEMINT).

Da das Markenwort „Favorit“ zum maßgeblichen Zeitpunkt keine unmittelbar beschreibende Angabe für die beanspruchten Dienstleistungen enthalten hat und auch ein Trend zur beschreibenden Verwendung nicht absehbar war, ist auch ein Freihaltebedürfnis zu verneinen.