BPatG: Bezeichnung „Universum“ ist nicht gleichzusetzen mit „universal“ und nicht freihaltungsbedürftig

veröffentlicht am 23. September 2016

BPatG, Beschluss vom 13.09.2016, Az. 25 W (pat) 87/14
§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG

Den Beschluss des BPatG haben wir hier zusammengefasst (BPatG – Löschungsantrag gegen Marke „Universum“) und nachstehend im Volltext wiedergegeben:


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Bundespatentgericht

Beschluss

In der Beschwerdesache

betreffend das Löschungsverfahren S 20/13 in Bezug auf die Marke 30 2009 032 383 hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 13. September 2016 unter Mitwirkung des … beschlossen:

Die Beschwerde der Löschungsantragstellerin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
Die am 2. Juni 2009 als Wortmarke angemeldete Bezeichnung

Universum

ist am 23. März 2010 unter der Nr. 30 2009 032 383 für folgende Dienstleistungen in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen worden:

Klasse 35:
Organisatorische und betriebswirtschaftliche Abwicklung (Büroarbeiten) von Verwaltungsprozessen für die Industrie sowie für Dienstleistungs- und Handelsunternehmen mittels elektronischer Datenverarbeitung; Marktforschung und Marktanalyse; Ermittlung in Geschäftsangelegenheiten sowie Erteilung von Auskünften in Handels- und Geschäftsangelegenheiten im Zusammenhang mit der Erbringung von Inkassodienstleistungen; Büroarbeiten für das Zahlungs- und Forderungsmanagement bei der Verwaltung sowie Beitreibung von Forderungen und Außenständen, einschließlich der Fristüberwachung und dem Mahnverfahren; vorgenannte Dienstleistungen auch als Back-up Servicing (soweit in Klasse 35 enthalten);

Klasse 36:
Erteilung von Auskünften über die Bonität und Zahlungsfähigkeit von Wirtschaftsunternehmen und Privatpersonen; Bonitätsprüfung und -bewertung sowie Kreditrisikobewertung auf der Basis von mathematisch-statistischen Berechnungen (Scoring), einschließlich der Erstellung von Score-Cards; Einziehung von Außenständen (Inkassogeschäfte); Finanzdienstleistungen zur Abwicklung von Forderungskäufen für Dritte; vorgenannte Dienstleistungen auch als Back-up Servicing (soweit in Klasse 36 enthalten);

Klasse 38:
Telefondienste mittels Call Center.

Mit Schreiben vom 21.01.2013 hat die Löschungsantragstellerin gegenüber dem DPMA die Löschung der Marke beantragt. Dem Löschungsantrag, der ihr am 4. Februar 2013 zugestellt worden ist, hat die Markeninhaberin am 20. März 2013 widersprochen.

Die Markenabteilung 3.4 des DPMA hat den Löschungsantrag mit Beschluss vom 11. März 2014 zurückgewiesen. Hierzu hat die sie ausgeführt, dass dem Zeichen „Universum“ keine Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 MarkenG entgegenstünden. Der Begriff „Universum“ leite sich von dem lateinischen Wort „universus“ in der Bedeutung von „ganz“, „sämtlich“, „allgemein“ her und sei in der deutschen Sprache in seinen verschiedenen Bedeutungen wie „Weltall“, „unendliche Vielfalt“ oder „Gesamtheit aller Dinge“ im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen nicht beschreibend. Diese Dienstleistungen stammten aus verschiedenen Bereichen des Inkassowesens, seien aber nicht so allumfassend, dass die Bezeichnung „Universum“ geeignet wäre, sie unmittelbar zu beschreiben. Der Begriff „Universum“ dürfe nicht mit dem Begriff „universal“ gleichgesetzt werden. Während „Universum“ nur für das große Ganze bzw. das Weltall stehe, werde universal verwendet, um alltägliche Sachverhalte zu beschreiben (z. B. „Universalzange“ für eine universal verwendbare Zange). Ferner bestehe kein enger beschreibender Bezug zwischen dem Markenwort und den beanspruchten Dienstleistungen, da der Aussagegehalt des Wortes „Universum“ so umfassend sei, dass er allenfalls assoziative Anklänge hervorrufe.

Hiergegen wendet sich die Löschungsantragstellerin mit ihrer Beschwerde. Der Begriff „Universum“ sei gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG freihaltebedürftig. So werbe die Markeninhaberin damit, dass sie ganzheitliche Inkassodienstleistungen anbiete („Alles aus einer Hand“). Für „sämtliche und umfassende“ Dienstleistungen sei der Begriff „Universum“ beschreibend. Der Begriff dürfe nicht auf die Bedeutung „Weltall“ reduziert werden. Den beteiligten Verkehrskreisen sei die lateinische Abstammung des Wortes „Universum“ von lateinisch „universus“ bekannt. Daher erstrecke sich die dem lateinischen Begriff „universus“ bzw. dem deutschen Begriff „universal“ innewohnende Bedeutung im Sinne von „ganz“, „sämtlich“, „allgemein“, „vielseitig“ oder „umfassend“ unmittelbar auch auf den Begriff „Universum“. Dem Begriff „Universum“ fehle zudem die Unterscheidungskraft. Ihm werde lediglich die Bedeutung eines bestimmten Raumes zugeordnet, in dem bestimmte Waren bzw. Dienstleistungen angeboten würden. Die Bezeichnung für solche Räume, wie etwa „Schuh-Park“, „Gartenparadies“ oder Gartenuniversum“, sei weit verbreitet. Somit sei auch „Universum“ nur eine verbraucherorientierte Sachinformation im Sinne eines „Anbietungsraumes“.

Die Löschungsantragstellerin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß, den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. März 2013 aufzuheben und die Löschung der Marke 30 2009 032 383 anzuordnen.

Die Markeninhaberin und Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde der Löschungsantragstellerin zurückzuweisen.

Es gebe keinen sachlichen Bezug zwischen dem Begriff „Universum“ in dem Wortsinn „Weltall“ bzw. „Weltraum“ und inkassobezogenen Dienstleistungen. Die Auffassung der Löschungsantragstellerin, wonach sich die dem Begriff „universal“ innewohnenden Bedeutungen auch auf den Begriff „Universum“ erstreckten, sei nicht nachvollziehbar. Der für sich stehende Begriff „Universum“ bezeichne auch keinen Raum, in dem die Dienstleistungen angeboten würden. Die von der Löschungsantragstellerin angeführten Beispiele wie „Gartenuniversum“ seien mit der angegriffenen Marke nicht vergleichbar, da die Beispiele erkennbar eine Verknüpfung mit bestimmten Waren oder Dienstleistungen herstellen würden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenabteilung, die Schriftsätze der Beteiligten sowie auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.
Die nach § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Markeninhaberin bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Eine Marke ist auf Antrag gemäß § 50 Abs. 1 MarkenG wegen absoluter Schutzhindernisse nach §§ 3, 7, 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 9 MarkenG zu löschen, wenn sie sowohl bezogen auf den Anmeldezeitpunkt – dahingehend wird der Wortlaut des § 50 Abs. 1 MarkenG vom BGH im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH aktuell ausgelegt (vgl. BGH, GRUR 2013, 1143, Rn. 9 ff., Rn. 12 ff., insbesondere Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten) – als auch bezogen auf den Zeitpunkt der anstehenden Entscheidung über die Beschwerde gegen die Entscheidung der Markenabteilung vom 11. März 2014 (§ 50 Abs. 2 S. 1 MarkenG) schutzunfähig war bzw. ist. Die Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 1 MarkenG sind vorliegend in Betracht zu ziehen.

Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dürfen Zeichen nicht eingetragen werden bzw. sind diese auf Antrag zu löschen, wenn sie zu den vorstehend genannten maßgeblichen Zeitpunkten ausschließlich aus Angaben bestanden bzw. bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der geografischen Herkunft oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen können. Nach der Rechtsprechung des EuGH verfolgt die mit Art. 3 Abs. 1 Buchst. c Markenrichtlinie übereinstimmende Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass sämtliche Zeichen oder Angaben, die Merkmale der beanspruchten Waren beschreiben, von allen frei verwendet werden können. Sie erlaubt es daher nicht, dass solche Zeichen oder Angaben aufgrund ihrer Eintragung nur einem Unternehmen vorbehalten werden. Entscheidendes Kriterium für den Ausschluss der Eintragung bzw. Löschung ist die Eignung einer Bezeichnung zur beschreibenden Verwendung (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Rn. 25, 30 – Chiemsee; GRUR 2004, 146, Rn. 31 f. – DOUBLE-MINT). Für die Beurteilung der Verkehrsauffassung in Bezug auf die Schutzfähigkeit, hier konkret die Eignung der angegriffenen Bezeichnung als beschreibende Angabe zu dienen, ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der beanspruchten Produkte als maßgebliche Verkehrskreise abzustellen (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Rn. 29 – Chiemsee; EuGH GRUR 2006, 411, Rn. 24 – Matratzen Concord, BGH GRUR 2008, 900, Rn. 18 – SPA II; GRUR 2014, 565, Rn. 13 – smartbook).

Wie die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts im angefochtenen Beschluss vom 11. März 2014 zutreffend ausführt, handelt es sich bei dem Markenwort „Universum“ um einen Begriff, der sich aus der lateinischen Sprache vom Wort „universus“ mit der Bedeutung „ganz“, „allgemein“, „sämtlich“ ableitet. In der deutschen Sprache hat der Begriff „Universum“ zunächst die Bedeutung von „Kosmos“ bzw. „Weltall“. Ausgehend von dieser Bedeutung wird der Begriff gelegentlich im übertragenen Sinne verwendet („Er lebt in seinem eigenen Universum“ = „Er lebt in seiner eigenen Welt“). Außerdem wird der Begriff gelegentlich verwendet um – in Verbindung mit weiteren Begriffen – auf eine übergroße Vielfalt von bestimmten Dingen hinzuweisen (z. B. „Das ganze Universum der Musik/Kunst/Literatur“). Keine dieser im deutschen Sprachgebrauch üblichen Bedeutungen des Wortes „Universum“ kann in einen sinnvollen beschreibenden Zusammenhang mit den von der angegriffenen Marke beanspruchten Dienstleistungen gebracht werden.

Soweit die Löschungsantragstellerin in ihrer Beschwerdebegründung auf die Bedeutung des lateinischen Begriffes „universus“ abstellen will, kann dem nicht gefolgt werden. Wörter toter Sprachen wie Latein oder Altgriechisch sind nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich ungeeignet zur unmittelbaren Produktbeschreibung, sofern sie nicht (mit identischer Bedeutung) in den deutschen Sprachgebrauch eingegangen sind oder die entsprechende tote Sprache auf dem entsprechenden Sektor als Fachsprache verwendet werden, wie z. B. in der Medizin oder Botanik (vgl. dazu Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 494 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Diese Voraussetzungen sind vorliegend offensichtlich nicht gegeben. Das Markenwort „Universum“ kann im Übrigen auch nicht mit dem deutschen Begriff „universal“ gleichgesetzt bzw. als ein geeignetes Synonym angesehen werden, zumal bei den inländischen Verkehrskreisen beim Begriff „Universum“ die Bedeutung im Sinne von „Kosmos“ bzw. „Weltall“ eindeutig im Vordergrund steht.

Ausgehend von der fehlenden Eignung der Bezeichnung „Universum“, die von der angegriffenen Marke beanspruchten Dienstleistungen im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu beschreiben, kann der angegriffenen Marke auch die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht abgesprochen werden. Die Bezeichnung stellt weder eine im Vordergrund stehende beschreibende Angabe dar, noch ist ein enger beschreibender Zusammenhang zwischen dieser Bezeichnung und den beanspruchten Dienstleistungen ersichtlich. Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass die Bezeichnung „Universum“ im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen sinnvoll und naheliegend in einer werblichen-produktanpreisenden Bedeutung verwendet werden könnte, auch nicht in dem von der Löschungsantragstellerin verwendeten Sinn von „Alles aus einer Hand“ bzw. „umfassender Rundum-komplett-Service“.

Der Gedanke, dass der Verkehr in dem Markenwort „Universum“ den Raum erkennen werde, in welchem die beanspruchten Dienstleistungen angeboten werden, erscheint fernliegend. Der Begriff „Universum“ ist offenkundig weder eine geographische Herkunftsangabe noch die Bezeichnung eines Geschäftslokals (wie etwa „Gartenuniversum“) und wird von den angesprochenen Verkehrskreisen auch nicht in dieser Weise verstanden. Vergleiche zu gänzlich anderen Begriffen und deren Verkehrsverständnis (wie „Gartenuniversum“) können grundsätzlich dahingestellt bleiben.
Nach alledem war die Beschwerde der Löschungsantragstellerin zurückzuweisen.

III.
Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss können die am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde einlegen.

Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich oder in elektronischer Form einzulegen.