BPatG: Das Kennzeichen „i-PIN“ ist eingeschränkt als Wortmarke schutzfähig

veröffentlicht am 4. Dezember 2015

BPatG, Beschluss vom 21.10.2015, Az. 28 W (pat) 502/13
§ 37 Abs. 1 MarkenG, § 8 Abs. 2 MarkenG

Eine kurze Zusammenfassung der Entscheidung finden Sie (hier), den vollständigen Text nachfolgend:

Bundespatentgericht

Beschluss

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 067 139.7

hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 21. Oktober 2015 unter Mitwirkung der … beschlossen:

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 6 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 31. Oktober 2012 wird aufgehoben.

Gründe

I.
Die Buchstabenfolge

i-PIN

ist am 15. Dezember 2011 zur Registereintragung als Marke bei dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) für die Waren der

Klasse 06: Schlösser aus Metall;
Klasse 09: elektrische und elektronische Schlösser;
Klasse 20: Schlösser ausgenommen elektrische, nicht aus Metall

angemeldet worden.

Mit Beschluss vom 31. Oktober 2012 hat die Markenstelle für Klasse 6 des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft und eines Freihaltebedürfnisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen.

Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Verkehr werde die Angabe PIN als Kurzform für „persönliche Identifikationsnummer“, eine nur dem Benutzer bekannte Geheimnummer als Zugang zu etwas verstehen. Es seien viele Schlösser auf dem Markt, die mittels einer bestimmten Zahlenfolge, also eines Zahlencodes oder auch PIN-Codes zu öffnen seien. Diese müssten nicht zwingend elektronisch sein. Der Buchstabe „i“ stehe für „intelligent“ oder „Internet“. In ihrer Gesamtheit bezeichne die werbeüblich gebildete Marke mithin ein „intelligentes Pin-Schloss-System“ bzw. einen für die Funktion der Schlösser erforderlichen Internet-PIN, also einen PIN, der über das Internet oder mit Hilfe der elektronischen Medien übermittelt, verwaltet bzw. gespeichert werde. Deshalb fehle dem Zeichen die erforderliche Unterscheidungskraft. Zudem bestehe ein Freihaltebedürfnis. Denn die Konkurrenten der Markenanmelderin müssten ebenso wie diese selbst mit der Bezeichnung „i-PIN“ auf die Benutzungs-/Beschaffenheitsbesonderheiten ihrer Schlösser hinweisen können.

Hiergegen wendet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie hat das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis im Beschwerdeverfahren wie folgt eingeschränkt:

Klasse 06: Schlösser für Schließfachschränke, ausgenommen elektrische, aus Metall;
Klasse 20: Schlösser für Schließfachschränke, ausgenommen elektrische, nicht aus Metall.

Zur Begründung trägt sie vor, das Anmeldezeichen sei keine gebräuchliche Wortkombination der deutschen oder englischen Sprache. Der Buchstabe i sei keine geläufige Abkürzung für „Internet“. Als Abkürzung habe der Buchstabe „i“ viele Bedeutungen, von denen keine sich mit dem Begriff PIN zu einer Sachaussage für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen verbinde. In der Bedeutung „intelligent“ ergebe die Wortbildung keine Sachbeschreibung, weil es intelligente PINs nicht gebe. Nur durch die gedankliche Hinzufügung des Begriffs „Schloss“ könne man zu einer beschreibenden Bedeutung wie „intelligentes PIN-Schloss-System“ kommen. Jedenfalls bei den nunmehr noch beanspruchten Waren handele es sich nicht um IT-bezogene Waren, sodass der Buchstabe „i“ nicht zwingend als Hinweis auf das Internet verstanden werde.

Die Beschwerdeführerin stellt den Antrag,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 06 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 31. Oktober 2012 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.
Die gemäß § 66 Abs. 1 MarkenG zulässige Beschwerde hat nach Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses auch in der Sache Erfolg. Der angegriffene Beschluss war aufzuheben, da der Anmeldung für die nunmehr noch verfahrensgegenständlichen Waren kein Schutzhindernis gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 MarkenG entgegensteht. Insbesondere fehlt dem Anmeldezeichen für diese Waren weder jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG noch stellt es eine freihaltebedürftige beschreibende Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dar.

1.
Dem Zeichen i-PIN kann die Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet, für Schlösser für Schließfachschränke, ausgenommen elektrische, aus Metall der Klasse 06 und Schlösser für Schließfachschränke, ausgenommen elektrische, nicht aus Metall der Klasse 20 nicht abgesprochen werden.

Es setzt sich aus dem Element „i-“ und der Buchstabenfolge PIN zusammen. PIN steht in der konkreten Schreibweise mit Blockschrift für „Persönliche Identifikationsnummer“, eine Zahlenfolge, die zur Identifikation gegenüber einer Maschine regelmäßig im Zusammenhang mit Informationsverarbeitung dient (Duden, das Wörterbuch der Abkürzungen, 6. Aufl. Mannheim 2011). PINs kommen im Bereich des Internetbanking, des Zugangs zu Datenverarbeitungsgeräten wie Mobiltelefonen, Computern, aber auch zu Schließanlagen zum Einsatz. Sie werden individuell an den jeweiligen Anwender vergeben und dienen als Nachweis seiner Zugangsberechtigung zu der jeweiligen Anlage bzw. Software.

„i“ steht als Abkürzung für eine Vielzahl von Bedeutungen wie „in, innen, innerhalb, inter, intelligent, interaktiv“ oder „Internet“. Im Zusammenhang mit IT-bezogenen Waren und Dienstleistungen steht die Bedeutung „Internet“ im Vordergrund (vgl. BPatG Beschlüsse 26 W (pat) 23/10 – iNanny; 26 W (pat) 508/10 – i.store; 24 W (pat) 24/12 – iDiner).

Da persönliche Identifikationsnummern oder PINs in erster Linie zur Identifikation bei softwarebasierten Automaten oder Anwendungen eingesetzt werden, ist die Bedeutung „Internet“ für „i“ vor dem nachgestellten Begriff PIN die nächstliegende. Denn der Verkehr kennt die Wortkombination „Internet-PIN“ zum Beispiel im Zusammenhang mit dem elektronischen Zahlungsverkehr. Um an diesem über seine Bank teilzunehmen, muss er sich mit einer Internet-PIN identifizieren.

Für die nunmehr noch beanspruchten Waren der Klasse 6 und 20, bei denen es sich um mechanische Schlösser aus Metall und anderen Materialien handelt, stellt das Zeichen jedoch keine Sachangabe dar. Während elektronische Schlösser über ein mit einer Internet-PIN versehenes System zentral gesteuert werden können, oder eine im Internet gerierte PIN dazu dienen kann, elektronische Schlösser zu öffnen, ist dies bei einfachen mechanischen Schlössern nicht der Fall. Mechanische Zahlenschlösser werden über eine Zahlenkombination bedient, die durch einen Mechanismus am Schloss im geöffneten Zustand eingestellt werden kann. Ein unmittelbarer Bezug zum Internet oder einem sonstigen „intelligenten“ Schließsystem ist hier nicht gegeben und wird auch vom Kunden nicht erwartet. Deshalb liegt es für die angesprochenen Verkehrskreise fern, in dem Begriff i-PIN eine Sachangabe für diese Waren zu erkennen. Wenn überhaupt, ist dies erst über mehrere gedankliche Zwischenschritte, mithin eine analysierende Betrachtungsweise möglich, die bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft eines Zeichens unzulässig ist. Sonstige beschreibende Bedeutungen der Buchstabenfolge i-PIN sind ebenfalls nicht erkennbar.

Deshalb kann dem Zeichen die Eignung als betrieblicher Herkunftshinweis nicht abgesprochen werden.

2.
Ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist aus den genannten Gründen ebenfalls nicht gegeben.

Daher war der angegriffene Beschluss aufzuheben.