OLG München: Das Angebot einer Brille aus einer älteren Kollektion verletzt keine Markenrechte

veröffentlicht am 5. Oktober 2016

OLG München, Urteil vom 30.06.2016, Az. 6 U 531/16
§ 14 Abs. 7 MarkenG, § 24 MarkenG; § 2 Abs. 1 UWG, § 5 Abs. 1 UWG, § 5a Abs. 2 UWG, § 8 Abs. 2 UWG; Art. 9 Abs. 1 GMV, Art. 13 GMV; Art. 101 Abs. 1 AEUV; Art. 13 Abs. 1 UMV

Das Urteil des OLG München haben wir hier für Sie besprochen (OLG München – Jil Sander-Brillenfassungen). Den Volltext der Entscheidung finden Sie unten:


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Oberlandesgericht München

Urteil

I.

Auf die Berufung der Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) wird das Urteil des Landgerichts München I vom 05.01.2016, Az. 33 O 17737/15, in den Ziffern I. und IV. abgeändert. Die einstweilige Verfügung des Landgerichts München I vom 06.10.2015 wird aufgehoben und der Antrag vom 05.10.2015 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

II.
Die Berufungen der Antragsgegnerin zu 3) und der Antragstellerin werden zurückgewiesen.

III.
Von den Gerichtskosten beider Instanzen haben die Antragstellerin 92% und die Antragsgegnerin zu 3) 8% zu tragen. Die Antragstellerin trägt die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen der Antragsgegnerin zu 1) und 2) vollumfänglich sowie 77% der außergerichtlichen Kosten beider Instanzen der Antragsgegnerin zu 3). Die Antragsgegnerin zu 3) trägt 8% der außergerichtlichen Kosten beider Instanzen der Antragstellerin. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten beider Instanzen selbst.

Tatbestand

I.
Die Antragstellerin macht gegen die Antragsgegnerinnen im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens kennzeichen- und wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend.

Die Antragstellerin ist Inhaberin der von ihr in erster Linie geltend gemachten Unionsmarke Nr. 10041002 „J. S.“, eingetragen am 14.11.2011, unter anderem für Brillen (vgl. Anlage A 3), ferner der Unionsmarke Nr. 12754611 „J. S.“, eingetragen am 27.08.2014, unter anderem für Brillen (vgl. Anlage A 4) sowie der deutschen Wortmarke DE 1060901 „J. S.“, eingetragen am 14.03.1984, unter anderem für Brillen (vgl. Anlage A 2). Unter diesen Marken vertreibt sie sowohl Bekleidung als auch Parfümeriewaren und Brillenfassungen. Letztere werden seit dem 01.01.2015 durch einen exklusiven Lizenzpartner, die Firma R. GmbH, vertrieben. Seit Mai 2015 ist die neue, von der Firma R. GmbH produzierte Kollektion von Brillenfassungen im Handel erhältlich.

Die Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) betreiben Augenoptikfachgeschäfte. Sie warben wie folgt für eine Verkaufsaktion von Brillenfassungen der Marke „J. S.“:

[Abb.]

Auf dem Flyer sind am unteren Ende die Filialen der Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) samt Anschriften angegeben. Die Antragsgegnerin zu 3) betreibt ebenfalls mehrere Augenoptikfachgeschäfte, allesamt in Baden-Württemberg, und ist gleichzeitig Franchisegeberin der „p.-Gruppe“.

Die beworbenen Brillenfassungen hatten die Antragsgegnerinnen von der S. Vertriebs GmbH, einem Unternehmen der p.-Gruppe, erhalten; diese wiederum hatte die Waren von der M. Germany GmbH bezogen. Letztere war bis Dezember 2014 Lizenzpartnerin der Antragstellerin und bis zum 30.06.2015 befugt, Restbestände der vor dem 31.12.2014 bezogenen Brillenfassungen abzuverkaufen.

Auf Antrag der Antragstellerin vom 05.10.2015 erließ das Landgericht München I am 06.10.2015 eine einstweilige Verfügung (Bl. 17 ff. d. A.), durch welche den Antragsgegnerinnen bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel in Ziff. 1. verboten wurde,

„a) im geschäftlichen Verkehr in Deutschland mit der nachstehend abgebildeten und in der Anlage zum Antrag enthaltenen Anzeige zu werben oder werben zu lassen

b) im geschäftlichen Verkehr in Deutschland mit der nachstehend abgebildeten und in der Anlage zum Antrag enthaltenen Anzeige für Brillen, die nicht aus einer aktuellen Kollektion stammen, zu werben oder werben zu lassen:“ [Abb.]

Am 28.09.2015 bzw. am 05.10.2015 suchten jeweils ein Mitarbeiter der Firma R. bzw. der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin eine Filiale der Antragsgegnerin zu 1) in der Sonnenstraße in München und eine Filiale der Antragsgegnerin zu 3) in der Königsstraße in S1. auf, um sich nach den Brillen aus der Werbeaktion zu erkundigen. Die Antragsgegnerinnen zu 1) und zu 3) wurden daraufhin am 09.10.2015 wegen aus Sicht der Antragstellerin irreführenden Aussagen von Mitarbeitern über J. S. Brillenfassungen abgemahnt (vgl. Anlagen AG 3 und AG 4).

Die anwaltlichen Vertreter der Antragstellerin und Antragsgegnerinnen kamen nach Zustellung der einstweiligen Verfügung vom 06.10.2015 überein, dass die umstrittene Werbung bzw. im Rahmen der Testbesuche getätigten Aussagen der Mitarbeiter im anhängigen Rechtsstreit rechtlich geklärt werden sollten und dass die Antragstellerin insofern ihren Antrag auf einstweilige Verfügung erweitern werde (vgl. Anlage A 27), was mit Schriftsatz vom 30.10.2015 erfolgte.

Das Landgericht hat mit Endurteil vom 05.01.2016 in Ziff. I. die einstweilige Verfügung vom 06.10.2015 gegen die Antragsgegnerinnen zu 1) und zu 2) bestätigt und im Übrigen (also gegen die Antragsgegnerin zu 3)) die einstweilige Verfügung vom 06.10.2015 aufgehoben sowie den Antrag vom 05.10.2015 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Darüber hinaus hat das Landgericht in Ziff. II. des Endurteils der Antragsgegnerin zu 3) bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten, im geschäftlichen Verkehr zu behaupten, von ihr angebotene Brillen der Marke „J. S.“ entstammten der aktuellen Kollektion, wenn die angebotenen Brillen tatsächlich nicht zur neuesten auf dem Markt erhältlichen Kollektion gehören. Im Übrigen (also gegen die Antragsgegnerin zu 1)) wurde der Antrag vom 30.10.2015 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in Ziff. III. des Endurteils zurückgewiesen. Zur Begründung ist im Ersturteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, u. a. ausgeführt:

Der Antragstellerin stünde hinsichtlich Ziff. 1 a) des Verfügungsantrags gegen die Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) ein kennzeichenrechtlicher Unterlassungsanspruch gem. Art. 102 Abs. 1 S. 1 i. V. m. Art. 9 Abs. 1 S. 2 lit. a) GMV zu, da diese mit der Bezeichnung „J. S.“ ein mit der Marke der Antragstellerin identisches Zeichen für identische Waren (Brillen) genutzt hätten; die Rechte der Antragstellerin seien nicht gem. Art. 13 Abs. 1 GMV erschöpft, da berechtigte Gründe i. S. v. Art. 13 Abs. 2 GMV der konkreten Verwendung des Zeichens durch die Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) entgegenstünden. Die berechtigten Interessen des Markeninhabers geböten es, das Recht eines Wiederverkäufers zur Verwendung einer Marke nur soweit zu fassen, wie es für die sinnvolle Vermarktung und den Vertrieb erschöpfter Waren auch erforderlich sei; darüber hinausgehende Rechte stünden ausschließlich dem Markeninhaber zu. Nicht erforderlich sei eine Werbung eines Wiederverkäufers, für die er sich des mit der Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens bediene und den Eindruck erwecke, es bestehe eine wirtschaftliche Verbindung zwischen ihm und dem Markeninhaber, und insbesondere, das Unternehmen des Wiederverkäufers gehöre dem Vertriebsnetz des Markeninhabers an oder es bestehe eine besondere Beziehung zwischen den beiden Unternehmen. Vorliegend komme aber der angesprochene Verkehr aufgrund der konkreten Aufmachung des Flyers zu dem Schluss, dass eine (nicht existente) besondere Beziehung in Form einer offiziellen Sonderaktion zwischen der Antragstellerin und den Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) bestehe. Der Eindruck einer besonderen Kooperation entstehe durch die mehrfache und besonders exponierte Verwendung des Zeichens „J. S.“, welches dabei zweimal in der Schriftform verwendet werde, in der es als Unternehmenslogo durch die Antragstellerin geprägt worden sei. Durch die zentrale Positionierung wie auch den farblich hervorgehobenen Rahmen stehe das Zeichen in der Werbung im Vordergrund, wohingegen die Marke der ….-Gruppe in den Hintergrund trete. Dieser Eindruck werde durch den Aufbau des gesamten Flyers noch verstärkt, da bei dessen weiteren Seiten immer die ….-Gruppe im Vordergrund stehe, während auf der letzten Seite mit der streitgegenständlichen Anzeige abweichend der Markenname der beworbenen Brillen in den Vordergrund gerückt werde; dabei werde „J. S.“ auch im für die Antragstellerin üblichen Schriftzug und nicht in den sonst im Prospekt verwendeten Schriftarten dargestellt. Auf die darüber hinaus geltend gemachte Rufschädigung komme es nicht an, da bereits der fälschlich vermittelte Eindruck einer Sonderbeziehung zwischen den Parteien das Ankündigungsrecht der Antragsgegnerinnen begrenze.

Die Antragstellerin habe jedoch hinsichtlich der Antragsgegnerin zu 3) nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass diese die streitgegenständliche Anzeige in Auftrag gegeben habe, so dass es an einer ausreichenden Glaubhaftmachung der Passivlegitimation fehle. Die Verwendung der Marke der Antragsgegnerin zu 3) und die Franchise-Struktur der p.-Gruppe sei nicht ausreichend, da die Antragsgegnerin zu 3) ausführlich und substantiiert dargelegt habe, dass der streitgegenständliche Werbeflyer nicht von ihr, sondern von den Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) beauftragt worden sei, was sich aus der Individualisierung der Flyer ergebe. Außerdem sei den Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) gestattet, die Marke der Antragsgegnerin zu 3) zu verwenden. Letztere habe auch ausgeführt, unter welchen Umständen und in welchem Umfang die Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) als Franchisenehmerinnen regionale Werbung schalten könnten und/oder müssten. Eine anwaltliche Versicherung des langjährigen Vertreters der p.-Gruppe im Hinblick auf die grundsätzliche rechtliche Ausgestaltung der jeweiligen Vertragsbeziehungen sei – jedenfalls im Rahmen der sekundären Darlegungslast – ausreichend. Auch eine Störerhaftung komme nicht in Betracht, da nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden sei, dass die Antragsgegnerin zu 3) eine rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung der konkreten Werbeanzeige gehabt und ihr zumutbare Prüfpflichten verletzt habe.

Bezüglich des Verfügungsantrags in Ziff. 1 b) beruhe der Unterlassungsanspruch gegen die Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) auf §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 3, 5a Abs. 2 UWG. Die Antragstellerin als Lizenzgeberin für mit „J. S.“ gekennzeichneten Brillen und die Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) als Betreiber von Optikfachgeschäften stünden in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis i. S. v. § 2 Nr. 3 UWG zueinander, da hieran im Interesse eines wirksamen wettbewerbsrechtlichen Individualschutzes keine hohen Anforderungen zu stellen seien und es daher ausreiche, dass sich der Verletzer durch seine Verletzungshandlung im konkreten Fall in irgendeiner Weise in Wettbewerb zu dem Betroffenen stelle. Es bestünden keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der BGH seine „nickelfrei“-Entscheidung allein auf die Fallkonstellation von nachgeahmten Produkten beschränken habe wollen. Der Umstand, dass es sich bei den Brillen nicht um solche der aktuellen J. S.-Kollektion handele, sei für die angesprochenen Verbraucher wesentlich i. S. d. § 5a Abs. 2 UWG, so dass in der Anzeige darauf hingewiesen hätte werden müssen. Der Verkehr erwarte nämlich jedenfalls bei Markenbrillen entsprechend den Gewohnheiten im Modebereich einen Hinweis, wenn es sich nicht um Ware aus der aktuellen Kollektion handele, da eine Brille nach der allgemeinen Verkehrsanschauung nicht mehr nur als Sehhilfe, sondern auch als modisches Accessoire wahrgenommen werde, das gewissen Trends unterworfen sei. Die angesprochenen Verbraucher wüssten, dass sich die Brillenmode über die Jahre ganz erheblich verändert habe; um diesen Trends Rechnung zu tragen, würden insbesondere von Markenherstellern regelmäßig neue Kollektionen auf den Markt gebracht, was den angesprochenen Verkehrskreisen aufgrund der damit bewusst betriebenen Werbung auch bekannt sei. Sofern Brillenkollektionen nicht in gleicher Häufigkeit wie im Textilbereich erschienen oder auch regelmäßig wiederkehrende Klassiker enthielten, stehe dies der Annahme eines aufklärungsbedürftigen Kollektionswechsels nicht entgegen, da nicht entscheidend sei, wie häufig, sondern dass immer wieder neue Kollektionen durch Hersteller auf den Markt gebracht und damit die Fassungen an aktuelle Modetrends angepasst würden. Die von den Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) beworbenen Brillen entstammten auch nicht der aktuellen J. S.-Kollektion, sondern aus der noch vom vorherigen Lizenznehmer produzierten Kollektion; diese entspreche nicht der „aktuellen“, „neuen“ oder „neuesten“ Kollektion, da nur die zuletzt vom aktuellen Lizenznehmer produzierten und neu auf den Markt gebrachten Brillen so bezeichnet werden könnten. Eine Aufklärung über die Tatsache, dass die Brillen nicht aus der aktuellen Kollektion stammten, sei auch nicht konkludent durch die Gestaltung der Werbung erfolgt. Allein der Hinweis, dass sich das Angebot nur auf die verfügbaren Brillen beziehe, lasse für den Verbraucher keinen Rückschluss auf die Kollektion zu. Auch der günstige Preis führe nicht zu einer konkludenten Aufklärung über die Kollektion, da dieser aus Sicht des Verbrauchers unterschiedliche Ursachen haben könne.

Der Unterlassungsanspruch hinsichtlich des Verfügungsantrags in Ziff. 1 b) scheitere in Bezug auf die Antragsgegnerin zu 3) aus denselben Gründen wie hinsichtlich des Verfügungsantrags in Ziff. 1 a), da die Antragstellerin die Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht nicht dargetan bzw. glaubhaft gemacht habe.

Dem erweiterten Verfügungsantrag vom 30.10.2015 (Ziff. 2) sei hinsichtlich der Antragsgegnerin zu 3) stattzugeben gewesen, da der Antragstellerin diesbezüglich ein Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 3, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG zustehe. Die Antragstellerin habe ausreichend glaubhaft gemacht, dass Mitarbeiterinnen der Antragsgegnerin zu 3) in der Filiale in S1. auf Nachfrage angegeben hätten, dass es sich bei den beworbenen Brillen um Brillen der aktuellen Kollektion handele. Die beantragte einstweilige Verfügung sei auch im Wortlaut antragsgemäß zu erlassen gewesen, da die Bezeichnungen „neue“, „neueste“ und „aktuelle“ Kollektion im Modebereich für die Umschreibung desselben Sachverhalts (also die jeweils neu auf den Markt gebrachte Kollektion des Herstellers) verwendet würden. In rechtlicher Hinsicht gelte wie in Bezug auf den Verfügungsantrag in Ziff. 1 b), dass für den Verkehr für die Kaufentscheidung ein wesentlicher Faktor sei, ob die Brillen aus der aktuellen Kollektion stammten, so dass hierzu insbesondere auf Nachfrage aufgeklärt werden müsse.

Dagegen sei der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung im Hinblick auf die Antragsgegnerin zu 1) zurückzuweisen gewesen, da die Antragstellerin einen Verfügungsanspruch vor dem Hintergrund unterschiedlicher Angaben in der Abmahnung vom 09.10.2015 (Frage nach Brillen der „neuen“ Kollektion, vgl. Anlage AG 3) und in der eidesstattlichen Versicherung vom 27.10.2015 (Frage nach Brillen der „aktuellen“ Kollektion, vgl. Anlage A 23) nicht ausreichend glaubhaft gemacht habe. Da die Bezeichnungen „neu“ und „aktuell“ verschiedene Bezugspunkte haben könnten (die Kollektion, die Werbung, das Sortiment des Fachhändlers) und für die rechtliche Bewertung, ob ein Verhalten lauterkeitsrechtlich zu beanstanden sei, die genaue Frage und Antwort klar sein müsse, sei der Sachverhalt so darzulegen und glaubhaft zu machen, wie es sich tatsächlich zugetragen habe; Umformulierungen oder Wertungen könnten auf der Sachverhaltsebene der ausreichenden Glaubhaftmachung entgegenstehen. Die Glaubhaftmachung des Sachverhalts zum Testbesuch in der Filiale in der S-straße in M. genüge diesen Anforderungen nicht, da für die Kammer nicht ausreichend erkennbar sei, was genau im Ladengeschäft gefragt und geantwortet worden sei. Die Kammer habe vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Schilderung des Sachverhalts im Wortlaut Bedenken, dass das Gespräch beim Testbesuch nur sinngemäß und nicht im Wortlaut in der eidesstattlichen Versicherung wiedergegeben worden sei.

Gegen diese Entscheidung, dem Vertreter der Antragsgegnerinnen am 14.01.2016 und dem Vertreter der Antragstellerin am 13.01.2016 zugestellt, richtet sich die am 04.02.2016 bei Gericht eingegangene und mit Schriftsatz vom 11.03.2016 (Bl. 198 ff. d. A.) begründete Berufung der Antragsgegnerinnen, mit welcher diese die vollumfängliche Antragszurückweisung begehren, sowie die am 15.02.2016 (Montag) bei Gericht eingegangene und – nach antragsgemäßer (Bl. 195 f. d. A.) Fristverlängerung (Bl. 197 d. A.) – mit Schriftsatz vom 16.03.2016, bei Gericht eingegangen am gleichen Tage (Bl. 232 ff. d. A.), begründete Berufung der Antragstellerin, mit welcher diese ihre erstinstanzlich gestellten Anträge weiter verfolgt, soweit diese durch das Landgericht zurückgewiesen wurden.

Unter Verweis auf ihr erstinstanzliches Vorbringen machen die Antragsgegnerinnen folgendes geltend:
Das Landgericht habe schon den Streitgegenstand der „ersten einstweiligen Verfügung“ vom 06.10.2015 unrichtig festgestellt, wenn es im unstreitigen Teil des Tatbestands ausführe, dass die Antragstellerin u. a. „Brillen“ und nicht richtigerweise „Brillenfassungen“ vertreibe. Diese Unterscheidung sei auch erheblich, da es für Brillenfassungen einerseits und Brillengläser andererseits ganz unterschiedliche Markenhersteller gebe, und eine genaue Differenzierung zwischen Brillenfassungen, Brillengläsern und (kompletten) Brillen auch bei der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung von entsprechenden Werbeangeboten erforderlich sei. Unrichtig sei auch die vom Landgericht als unstreitig festgestellte Tatsache, dass die Marke „J. S.“ durch den als Unternehmenslogo der Antragstellerin verwendeten Schriftzug JIISANDER geprägt werde, da dies von den Antragsgegnerinnen ausdrücklich bestritten worden sei und außerdem der Schriftzug allenfalls das Unternehmenskennzeichen der Antragstellerin, nicht aber deren Marke hätte prägen können. Ferner unterstelle das Landgericht in unrichtiger Weise regelmäßige neue Kollektionen von „Markenbrillen“-Herstellern, was von den Antragstellerinnen substantiiert bestritten worden sei. Unrichtig sei schließlich auch die Feststellung des Landgerichts zur Synonymität der Bezeichnungen „neu“, „neueste“ und „aktuell“, was ebenfalls von den Antragsgegnerinnen substantiiert bestritten worden sei. Darüber hinaus habe das Landgericht bei seiner markenrechtlichen Entscheidungsfindung wesentlichen Sachvortrag der Antragsgegnerinnen zum Kontext der streitgegenständlichen Werbung als fester Bestandteil (Rückseite) des mehrseitigen monatlichen p.-Werbeflyers für den Monat August 2015 übergangen. Ignoriert habe das Landgericht auch die unbestrittene Tatsache, dass der „Kollektionswechsel“ bei den streitgegenständlichen J. S.-Brillenfassungen nicht durch etwaige aktuelle Modetrends, sondern durch den Wechsel des exklusiven Lizenznehmers bedingt gewesen sei.

In rechtlicher Hinsicht verkenne das Landgericht hinsichtlich des Verfügungsantrags Ziff. 1 a) bereits die rechtlichen Voraussetzungen des von ihm herangezogenen Ausnahmetatbestands gem. Art. 13 Abs. 2 UMV, wenn es hierfür einen rechtsfehlerhaften „Auslegungsgrundsatz“ aufstelle und behaupte, dass das Ankündigungsrecht des Wiederverkäufers seine Grenzen wiederum in den berechtigten Interessen des Markeninhabers finde, die es geböten, das Recht des Wiederverkäufers zur Verwendung der (erschöpften) Marke auf das zu beschränken, was für die sinnvolle Vermarktung und den Vertrieb der entsprechenden Waren erforderlich sei. Hierdurch werde das Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen dem Erschöpfungsgrundsatz gem. Art. 13 Abs. 1 UMV und den nur ausnahmsweise vorliegenden, im konkreten Einzelfall festzustellenden berechtigten Interessen des Markeninhabers gem. Art. 13 Abs. 2 UMV völlig auf den Kopf gestellt. Das Landgericht ersetze die Interessenabwägung, bei der zur Bejahung des Ausnahmetatbestands des Art. 13 Abs. 2 UMV die berechtigten Interessen des Markeninhabers infolge nachgewiesener schwerwiegender Beeinträchtigungen überwiegen müssten, durch eine in Art. 13 Abs. 2 UMV nicht vorgesehene Erforderlichkeitsprüfung. Zudem verkenne das Landgericht die einzelnen rechtlichen Voraussetzungen des von ihm herangezogenen Irreführungs-Ausnahmetatbestands nach Art. 13 Abs. 2 UMV. Dieser komme nämlich in erster Linie in solchen Fällen in Betracht, in denen ein sog. ungebundener Händler eine Vertragshändlerbeziehung zum Markeninhaber bzw. Hersteller oder eine Zugehörigkeit zum Vertriebsnetz des Markeninhabers bzw. Herstellers gezielt vortäusche; ein solcher Fall liege hier aber nicht vor. Worin aber die vom Landgericht behauptete besondere wirtschaftliche Beziehung oder Kooperation im Sinne einer „offiziellen Sonderaktion“ zwischen der Antragstellerin und den Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) bestehen solle, deren Eindruck durch die Werbung erweckt werde, bleibe völlig im Dunkeln. Offizielle Werbe- und Verkaufsaktionen zwischen Herstellern bzw. Markeninhabern und Wiederverkäufern gebe es in der Praxis schlichtweg nicht, weil Markenhersteller an solchen Sonderpreis-Aktionen überhaupt kein Interesse hätten, zumal solche Sonderpreis-Aktionen eindeutig und offensichtlich gegen das kartellrechtliche Preisbindungsverbot der zweiten Hand gem. Art. 101 Abs. 1 AEUV, § 1 GWB, Art. 4 lit. a) Vertikal-GWO verstießen. Ignoriert werde durch das Landgericht überdies, dass der Wiederverkäufer durch Art. 13 Abs. 2 UMV bzw. § 24 Abs. 2 MarkenG nicht daran gehindert sei, in seiner Werbung auch Bildmarken und Wort-/Bildmarken des Markeninhabers zu verwenden. Auch eine mehrfache und/oder besonders hervorgehobene Verwendung der Marken des Markeninhabers in der Werbung des Wiederverkäufers führe nicht ohne Weiteres zu einer Irreführung. Eine Irreführung sei in der Regel ausgeschlossen, wenn wie vorliegend in der Werbung mehrere Marken(-produkte) gleichzeitig beworben und angeboten würden. Weiterhin sei der vom Landgericht aufgestellte Erfahrungssatz, wonach es sich regelmäßig um eine offizielle (Werbe-)Sonderaktion zwischen Hersteller und Händler handele, wenn in der Werbung eines Händlers die Marke des beworbenen Produkts bzw. des Herstellers im Vordergrund stehe, nicht haltbar, da er vom Landgericht in keiner Weise (empirisch) hergeleitet oder auch nur ansatzweise begründet werde; er sei auch schlichtweg erfahrungswidrig und falsch. Es treffe auch nicht zu, dass in der streitgegenständlichen Werbung die Marke „J. S.“ im Vordergrund stehe und die Marke „p.“ dagegen in den Hintergrund treten solle; das Landgericht hätte stärker den Kontext des gesamten p.-Werbeflyers berücksichtigen müssen. Außer Acht gelassen sei bei der Subsumtion des Landgerichts auch der Umstand, dass Art. 13 Abs. 2 UMV ein restriktiv auszulegender Ausnahmetatbestand sei. Schließlich habe das Landgericht rechtsfehlerhaft auch keine Interessenabwägung vorgenommen. Hinsichtlich des gleichfalls nicht gegebenen Ausschlusses der Erschöpfung der Markenrechte der Antragstellerin wegen Schädigung des Rufs der J. S.-Marke durch die streitgegenständliche Werbung werde auf den erstinstanzlichen Vortrag Bezug genommen.

Der Verfügungsanspruch gem. Ziff. 1 b) des Verfügungsantrags scheitere schon an der fehlenden Aktivlegitimation der Antragstellerin, da es an einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zwischen der Antragstellerin und den Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) fehle. Die „nickelfrei“-Entscheidung des BGH spreche von einem Angebot und Vertrieb „gleichartiger“ bzw. „entsprechender“ Produkte und meine damit ersichtlich nicht die Originalprodukte des Herstellers bzw. Lizenzgebers, sondern von diesen verschiedene, insbesondere nachgeahmte oder sonst wie ähnliche (Händler-)Produkte; nur durch solche anderen Produkte könne der Absatzerfolg der (lizenzierten) Originalprodukte beeinträchtigt werden; würden vom Händler wie hier dagegen Originalprodukte des Lizenzgebers vertrieben, fördere das deren Absatzerfolg gerade und behindere ihn nicht. Weiterhin habe das Landgericht rechtsfehlerhaft eine Informationspflicht der Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) über einen vermeintlichen modebedingten Kollektionswechsel bei den beworbenen J. S.-Brillenfassungen angenommen. Voraussetzung hierfür sei eine Interessenabwägung, bei der im Ergebnis die überwiegenden Interessen der Verbraucher einer für den Werbenden zumutbare Information unabdingbar machen; das Landgericht unterstelle aber ohne jegliche Interessenabwägung unzutreffend für den Modebereich und hieran anschließend auch für den Bereich „Markenbrillen“ eine pauschale allgemeine Informationspflicht des Werbenden, wenn es sich nicht um Ware aus einer aktuellen Kollektion handele. Auch hier stelle das Landgericht den nicht haltbaren Erfahrungssatz auf, wonach der durchschnittliche Brillenkäufer wie im Modebereich einen Hinweis vom Werbenden erwarte, wenn die beworbene Marken-Brille nicht aus der aktuellen Kollektion stamme. Zu Unrecht unterstelle das Landgericht hier, dass „Markenbrillen“-Hersteller regelmäßig aus modischen Gründen neue Kollektionen von Brillen auf den Markt brächten. Selbst wenn eine Informationspflicht bestünde, läge kein Verstoß gegen § 5a UWG vor, weil es sich bei den beworbenen streitgegenständlichen J. S.-Brillenfassungen um solche einer aktuellen „Kollektion“ der Antragstellerin handele: „Neu“ und „aktuell“ seien keine Synonyme; somit sei es gut möglich, dass es wie vorliegend zwei gegenwärtig vorhandene, also aktuelle, Kollektionen von Brillenfassungen eines Lizenzgebers auf dem Markt gebe. Der maßgebliche aufmerksame und verständige Verbraucher sei außerdem durch den Inhalt der streitgegenständlichen Werbung zumindest konkludent aufgeklärt worden, da solche Verbraucher bei einem äußerst attraktiven Gesamtpreis ab 50 EUR bzw. 79 EUR nicht davon ausgehen hätten können, dass es sich bei den J. S. Brillenfassungen um die neuesten auf dem Markt gerade verfügbar gewordenen Modelle handele.

Der Erlass der „zweiten einstweiligen Verfügung“ sei deshalb rechtsfehlerhaft, weil die Antragserweiterung nicht den Bestimmtheitserfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entspreche, in sich widersprüchlich und deshalb unzulässig sei. Auch ein Verfügungsanspruch bestehe nicht, da die Antragstellerin mangels konkreten Wettbewerbsverhältnisses nicht aktivlegitimiert sei. Weiterhin sei keine Irreführung nach § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG gegeben, weil die Bezeichnung „aktuell“ verschiedene Bezugspunkte habe und sich daher u. a. entweder auf die „Kollektion“ des Herstellers oder – wie vorliegend – auf das beim Händler vorhandene Sortiment beziehen könne. Selbst wenn man die Aussage im ersteren Sinne verstehe, sei die Aussage der Mitarbeiterinnen der Antragsgegnerin zu 3) nicht irreführend, da es sich bei den streitgegenständlichen J. S.-Fassungen um solche einer aktuellen „Kollektion“ handele, so dass die Aussage der Mitarbeiterinnen inhaltlich richtig gewesen wäre. Außerdem treffe nicht zu, dass die Bezeichnungen „aktuell“, „neu“ und „neueste“ im Modebereich synonym verwendet würden. Schließlich sei die angegriffene Behauptung von der Antragstellerin als Anstifterin und damit als „agent provocateur“ selbst verursacht worden, weshalb sie keine wettbewerbsrechtlich relevante Irreführung darstellen könne.

Die Antragsgegnerinnen beantragen,

1. unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts München I vom 05.01.2016, Az. 33 O 17737/15, die einstweilige Verfügung vom 06.10.2015 in vollem Umfang (auch gegen die Antragsgegnerinnen zu 1) und 2)) aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 05.10.2015 in vollem Umfang (auch gegen die Antragsgegnerinnen zu 1) und 2)) zurückzuweisen.

2. unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts München I vom 05.01.2016, Az. 33 O 17737/15, die einstweilige Verfügung vom 05.01.2016 gegen die Antragsgegnerin zu 3) aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 05.10.2015 in vollem Umfang (auch gegen die Antragsgegnerinnen zu 3) zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Berufung der Antragsgegnerinnen zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Ersturteil im Umfang der Verurteilung und führt hierzu ergänzend aus:

Die von den Antragsgegnerinnen gerügte Nutzung der Begrifflichkeiten „Brille“ und „Brillenfassungen“ sei nicht entscheidungserheblich, da im allgemeinen Sprachgebrauch „Brille“ auch die Brillenfassung bezeichne und das Landgericht offensichtlich davon ausgegangen sei, dass die Antragstellerin nur Brillenfassungen lizenziere. Das Landgericht gehe auch nicht davon aus, dass die Marke der Antragstellerin durch den Schriftzug J. S. geprägt werde, wie sich aus S. 17 des LGU ergebe. Dieses Zeichen sei außerdem auch als Unionsmarke Nr. 12574364 geschützt. Ferner habe sich das Landgericht auch mit den Fragen der regelmäßig neuen Kollektionen, des Verständnisses der Begriffe „neu“, „neueste“ und „aktuell“ und des Gesamtkontextes der streitgegenständlichen Werbung befasst. Der Kollektionswechsel sei nicht nur durch den Wechsel des exklusiven Lizenznehmers, sondern auch modisch bedingt gewesen, da auch der alte Lizenznehmer inzwischen eine neue Kollektion herausgebracht hätte. Außerdem sei auch die neue Kollektion neu gestaltet und folge neuen Modetrends, so dass unerheblich sei, was genau die Änderung der Brillenkollektion ausgelöst habe. Der Kollektionswechsel aufgrund Lizenznehmerwechsel sei zudem für den Verbraucher noch relevanter als ein reiner Wechsel von Winter- zu Sommerkollektion, da bei Modeprodukten der Wechsel eines Designers oft zu einer Änderung des Stils und des Prestiges führe.

Der von den Antragsgegnerinnen monierte Auslegungsgrundsatz des Landgerichts, wonach die Nutzung der Marke des Wiederverkäufers darauf zu beschränken sei, was für die Vermarktung erforderlich sei, sei nicht rechtsfehlerhaft, sondern entstamme der Rechtsprechung des EuGH. Dagegen finde sich die von den Antragsgegnerinnen herangezogene Voraussetzung des Art. 13 Abs. 2 UMV, dass die berechtigten Interessen des Markeninhabers nachweislich schwer beeinträchtigt sein müssten, in Rechtsprechung und Literatur nicht. Ebenso wenig sei Voraussetzung des Ausnahmetatbestands, dass der Markeninhaber für die relevanten Produkte ein selektives Vertriebsnetz oder ein Vertragshändler-Netz betreibe. Das Argument der Antragsgegnerinnen, es gäbe keine anderen Kooperationen als Vertragshändler und Co-Sponsoring, sei abwegig, da dem Verkehr neben Co-Sponsoring-Verträgen für Gewinnspiele noch unzählige andere Werbeverbindungen zwischen Händlern und Herstellern bekannt sei. Weiterhin habe das Landgericht die Erschöpfung der Markenrechte nicht nur deshalb abgelehnt, weil die Wort-/Bildmarke verwendet worden sei, sondern es habe seine Einschätzung zu Recht auf Basis verschiedener Elemente der streitgegenständlichen Werbung getroffen. Darüber hinaus würden die Antragsgegnerinnen entgegen ihrer Behauptung gar nicht mit anderen Marken in einer Weise werben, die hier eine Irreführung ausschließen könnte, unabhängig davon, dass es den behaupteten Ausschluss des Ausnahmetatbestands bei Verwendung mehrerer Marken gar nicht gebe. Natürlich müsse auf dem Flyer bei Irreführung über die Kooperation zwischen Händler und Hersteller auch der Händler genannt werden, so dass die Verwendung der Händlermarke den Ausnahmetatbestand denklogisch nicht ausschließe. Außerdem würden in der streitgegenständlichen Werbung keine weiteren Marken für Brillenfassungen benannt, so dass der Kontrast zu der Nennung der Antragstellerin am Ende des Flyers für den Verbraucher gerade für eine besondere Kooperation spreche. Der zweite von den Antragstellerin angegriffene angebliche Erfahrungssatz, auf den sich das Landgericht stütze („Wenn in der Werbung eines Händlers die Marke des beworbenen Produkts bzw. des Herstellers im Vordergrund steht, handelt es sich regelmäßig um eine offizielle (Werbe-)Sonderaktion zwischen Hersteller und Händler1), finde sich im Urteil gar nicht; vielmehr sei das Landgericht auf S. 17 f. des LGU aus eigener Feststellung aufgrund konkret genannter Einzelumstände zu seinem Ergebnis gekommen. Art. 13 Abs. 2 UMV greife im Übrigen auch deshalb ein, da die Gestaltung der streitgegenständlichen Werbung zusätzlich auch dazu geeignet sei, den Ruf der Antragstellerin erheblich zu schädigen. Insofern verweist die Antragstellerin auf ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Hinsichtlich des Verfügungsantrags in Ziff. 1 b) sei das Landgericht zu Recht von einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien ausgegangen. Es sei in keiner Weise verständlich, warum nur die Art des Vertriebs nachgeahmter Produkte Auswirkungen auf den Absatz des Lizenzgebers haben solle, nicht aber die Art des Vertriebs von Originalprodukten. Schon im Ansatz sei die Annahme der Antragsgegnerinnen falsch, dass jede Vertriebshandlung, egal ob wettbewerbswidrig oder nicht, den Absatzerfolg des vertriebenen Produkts steigere und dass jede Absatzsteigerung positiv sei. So sei natürlich wettbewerbswidrige Werbung denkbar, die den Absatz nicht steigere, sondern durch die Irreführung zu Einbußen führe. Auch sei nicht automatisch jede Steigerung des Absatzerfolgs positiv, wenn z. B. wie vorliegend Produkte einer alten Kollektion verramscht würden und dies potentiell Verkäufe zu normalen Preisen verdränge. Bei der Annahme einer Informationspflicht gem. § 5a Abs. 2 UWG habe das Landgericht keinen rechtsfehlerhaften Erfahrungssatz angewandt, wonach Verbraucher den Hinweis erwarteten, wenn die beworbene Brille nicht aus einer aktuellen Kollektion stamme, sondern es habe diese Feststellung vielmehr als Teil der angesprochenen Verbraucher getroffen. Im Übrigen wäre ein solcher Erfahrungssatz auch nicht falsch, da allgemein anerkannt sei, dass Verbraucher im Modebereich und im Bereich von wechselnder Technik einen Hinweis auf die Kollektionszugehörigkeit erwarteten. Bei der Feststellung der Tatsachenfrage, wie der Begriff „aktuell“ von der Allgemeinheit im Zusammenhang mit Kollektionen verstanden werde, habe das Landgericht keinen Fehler gemacht, da es dies als Teil der deutschen Bevölkerung aus eigener Sachkenntnis habe beantworten können und sich ausführlich mit dem falschen Begriffsverständnis der Antragsgegnerinnen auseinandergesetzt habe.

Schließlich habe das Landgericht bezüglich des Verfügungsantrags Ziff. 2 hinsichtlich der Antragsgegnerin zu 3) richtig entschieden. Die Antragsgegnerin zu 3) stütze sich wiederum nur auf ihr falsches Verständnis des Begriffs „aktuell“, um hier eine Irreführung zu verneinen. Außerdem bleibe völlig unklar, woraus die Antragsgegnerin zu 3) die angebliche Rechtswidrigkeit der Frage des Testkäufers herleiten wolle.

Soweit das Landgericht hinsichtlich der Anträge Ziff. 1 a) und b) lediglich die Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) verurteilt habe, trägt die Antragstellerin vor, dass das Landgericht unzutreffend angenommen habe, dass die Antragsgegnerin zu 3) keinen Einfluss auf die Gestaltung der streitgegenständlichen Anzeige gehabt habe. Die Antragstellerin habe ausführlich glaubhaft gemacht, dass die Antragsgegnerin zu 3) als Franchisegeberin jedenfalls den Inhalt der streitgegenständlichen Werbung in Auftrag gegeben habe, ohne dass dies die Antragsgegnerin zu 3) widerlegt habe. Dies stehe auch nicht im Widerspruch zur Behauptung der Antragsgegnerinnen, es stünde den Franchisenehmern frei, welche Werbemaßnahmen sie schalteten; dies ändere nämlich nichts daran, dass die streitgegenständliche Werbung inhaltlich von der Antragsgegnerin zu 3) als Franchisegeberin vorgegeben worden sei und die Franchisenehmer hier nur frei darüber entschieden hätten, ob sie die Anzeige schalten wollten. Die anwaltliche Versicherung der Gegenseite als einzig verwendetes Glaubhaftmachungsmittel für die Frage der Beauftragung der Werbeanzeige sei unzureichend. Als direkt Verantwortliche für die Werbung hafte die Antragsgegnerin zu 3) als Täterin und hilfsweise als Störerin oder als beauftragendes Unternehmen nach § 8 Abs. 2 UWG, da nach der Rechtsprechung des BGH der Franchisenehmer als Beauftragter des Franchisegebers i. S. d. UWG anzusehen sei, wenn der Franchisenehmer Werbung schalte, die durch die Herausstellung der Marke des Franchisegebers zu deren Bekanntheit beitrage.

Hinsichtlich des Verfügungsantrags in Ziff. 2 und der unterbliebenen Verurteilung der Antragsgegnerin zu 1) habe das Landgericht die vorgetragenen Tatsachen und Glaubhaftmachungsmittel fehlerhaft gewürdigt. Die Antragstellerin habe detailliert und widerspruchsfrei dargelegt, wie die „Testberatung“ bei der Antragsgegnerin zu 1) durchgeführt worden sei und mit der eidesstattlichen Versicherung der Zeugin O. glaubhaft gemacht, wobei deren Übersetzung ins Englische für den Geschäftsführer der Antragstellerin als Basis für die Abmahnung verwendet worden sei, weshalb es zu einem Übersetzungsfehler von „aktuell“ zu „neu“ gekommen sei; den Beweiswert dieses Glaubhaftmachungsmittels habe das Landgericht ohne nachvollziehbaren Grund in Zweifel gezogen.

Die Dringlichkeit der Angelegenheit sei auch nicht dadurch entfallen, dass die Antragstellerin sich die Berufungsbegründungsfrist habe verlängern lassen. Mit der Fristverlängerung habe sie nicht zu erkennen gegeben, dass ihr die Geltendmachung der behaupteten Ansprüche doch nicht dringlich sei: Allein das Stellen eines Fristverlängerungsantrags sei nicht dringlichkeitsschädlich (vgl. OLG München NJOZ 2002, 1450, 1452), ebenso wenig wie die volle Ausschöpfung der gesetzlichen Berufungseinlegungs- und Berufungsbegründungsfrist. Außerdem sei der Anspruch für die Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin zu 3) gesichert, da diese sich in einer Vereinbarung vom 26./28.10.2015 verpflichtet habe, die streitgegenständliche Werbung bis zur rechtskräftigen Feststellung von deren (Un-)Zulässigkeit nicht mehr zu verwenden.

Die Antragstellerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts München I vom 05.01.2016, Az. 33 O 17737/15,

1. es der Antragsgegnerin zu 3) bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu verbieten,

a. im geschäftlichen Verkehr in Deutschland mit der nachstehend abgebildeten und in der Anlage zum Antrag enthaltenen Anzeige zu werben oder werben zu lassen;

b. im geschäftlichen Verkehr in Deutschland mit der nachstehend abgebildeten und in der Anlage zum Antrag enthaltenen Anzeige für Brillen, die nicht aus einer aktuellen Kollektion stammen, zu werben oder werben zu lassen.

[Abb.]

2. es der Antragsgegnerin zu 1) bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu behaupten, von ihr angebotene Brillen der Marke „J. S.“ entstammten der aktuellen Kollektion, wenn die angebotenen Brillen tatsächlich nicht zur neuesten auf dem Markt erhältlichen Kollektion gehören.

2. Die Antragsgegnerinnen beantragen,

die Berufung der Antragstellerin zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerinnen machen geltend, dass durch das zögerliche Verhalten der Antragstellerin im Berufungsverfahren die Dringlichkeit entfallen sei. Sie habe nicht nur die Berufung am letzten Tag der Monatsfrist eingelegt, sondern auch die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen ganzen Monat und knapp vor Ablauf der ursprünglichen Frist beantragt. Ihre Berufungsbegründung habe sie dann auch zwar innerhalb der verlängerten Frist, aber erst nach Ablauf der ursprünglichen Zweimonatsfrist eingereicht. Vorliegend hätte es überdies der Ausschöpfung der Fristen nicht bedurft, da die meisten der maßgeblichen Sach- und Rechtsfragen bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen seien. Die streitgegenständliche Konstellation entspreche fast exakt derjenigen, die das OLG München bereits mit Beschluss vom 16.08.2007, Az. 29 U 3340/07, zu Recht als dringlichkeitsschädlich eingestuft habe. Die von der Antragstellerin genannte Vereinbarung zwischen ihr und der Antragsgegnerin zu 3) ändere nichts, da zögerliches Verhalten des Antragstellers allenfalls dann nicht dringlichkeitsschädlich sei, wenn er im Besitz eines vorläufig vollstreckbaren Titels sei; die Vereinbarung stelle keine auch nur annähernd gleichwertige Sicherung dar.

Im Rahmen des Verfügungsantrags in Ziff. 1 a) und b) habe das Landgericht hinsichtlich der fehlenden Passivlegitimation der Antragsgegnerin zu 3) zu Recht festgestellt, dass – wie sie ausführlich und substantiiert dargelegt habe – nicht sie die streitgegenständliche Werbung in Auftrag gegeben habe, sondern die Antragsgegnerinnen zu 1) und 2). Es habe auch keine inhaltlichen Vorgaben der Antragsgegnerin zu 3) für den konkreten Fall gegeben, zumal sie hierzu aufgrund des Franchisevertrags und aus kartellrechtlichen Gründen gar nicht berechtigt sei; sie habe auch keinen bestimmenden und durchsetzbaren Einfluss auf Preise und Werbung der beiden anderen Antragsgegnerinnen. Das Landgericht habe ferner zutreffend die anwaltliche Versicherung des Vertreters der Antragsgegnerin zu 3) im Hinblick auf ihre fehlende Passivlegitimation als ausreichend erachtet, da er im Rahmen seiner Berufstätigkeit nicht nur den maßgeblich von ihm mitgestalteten Franchisevertrag kenne, sondern seit seinen Anfängen das gesamte Franchisesystem. Mangels Auftrags durch die Antragsgegnerin zu 3) scheide also eine täterschaftliche Haftung aus, ebenso wie eine Störerhaftung und eine Beauftragtenhaftung, da für letztere Voraussetzung sei, dass der Betriebsinhaber (also die Antragsgegnerin zu 3) auf den selbstständigen Unternehmer (also die Antragsgegnerinnen zu 1) und 2)) einen bestimmenden und durchsetzbaren Einfluss habe, was nach den maßgeblichen Franchiseverträgen und dem Kartellrecht gerade nicht der Fall sei. Auch trage die Werbung keineswegs den Namen der Antragsgegnerin zu 3). Die BGH-Entscheidung „Franchise-Nehmer1 sei vorliegend nicht einschlägig.

Schließlich habe das Landgericht den Verfügungsantrag in Ziff. 2 gegen die Antragsgegnerin zu 1) zu Recht aufgrund des unklaren und widersprüchlichen Sachvortrags der Antragstellerin zurückgewiesen, angesichts dessen völlig unklar bleibe, was genau im Fachgeschäft gefragt und was genau geantwortet worden sei. Die Widersprüchlichkeit lasse sich auch nicht mit einem angeblichen Übersetzungsfehler erklären.

Wegen des Parteivorbringens im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie des Weiteren auf den richterlichen Hinweis vom 11.03.2016 (Bl. 197 d. A.) und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30.06.2016 (Bl. 304 ff. d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

II.
Die nach § 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere gem. §§ 519 Abs. 1, Abs. 2, 517 ZPO form- und fristgerecht eingelegte und gem. § 520 Abs. 3, Abs. 2 S. 1 ZPO begründete Berufung der Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) ist erfolgreich: Hinsichtlich des Verfügungsantrags in Ziff. 1 a) hat das Landgericht zu Unrecht als Verfügungsanspruch einen markenrechtlichen Unterlassungsanspruch der Antragstellerin gem. Art. 102 Abs. 1 S. 1, Art. 9 Abs. 1 S. 2 lit. a) UMV bejaht, da deren Markenrechte gem. Art. 13 Abs. 1 UMV erschöpft sind, ohne dass die Ausnahmebestimmung gem. Art. 13 Abs. 2 UMV greift (A. 1.). Weil der Umstand, dass die beworbenen Brillenfassungen nicht einer aktuellen Kollektion angehören, nicht als wesentliche Information i. S. v. § 5a Abs. 2 UWG einzuordnen ist und daher die Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) in der angegriffenen Werbeanzeige nicht hierüber aufklären mussten, besteht zugunsten der Antragstellerin auch nicht der mit Verfügungsantrag Ziff. 1 b) geltend gemachte wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch i. S. v. §§ 8 Abs. 1 S. 1 Alt. 2, Abs. 3 Nr. 1 UWG (A. 2.). Ohne Erfolg bleibt dagegen die zulässige Berufung der Antragsgegnerin zu 3), nachdem das Landgericht aus zutreffenden Erwägungen in der unrichtigen Auskunft der Mitarbeiterin der Antragsgegnerin zu 3) eine Irreführung i. S. v. §§ 3, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG gesehen und in der Konsequenz einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch bejaht hat (A. 3.). Die zulässige Berufung der Antragstellerin war zurückzuweisen, da ein Verfügungsgrund für die mit der Berufung weiter verfolgten Verfügungsanträge nicht gegeben ist (B.). Im Einzelnen:

A.
Berufung der Antragsgegnerinnen

1.
Es besteht als Verfügungsanspruch für den Verfügungsantrag Ziff. 1 a) zugunsten der Antragstellerin kein markenrechtlicher Unterlassungsanspruch i. S. v. Art. 102 Abs. 1 S. 1, Art. 9 Abs. 1 S. 2 lit. a) UMV hinsichtlich der angegriffenen Werbung der Antragsgegnerinnen zu 1) und 2), so dass auf deren Berufung hin das landgerichtliche Urteil insoweit aufzuheben war: Soweit die Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) in der Werbung die durch die vorrangig geltend gemachte Unionswortmarke Nr. 10041002 geschützte Kennzeichnung „J. S.“ verwendeten, waren sie hierzu gem. Art. 13 Abs. 1 UMV wegen Erschöpfung des Rechts aus der Unionsmarke berechtigt. Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht der durch Art. 13 Abs. 2 UMV geregelte Ausnahmetatbestand, da vorliegend zugunsten der Antragstellerin keine „berechtigten Gründe“ im Sinne der genannten Vorschrift gegeben sind, die es rechtfertigen würden, dass die Antragstellerin sich dem weiteren Vertrieb der Waren widersetzt.

a.
Die Antragstellerin hat ihren Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr gestützt und hierfür auf eine im Jahr 2015 vorgenommene Handlung der Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) Bezug genommen. Der Unterlassungsantrag ist nur dann begründet, wenn das beanstandete Verhalten der Antragsgegnerinnen nach dem zur Zeit der Handlung geltenden Recht rechtswidrig war; da der Unterlassungsanspruch in die Zukunft gerichtet ist, muss das beanstandete Verhalten der Antragsgegnerinnen zudem nach dem zur Zeit der Entscheidung geltenden Recht rechtswidrig sein (vgl. BGH GRUR 2015, 504 Rn. 8 -Kostenlose Zweitbrille m. w. N.). Die zum Zeitpunkt der Begehung der angegriffenen Handlung geltende Rechtslage gemäß der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates über die Gemeinschaftsmarke (= Gemeinschaftsmarkenverordnung/GMV) unterscheidet sich jedoch vorliegend inhaltlich nicht von der zum Zeitpunkt der Verkündung geltenden Rechtslage gemäß der die GMV zur Unionsmarkenverordnung (UMV) abändernden Verordnung (EU) 2015/2424 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2015, in Kraft getreten am 26.03.2016 (Art. 4), da Art. 13 Abs. 1 GMV und Art. 13 Abs. 1 UMV inhaltsgleich geblieben sind und die Regelung gem. Art. 13 Abs. 2 GMV unverändert in Art. 13 Abs. 2 UMV übernommen wurde.

b.
Das Landgericht hat zu Recht die Benutzung des mit der Marke der Antragstellerin identischen Zeichens „J. S.“ für identische Waren (Brillen bzw. Brillenfassungen) durch die Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) angenommen (vgl. LGU S. 15). Dies wird von der Berufung auch nicht angegriffen.

c.
Das aus diesem Grund an sich gem. Art. 9 Abs. 2 lit. a. UMV gegebene Recht der Antragstellerin, von den Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) Unterlassung der Markenbenutzung in der streitgegenständlichen Werbung zu verlangen, ist jedoch gem. Art. 13 Abs. 1 UMV erschöpft, da die beworbenen Brillenfassungen unstreitig von der M. Germany GmbH als ehemalige Lizenzpartnerin der Antragstellerin mit deren Zustimmung in Deutschland in den Verkehr gebracht worden sind und von den Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) über die S. Vertriebs GmbH erworben wurden. Von der Erschöpfung erfasst ist dabei nicht nur das Veräußerungsrecht, sondern auch das Ankündigungsrecht, also das Recht, werblich auf die mit der Marke gekennzeichneten Produkte hinzuweisen und dabei wiederum die Marke zu verwenden (vgl. EuGH GRUR Int. 1998, 140 Rn. 136 – Dior/Evora; EuGH GRUR 2010, 841 Rn. 77 – Portakabin/Primakabin; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 24 Rn. 51; Hacker in Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 24 Rn. 52).

d.
Nicht gefolgt werden kann dem Landgericht dagegen in seiner Annahme, dass die genannte Einschränkung der Markenrechte aufgrund Erschöpfung vorliegend gem. Art. 13 Abs. 2 UMV keine Anwendung finde und die Antragstellerin sich als Markeninhaberin der weiteren Markennutzung durch die Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) widersetzen könne, weil berechtigte Gründe dies rechtfertigen würden: Weder ist als berechtigter Grund i. S. v. Art. 13 Abs. 2 UMV in der streitgegenständlichen Werbung eine (vom Landgericht offen gelassene) erhebliche Rufschädigung der Marke der Antragstellerin zu sehen, noch erweckt sie den irreführenden Eindruck, es bestünde eine besondere wirtschaftliche Beziehung der Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) als Werbende zu der Antragstellerin als Markeninhaberin.

aa.
Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass bei der Auslegung der Reichweite des Art. 13 Abs. 2 UMV die Grundentscheidung des Abs. 1, die Erfordernisse des Handelsverkehrs wie auch der Grundsatz des freien Warenverkehrs zu berücksichtigen sind, so dass sich eine extensive Auslegung des Abs. 2 verbietet und bei der Annahme von berechtigten Gründen in Fällen, bei denen nicht eine (vom Wortlaut der Vorschrift explizit erfasste) Veränderung der Ware oder ihrer Verpackung vorliegt, Zurückhaltung geboten ist (vgl. Ingerl/Rohnke, a. a. O., § 24 Rn. 87; Hacker, a. a. O., § 24 Rn. 118: berechtigte Gründe „nur in krassen Fällen“).

bb.
Der Europäische Gerichtshof hat hierbei zwei Fallgruppen genannt, in denen „berechtigte Gründe“ i. S. v. Art. 7 Abs. 2 der Marken-Richtlinie 89/104/EWG (auf dem Art. 13 Abs. 2 UMV beruht) insbesondere vorliegen können:


(1)
Zum einen ist ein berechtigter Grund anzunehmen, wenn die Benutzung eines mit einer Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens durch den Werbenden den Ruf der Marke erheblich schädigt. Bei Waren mit Luxus- und Prestigecharakter muss der Wiederverkäufer darauf bedacht sein, mit seiner Werbung die Wertschätzung der Marke nicht dadurch zu beeinträchtigen, dass er den Luxus- und Prestigecharakter der betreffenden Waren sowie die von ihnen ausgehende luxuriöse Ausstrahlung beeinträchtigt. Allerdings stellt der Umstand, dass ein Wiederverkäufer, der gewöhnlich Artikel gleicher Art, aber nicht unbedingt gleicher Qualität vertreibt, für die mit der Marke versehenen Waren in seiner Branche übliche Werbeformen benutzt, selbst wenn diese nicht denen entsprechen, die der Markeninhaber selbst oder die von ihm ausgewählten Wiederverkäufer verwenden, keinen berechtigten Grund i. S. v. Art. 7 Abs. 2 der Marken-Richtlinie 89/104/EWG dar, der es rechtfertigt, dass der Inhaber sich dieser Werbung widersetzt, sofern nicht erwiesen ist, dass die Benutzung der Marke in der Werbung des Wiederverkäufers den Ruf der Marke im konkreten Fall erheblich schädigt. Der EuGH führt weiter aus, dass eine solche erhebliche Schädigung dann vorliegen könnte, wenn der Wiederverkäufer nicht dafür sorgen würde, dass die Marke in seinem Werbeprospekt nicht in einer Umgebung erscheint, die das Image, das der Inhaber seiner Marke hat verschaffen können, erheblich beeinträchtigen könnte (vgl. EuGH GRUR Int. 1998, 140 Rn. 43 ff., 54 – Dior/Evora; EuGH GRUR Int. 1999, 438 Rn. 49 – BMW; EuGH GRUR 2009, 593 Rn. 55 ff. – Copad/Dior).


(2)
Zum anderen kann ein berechtigter Grund i. S. v. Art. 7 Abs. 2 der Marken-Richtlinie 89/104/EWG auch dann vorliegen, wenn der Wiederverkäufer mit seiner Werbung, für die er sich des mit der Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens bedient, den Eindruck erweckt, es bestehe eine wirtschaftliche Verbindung zwischen ihm und dem Markeninhaber, und insbesondere, das Unternehmen des Wiederverkäufers gehöre dem Vertriebsnetz des Markeninhabers an oder es bestehe eine besondere Beziehung zwischen den beiden Unternehmen. Eine Werbung, die diesen Eindruck hervorrufen kann, ist nämlich nicht erforderlich, um den Wiederverkauf der vom Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung unter der Marke in den Verkehr gebrachten Waren und damit das Ziel der Erschöpfungsregel des Art. 7 der Marken-Richtlinie 89/104/EWG sicherzustellen (vgl. EuGH GRUR 2010, 841 Rn. 80 – Portakabin/Primakabin).

cc.
Unter Beachtung der in Ziff. II. A. 1. d. bb. (1) wiedergegebenen Grundsätze ist zunächst festzustellen, dass sich die Antragstellerin in der hier zu entscheidenden Konstellation nicht auf eine erhebliche Schädigung des Rufs ihrer Marke durch die angegriffene Werbeanzeige als „berechtigter Grund“ i. S. v. Art. 13 Abs. 2 UMV berufen kann.

(1)
Offen bleiben kann dabei die zwischen den Parteien streitige Frage, ob es sich bei den mit der Marke der Antragstellerin gekennzeichneten Brillenfassungen tatsächlich um Waren aus dem Luxus- bzw. Premiumsegment handelt.

(2)
Selbst wenn man nämlich letzteres unterstellt – so dass die Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) gemäß der dargelegten EuGH-Rechtsprechung gehalten gewesen wären, durch ihre Werbung die Wertschätzung der Marke der Antragstellerin nicht dadurch zu beeinträchtigen, dass sie den Luxus- und Prestigecharakter der Brillenfassungen sowie die von ihnen ausgehende luxuriöse Ausstrahlung beeinträchtigen -, hat die Antragstellerin nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht, dass als erwiesener Umstand die Benutzung ihrer Marke in der Werbung der Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) den Ruf der Marke im konkreten Fall erheblich schädigt, wie es die Rechtsprechung des EuGH verlangt: Sämtliche Ausführungen der Antragstellerin in dieser Hinsicht zielen lediglich darauf ab, die Gefahr einer Markenrufschädigung zu belegen bzw. zu zeigen, dass eine erhebliche Schädigung des Markenimages droht. Dies ist aber grundsätzlich unzureichend, vgl. auch Ingerl/Rohnke, a. a. O., § 24 Rn. 87. Dass eine Schädigung des Markenrufs überhaupt bereits konkret eingetreten ist und dass diese darüber hinaus auch erheblich ist, hat die Antragstellerin zu keinem Zeitpunkt aufgezeigt.

dd.
Ebenso wenig ist, entgegen den Ausführungen des Landgerichts, als Ausnahme vom Grundsatz der Erschöpfung und damit als berechtigter Grund i. S. v. Art. 13 Abs. 2 UMV davon auszugehen, dass durch die streitgegenständliche Werbung der irreführende Eindruck erweckt würde, zwischen der Antragstellerin als Markeninhaberin und den Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) bestehe eine besondere wirtschaftliche Beziehung „in Form einer offiziellen Sonderaktion“.

(1)
Der Senat kann dabei die Ermittlung des Verkehrsverständnisses auf seine eigene Sachkunde und Lebenserfahrung stützen und die Verkehrsauffassung damit aufgrund eigenen Erfahrungswissens feststellen, da die Mehrheit der Senatsmitglieder selbst Brillenträger ist und damit selbst von der fraglichen Bewerbung der Brillenfassungen als Gegenstände des allgemeinen Bedarfs angesprochen wird (st. Rspr., vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 12 Rn. 2.71 m. w. N.).

(2)
Weiterhin ist zu bemerken, dass für die maßgeblichen Verkehrskreise der Eindruck einer Sonderbeziehung zwischen der Antragstellerin und den Antragsgegnerinnen zu 1) und 2), durch die letzteren das Anbieten von preisgünstigen Brillenfassungen mit der Marke der Antragstellerin ermöglicht würde, nicht schon deswegen ausscheidet, weil eine solche Kooperation gegen das kartellrechtliche Preisbindungsverbot verstieße und daher schon aus rechtlichen Gründen nicht möglich wäre: Der angemessen gut unterrichtete und angemessen aufmerksame und kritische Durchschnittsverbraucher (vgl. BGH GRUR 2014, 1013 Rn. 33 – Original Bach-Blüten) hat selbstredend keine entsprechenden rechtlichen Vorkenntnisse und ist daher nicht in der Lage, aufgrund dieser rechtlichen Wertung das Vorliegen einer Sonderbeziehung zwischen den hiesigen Parteien auszuschließen.

(3)
Zwar führt das Landgericht zutreffend aus, dass die konkrete Form der angegriffenen Werbung (mehrfache und besonders exponierte Verwendung des Zeichens „J. S.“, u. a. in der Form des Unternehmenslogos) und der Aufbau des gesamten Werbeflyers (…Gruppe im Vordergrund der weiteren Seiten, dagegen auf der letzten, streitgegenständlichen Seite Markenname der beworbenen Brillenfassungen im für die Antragstellerin üblichen Schriftzug und nicht in den sonst im Prospekt üblichen Schriftarten im Vordergrund) Hinweise auf eine Kooperation der Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) mit der Antragstellerin darstellen; weitere Gesichtspunkte, die für oder gegen eine solche Kooperation sprechen, wurden jedoch nicht geprüft. Unberücksichtigt blieben daher andere mögliche Gründe, weshalb ein Händler in seiner Werbung die Marke eines Produktherstellers besonders hervorhebt. So kann der Werbende hierdurch – was nahe liegt und deswegen durch den verständigen Verbraucher auch ohne Weiteres erkannt werden kann – lediglich und ausschließlich eine verstärkte Anlockwirkung in Richtung derjenigen Kunden bezwecken, die von bekannten Marken wie derjenigen der Antragstellerin besonders angesprochen werden und/oder von einem besonders kostengünstigen Angebot einer an sich teureren Markenware („Schnäppchen“) profitieren wollen; dafür, dass die Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) eben Solches im Sinn hatten, spricht im Übrigen auch die exponierte Platzierung der Werbung gerade auf der Rückseite des mehrseitigen Prospekts. Der vom Landgericht gezogene Schluss von der mehrfachen Hervorhebung des Zeichens der Antragstellerin auf eine besondere Kooperation mit ihr erscheint vor diesem Hintergrund jedenfalls in keiner Weise zwingend.

(4)
Darüber hinaus hat sich das Landgericht auch nicht mit dem Inhalt bzw. den Aussagen in der angegriffenen Werbung auseinandergesetzt. Ein gewisser Anhaltspunkt für den angesprochenen Verkehrskreis dafür, dass mit dieser Werbung keine besondere wirtschaftliche Beziehung zur Antragstellerin zum Ausdruck gebracht wird, kann nämlich darin gesehen werden, dass von „jeder vorrätigen J. S.-Fassung bis 129,- Euro“ die Rede ist: Die Einschränkung einerseits auf vorrätige Fassungen und andererseits auf eine Preisobergrenze kann als Hinweis darauf verstanden werden, dass Gegenstand der Werbung lediglich ein Abverkauf eines Restkontingents aus dem vorhandenen Bestand an Brillenfassungen aus niedrigeren Preisregionen ist, was eher in die Richtung einer unternehmerischen Entscheidung allein des Optikers als in die Richtung einer (wie auch immer gearteten) Zusammenarbeit des Optikers mit dem Markeninhaber für die Brillenfassungen deutet. Bestünde außerdem tatsächlich eine besondere Kooperation zwischen der Antragstellerin und den Antragsgegnerinnen zu 1) und 2), würde der Verbraucher eher erwarten, dass letztere auf diese Kooperation (oder auf eine „offizielle Sonderaktion“, wie das Landgericht annimmt) in der Anzeige werbewirksam ausdrücklich hinweisen, um auf diese Weise am Image der Antragstellerin und ihrer Marke teilzuhaben.

(5)
Wesentlich für die anzunehmende Erkenntnis des angesprochenen Verbrauchers, dass in der Werbeanzeige keine besondere Kooperation zwischen dem werbenden Optiker und dem Markeninhaber der beworbenen Brillenfassungen zum Ausdruck kommt, ist aber der weiter zu berücksichtigende Umstand, dass diese Brillenfassungen gerade zu einem Niedrigstpreis von 1 € angeboten werden: Dem durchschnittlich informierten, verständigen und aufmerksamen Durchschnittsverbraucher ist bekannt, dass es sich bei der Marke der Antragstellerin um eine solche jedenfalls aus einem höheren Preissegment handelt – ob aus dem Luxus- bzw. Premiumsegment, kann insofern dahingestellt bleiben -, so dass eine „Verramschung“ (so die Antragstellerin) der mit ihrer Marke gekennzeichneten Brillenfassungen nicht im Interesse der Antragstellerin sein kann, da hierdurch die Gefahr der Beeinträchtigung des von ihr verfolgten (und entsprechend mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung verteidigten) Rufs ihrer Marke bestehen könnte. Dies ist dem von der streitgegenständlichen Werbung angesprochenen Kunden der Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) auch bewusst, weshalb er auch nicht davon ausgeht, dass sich die Antragstellerin als Markeninhaberin an einer solchen „Sonderaktion“, die Grundlage dieser Werbung ist, beteiligt hat.

e.
Die gerade gemachten Feststellungen gelten in gleicher Weise für die von der Antragstellerin hilfsweise geltend gemachten Rechte aus ihrer weiteren Unionswortmarke Nr. 12754611 „J. S.“ sowie – da die Parallelregelungen gem. § 24 Abs. 1 und Abs. 2 MarkenG inhaltsgleich zu denjenigen in Art. 13 Abs. 1 und Abs. 2 UMV sind – aus ihrer deutschen Wortmarke DE 1060901 „J. S.“.

2.
Ebenfalls erfolgreich erweist sich die Berufung der Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) hinsichtlich des Verfügungsantrags in Ziff. 1 b): Der Umstand, dass die beworbenen Brillenfassungen nicht zu einer aktuellen Kollektion gehören, stellt keine wesentliche Information i. S. v. § 5a Abs. 2 UWG dar, so dass die Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) keine dahingehende Informationspflicht in der beanstandeten Werbung traf und somit der als Verfügungsanspruch geltend gemachte wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch gem. §§ 8 Abs. 1 S. 1 Alt. 2, Abs. 3 Nr. 1, 3, 5a Abs. 2 UWG nicht gegeben ist.

a.
Zu Recht ist das Landgericht dabei (ohne dass es darauf letztlich ankommt, siehe sogleich unter Ziff. II. A. 2. c.) vom Bestehen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses i. S. v. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG zwischen den Parteien ausgegangen. Wie im LGU (S. 19 f.) zutreffend gemäß der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH GRUR 2014, 1114 Rn. 24, 32 f. – nickelfrei) ausgeführt wird, sind an das Bestehen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses im Interesse eines wirksamen wettbewerbsrechtlichen Individualschutzes keine hohen Anforderungen zu stellen, so dass es ausreichend ist, dass sich der Verletzer durch seine Verletzungshandlung im konkreten Fall in irgendeiner Weise in Wettbewerb zu dem Betroffenen stellt und somit zwischen den Vorteilen, die jemand durch eine Maßnahme für sein Unternehmen oder das eines Dritten zu erreichen sucht, und den Nachteilen, die ein anderer dadurch erleidet, eine Wechselwirkung in dem Sinne besteht, dass der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden kann. Unter Berücksichtigung dieser allgemein gefassten Grundsätze kann die Entscheidung des Bundesgerichtshofs „nickelfrei“ nicht so verstanden bzw. darauf reduziert werden, dass im Falle eines nicht selbst produzierenden Lizenzgebers ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ausschließlich zu solchen Mitbewerbern bestehen könne, die das lizenzierte Produkt nachahmen, nicht aber zu solchen Marktteilnehmern, die das Originalprodukt vertreiben: Auch in letzterer Konstellation sind nämlich negative Auswirkungen auf den Absatz des Lizenzgebers denkbar, etwa wenn – worauf die Antragstellerin vorliegend zu Recht hinweist – wie im hiesigen Streitfall Produkte einer alten Kollektion zu niedrigen Preisen verkauft und hierdurch potentiell Verkäufe zu höheren Preisen verdrängt werden.

b.
Die Berufung der Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) ist außerdem nicht bereits – unabhängig von der streitigen Frage, ob die Nichtzugehörigkeit der beworbenen Brillenfassungen zu einer aktuellen Kollektion überhaupt eine wesentliche Information i. S. v. § 5a Abs. 2 UWG darstellt – deswegen erfolgreich, weil (so die Antragsgegnerinnen zu 1) und 2)) die konkret beworbenen Brillenfassungen jedenfalls zu einer gegenwärtig auf dem Markt vorhandenen und damit sehr wohl zu einer „aktuellen“ Kollektion (aber eben noch von der alten Lizenznehmerin der Antragstellerin stammend) gehörten, so dass eine Informationspflicht des Werbenden entfalle: Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat (und wie auch der Senat aus eigener Sachkunde – s. o. Ziff. II. A. 1. d. dd. (1) – beurteilen kann), gebraucht der angesprochene Verkehr in Bezug auf Produkte aus der Modebranche (zu denen auch Brillenfassungen gezählt werden können) sowie dort in Bezug auf die Kollektionszugehörigkeit die Attribute „neue“, „neueste“ und „aktuelle“ Kollektion synonym und versteht darunter stets nur diejenigen Produkte, die vom Hersteller (und nicht vom Händler) zuletzt auf den Markt gebracht wurden. Unstreitig stammen aber die streitgegenständlich beworbenen Brillenfassungen nicht aus der zuletzt mit der Marke der Antragstellerin versehenen, von der derzeitigen exklusiven Lizenznehmerin R. GmbH produzierten und seit Mai 2015 im Handel erhältlichen Kollektion, sondern aus derjenigen zuvor, die noch durch die ehemalige Lizenznehmerin M. Germany GmbH hergestellt und von ihr bis zum 30.06.2015 abverkauft wurde.

c.
Jedoch ist der Ansicht des Landgerichts, dass die fehlende Zugehörigkeit der beworbenen Brillenfassungen zur aktuellen Kollektion der Antragstellerin für den angesprochenen Verbraucher eine wesentliche Information i. S. v. § 5a Abs. 2 UWG darstellt, nicht zu folgen, so dass die Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) in der streitgegenständlichen Werbeanzeige auch nicht auf diesen Umstand hätten hinweisen müssen.

aa.
Die Bestimmung des § 5a Abs. 2 UWG begründet zwar Informationspflichten, die über das hinausreichen, was notwendig ist, um Fehlvorstellungen zu vermeiden, die sich andernfalls einstellen würden; doch auch die weiterreichenden Pflichten, die nach § 5a Abs. 2 UWG im Interesse des Verbraucherschutzes zu erfüllen sind, zwingen nur zur Offenlegung von Informationen, die für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers erhebliches Gewicht haben und deren Angabe unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vom Unternehmer erwartet werden kann (vgl. BGH GRUR 2012, 1275 Rn. 36 – Zweigstellenbriefbogen; Köhler, a. a. O., § 5a Rn. 3.11; Sosnitza in Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl., § 5a Rn. 24). Eine Information ist daher nicht allein deshalb wesentlich i. S. v. § 5a Abs. 2 UWG, weil sie für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers von Bedeutung sein kann; was wesentlich i. S. v. § 5a Abs. 2 UWG ist, steht nicht von vornherein fest, sondern hängt von einer Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Umstände des konkreten Falls ab (vgl. Köhler, a. a. O., § 5a Rn. 3.13 ff.; Sosnitza, a. a. O., § 5a Rn. 24).

bb.
Zum Beispiel für Jeanshosen als (jedenfalls zum Zeitpunkt der Entscheidung) „vorwiegend bei jüngeren Käufern beliebter modischer Marken-Bekleidungsartikel“ hat etwa das OLG Hamm (GRUR 1983, 593 – Marken-Jeans) entschieden, dass ein Einzelhändler verpflichtet sei, darauf hinzuweisen, dass es sich bei den zu verkaufenden Posten um Stücke einer älteren Kollektion handele; dies gelte jedenfalls dann, wenn der Artikel in der neuesten Kollektion eine verbesserte Stoffqualität aufweise, einen geänderten Schnitt erhalten habe und auch mit veränderten modischen Attributen ausgestattet sei, da diese Eigenschaften bei modischen Bekleidungsstücken für den Kaufentschluss gerade jüngerer Käufer, die sich vielfach nach dem neuesten Modetrend richteten, bestimmend seien.

cc.
Vorliegend ist unter Berücksichtigung der gerade genannten Grundsätze und der Umstände des konkreten Falls davon auszugehen, dass für das Produkt „Korrekturbrillenfassung“ – auch bei Markenware – für den angesprochenen Verkehr die fehlende Zugehörigkeit der konkret beworbenen Ware zu einer aktuellen Kollektion keine wesentliche Information ist, über die der Verbraucher eine Aufklärung erwartet.

(1)
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass sich hinsichtlich der Tragegewohnheiten der relevanten Verkehrskreise das Produkt „Korrekturbrillenfassung“ – mag diese auch, wie das Landgericht zu Recht hervorhebt, nach der allgemeinen Verkehrsanschauung nicht mehr nur als Sehhilfe, sondern auch als modisches Accessoire wahrgenommen werden – von Modeprodukten insbesondere aus dem Textilbereich deutlich unterscheidet: So wird nur ein geringerer, nicht relevanter Teil des angesprochenen Verkehrs überhaupt eine größere Anzahl von verschiedenen Korrekturbrillenfassungen (also mehr als zwei bis drei) besitzen, deren konkrete Auswahl z. B. in Abhängigkeit von der jeweils getragenen Kleidung oder auch des Anlasses bzw. des Orts des Tragens erfolgt, so dass der Modeaspekt und damit auch die Frage der aktuellen Kollektionszugehörigkeit in den Vordergrund tritt. Die relevante Mehrheit der Korrekturbrillenträger wird sich dagegen – nicht zuletzt auch wegen der stets anfallenden zusätzlichen und regelmäßig hohen Kosten für die beiden Korrekturgläser sowie wegen des parallelen Besitzes von (häufig sogar vorzugsweise) getragenen Kontaktlinsen – nur für den Besitz von einer oder vielleicht zwei verschiedenen Korrekturbrillen (die zweite häufig eine als „Ersatzbrille“ fungierende Vorgängerbrille) entscheiden sowie vor allem wegen der meist verhältnismäßig hohen Gesamtkosten des aus (Marken-)Brillenfassung und Korrekturgläser zusammengesetzten Produkts „Korrekturbrille“ diese nicht nur kurzzeitig (also insbesondere nur für die Dauer einer aktuellen Kollektion), sondern über einen längeren, meist mehrere Jahre dauernden Zeitraum tragen, so dass die Zugehörigkeit einer Korrekturbrillenfassung zu einer aktuellen Kollektion regelmäßig keine wesentliche Rolle spielt. Hinzu tritt der Umstand, dass die Auswahl der Brillenfassung oft kollektionsunabhängig nach Physiognomie- und/oder individuellen Geschmacksgesichtspunkten sowie auch nach Kostenkriterien erfolgt, weshalb die (Nicht-) Zugehörigkeit der jeweiligen Brillenfassung zur aktuellen Kollektion des Herstellers für den Verbraucher in diesen Fällen (wenn überhaupt) nur im Hintergrund steht. Im Ergebnis kann daher nicht angenommen werden, dass die fehlende Zugehörigkeit von beworbenen Brillenfassungen zur aktuellen Kollektion des Herstellers ein Umstand ist, der für die geschäftliche Entscheidung des maßgeblichen Verbrauchers ein solch erhebliches Gewicht hat, dass er hierüber stets zu informieren wäre.

(2)
Darüber hinaus hat die Antragstellerin auch nicht ausreichend glaubhaft gemacht, dass bei ihr oder anderen Brillenfassungsherstellern überhaupt in einem Umfang Kollektionswechsel stattfinden, dass der Durchschnittsverbraucher sich solcher Kollektionswechsel hinreichend bewusst ist und er die (Nicht-)Zugehörigkeit zu einer aktuellen Kollektion daher als möglichen Gesichtspunkt seiner Kaufentscheidung zugrunde legt:


a)
Insbesondere hinsichtlich ihrer eigenen „J. S.“-Brillenfassungen hat die Antragstellerin lediglich im Zusammenhang mit dem Wechsel zur R. GmbH als neue exklusive Lizenznehmerin einen damit naturgemäß einhergehenden Kollektionswechsel ab Mai 2015 vorgetragen (vgl. Anlagen A 6 und A 30); ob überhaupt und ggf. in welchem zeitlichen Abstand und wie häufig davor Kollektionswechsel vorgenommen wurden sowie ob und ggf. wann nach Mai 2015 Kollektionswechsel bei „J. S.“-Brillenfassungen durchgeführt wurden oder geplant sind, hat sie dagegen bis zuletzt nicht dargelegt.


b)
Soweit die Antragstellerin ferner für die angeblich in regelmäßigen Abständen erfolgenden Kollektionswechsel bei allen großen Brillenmarken Internetartikel und Screenshots verschiedener Online-Shops in den Anlagenkonvoluten A 35 ff. vorgelegt hat, vermögen diese ebenfalls den Vortrag der Antragstellerin nicht zu belegen:

Soweit in den Anlagenkonvoluten A 35 und A 36 „neue Brillentrends bei der Brillenmode“, „Brillentrends im Herbst 2015“, „Brillentrends 2015“, „Silmo Trends 2015 – Alle Brillentrends der Fachmesse“, „Brillentrends Herbst Winter 15/16“, „Groß, rund, braun oder im Materialmix – die Brillentrends 2016“ oder „Winter-Trends vom Runway“ herstellerübergreifend beschrieben bzw. gezeigt werden, ist festzustellen, dass ein „Brillentrend“ nicht mit einer „Kollektion“ gleichzusetzen ist und daher vom Bestehen eines Brillentrends nicht automatisch auf das Vorhandensein von mit dem Trend einhergehenden Neukollektionen geschlossen werden kann. Es ist nämlich nicht davon auszugehen, dass sich Trends stets in neuen Kollektionen niederschlagen; vielmehr können ohne weiteres Korrekturbrillenfassungen, die einem aktuellen Trend entsprechen – welcher ja auch Modeerscheinungen aufgreifen kann, die in der Vergangenheit bereits „en vogue“ waren -, nicht nur in einer im Trendzeitraum neu vorgestellten Kollektion eines Herstellers vorgefunden werden, sondern auch in einer über einen langjährigen Zeitraum vorgehaltenen, unveränderten und breiten Brillenfassungspalette, also in „der“ Kollektion (als Synonym für das vollständige Warenangebot) eines Anbieters von Korrekturbrillenfassungen (so etwa in einem der oben genannten Trendbeispiele Korrekturbrillenfassungen in „groß“, „rund“ oder „braun“).

Weiterhin zeigen die „C. Sunware Collection 2015“ in Anlagenkonvolut A 36 sowie die „D. Kollektion Winter 2015“ bzw. „D. Sunglasses 2015“ und die „V.“-Internetseite „Herbst/Winter 2015-16“ in Anlagenkonvolut A 37 lediglich Angebote für Sonnenbrillen; letztere sind jedoch im Vergleich zu Korrekturbrillen -nicht zuletzt wegen des regelmäßig geringeren Preises als für Korrekturbrillen aufgrund der überwiegenden Kombination von Sonnenbrillenfassungen mit ungeschliffenen Gläsern statt mit Korrekturgläsern sowie wegen des im Unterschied zu Korrekturbrillen nur zeitweisen Gebrauchs – in größerem Umfang Modeeinflüssen unterworfen und lassen daher keine zuverlässigen Rückschlüsse auf Bestehen und Häufigkeit von Kollektionswechsel bei Herstellern von Korrektionsbrillenfassungen zu.

Auch die in den Anlagenkonvoluten A 36 und A 37 zu findenden Beispiele für „Brillen 2015“, „Neue Brillenfassungen Sommer 2015“ und „Neuheiten […] – Herbst 2015“ sind lediglich Ausschnitte zweier Internet-Brillenfassungsanbieter („ und „) bzw. eines einzelnen Optikers („S.“ in Berlin Lichterfelde-West) und daher ungeeignet, die regelmäßige Herausgabe von Neukollektionen durch Hersteller von Korrekturbrillenfassungen zu belegen; der mitgeteilte Umstand alleine, dass die gezeigten Brillenfassungen bei diesen Händlern in 2015 erworben werden können bzw. „gerade eingetroffen“ sind, ist diesbezüglich nicht hinreichend aussagekräftig.

Soweit schließlich in Anlagenkonvolut A 36 auf der Internetseite der „Augenoptik K. Lahr“ der Hinweis „Frisch eingetroffen: L. -Neue Kollektion Frühling/Sommer 2015“ mit jeweils einer abgebildeten Korrektionsbrille und einer Sonnenbrille sowie in Anlagenkonvolut A 37 auf der Internetpräsenz von „Optiker S.“ in der Rubrik „News“ die Überschrift „Die neue Sonnen- und Korrektionsbrillen-Kollektion 2015 von G. – jetzt schon bei Optiker S.i“ zu finden ist, sind diese Belege einer aktuellen Kollektion zweier Anbieter von Korrekturbrillenfassungen nicht ausreichend, eine entsprechende überwiegende Übung in der Branche aufzuzeigen. Diesbezüglich wäre vielmehr notwendig gewesen, Kataloge, Ausschnitte der Internetpräsenzen oder sonstige Werbemittel einer größeren Anzahl von arrivierten Brillenfassungsanbietern selbst vorzulegen, aus denen explizit das Vorhandensein von in regelmäßigen Abständen erfolgenden, mehreren Kollektionswechsel hervorgeht. Dies ist der Antragstellerin nicht gelungen.

(3)
Zuletzt zeigt auch der von der Antragstellerin selbst als Anlage A 38 vorgelegte Artikel „Die 10 wichtigsten Faktoren für die Kaufentscheidung im Shop [Infografik]“ auf der Internetseite „ (freilich vorausgesetzt, die dortigen Erkenntnisse gelten uneingeschränkt bzw. unterschiedslos für jegliche online angebotene Produkte sowie deren Zielgruppen und damit auch für Korrekturbrillenfassungen), dass von den acht dort genannten Einflussfaktoren auf die Kaufentscheidung die „Produkt-Neuheit“ den Faktor mit dem geringsten Prozentsatz (10%) darstellt. Wie aber bereits ausgeführt (s. o. Ziff. II. A. 2. c. aa.), ist eine Information nicht allein deshalb schon wesentlich i. S. v. § 5a Abs. 2 UWG, weil sie für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers relevant sein kann; sie muss vielmehr für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers „erhebliches Gewicht“ haben, was bei dem in dem vorgelegten Artikel aufgeführten geringfügigen Prozentsatz des Einflussfaktors für die Information über die „Produkt-Neuheit“ nicht der Fall ist.

dd.
Ist also die fehlende Zugehörigkeit der beworbenen Brillenfassungen zur aktuellen Kollektion der Antragstellerin für den angesprochenen Verbraucher schon nicht als „wesentliche Information“ i. S. v. § 5a Abs. 2 UWG anzusehen, muss die (vom Landgericht verneinte) Frage nicht mehr entschieden werden, ob eine dahingehende Aufklärung jedenfalls konkludent durch die konkrete Gestaltung der angegriffenen Werbung (vorliegend z. B. aufgrund des sehr niedrigen Preises, vgl. insofern OLG Düsseldorf GRUR 1987, 450, 451 – Auslaufmodelle) erfolgt ist.

3.
Erfolglos bleibt dagegen die Berufung der Antragsgegnerin zu 3), soweit das Landgericht diese wegen irreführender unrichtiger Auskunft ihrer Mitarbeiterinnen i. S. v. §§ 3, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG über den Umstand, ob die von ihr angebotenen Brillenfassungen der Marke „J. S.“ der aktuellen Kollektion entstammten, gem. §§ 8 Abs. 1 S. 1 Alt. 2, Abs. 3 Nr. 1 UWG zur Unterlassung verurteilt hat.

a.
Wie bereits festgestellt (s. o. Ziff. II. A. 2. b.), hat das Landgericht für sein Ergebnis dabei zutreffend den Umstand zugrunde gelegt, dass die Bezeichnungen „neue“, „neueste“ und „aktuelle“ Kollektion im Modebereich für die Umschreibung desselben Sachverhalts, nämlich die jeweils neu bzw. zuletzt auf den Markt gebrachte Kollektion eines Herstellers (und nicht die derzeit vom Einzelhändler feilgebotene Ware), verwendet werden. Dies war für die streitgegenständlich beworbenen Brillenfassungen, welche aus der noch von der früheren Lizenznehmerin der Antragstellerin herausgegebenen Kollektion stammten, nicht der Fall, so dass die Auskunft der Mitarbeiterinnen der Antragsgegnerin zu 3) als geschäftliche Handlung i. S. v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG unrichtig war.

b.
Der Umstand, dass ein Modeprodukt wie eine Korrekturbrillenfassung Gegenstand der aktuellen Kollektion eines Herstellers ist, stellt ein beachtliches Werbeargument jedenfalls für solche Kunden dar, die – was bei entsprechender ausdrücklicher Nachfrage zwanglos zu bejahen ist – zwischen der Herkunft des Produkts aus einer aktuellen oder aus einer zurückliegenden Kollektion unterscheiden und offensichtlich Wert auf die Aktualität der Ware legen, so dass sie dazu neigen, das neue Produkt dem alten vorzuziehen (vgl. Bornkamm in Köhler/Bornkamm, a. a. O., § 5 Rn. 4.57 allgemein für die Neuheit bei angebotenen Waren, wobei die dort genannten Qualitätsvorteile, mit denen
der Verkehr bei Neuheit ggf. rechne, im Modebereich mit etwaigen Aufmerksamkeits-, Ästhetik- oder Imagevorteilen korrespondieren). Die Frage der Zugehörigkeit der Ware zur aktuellen Kollektion eines Modeproduktherstellers ist daher grundsätzlich geeignet, auf die Kaufentscheidung Einfluss zu nehmen, und ist insofern ein wesentliches Merkmal i. S. v. § 5 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1 UWG, so dass die unrichtige Auskunft hierüber irreführend war.

B.
Berufung der Antragstellerin

Hinsichtlich der Berufung der Antragstellerin fehlt es bereits am notwendigen Verfügungsgrund i. S. v. §§ 935, 940 ZPO, so dass ihre Berufung zurückzuweisen war: Durch ihren Antrag auf Verlängerung der zweimonatigen Berufungsbegründungsfrist gem. § 520 Abs. 2 S. 1, S. 3 ZPO in Verbindung mit der anschließenden Einreichung ihres Berufungsbegründungsschriftsatzes erst nach Ablauf der ursprünglichen zweimonatigen Berufungsbegründungsfrist hat die Antragstellerin, der das Handeln ihrer Prozessbevollmächtigten zuzurechnen ist, in der Berufungsinstanz ein zögerliches Verhalten an den Tag gelegt und hierdurch gezeigt, dass ihr die Rechtsdurchsetzung hinsichtlich derjenigen Ansprüche, die ihr erstinstanzlich durch das Landgericht nicht zugesprochen wurden, nicht mehr dringlich war.

1.
Nach bisheriger und ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. Voß in Cepl/Voß, Prozesskommentar zum gewerblichen Rechtsschutz, § 940 Rn. 86 mit Rechtsprechungsnachweisen in Fn. 276) ist es noch nicht dringlichkeitsschädlich, wenn der Berufungsführer die ihm durch die ZPO gewährten Berufungseinlegungs- und -begründungsfristen voll ausschöpft und damit ein prozessual zulässiges Verhalten zeigt. Freilich ist in diesem Zusammenhang zu sehen, dass die Frage der Dringlichkeit hiervon grundsätzlich zu unterscheiden und überdies ein gewisser Wertungswiderspruch gegeben ist, wenn für die Geltendmachung eines Verfügungsanspruchs und den damit einhergehenden Aufwand zur erstmaligen Darlegung des Prozessstoffes aus Rechtssicherheitsgründen eine starre Monatsfrist (so die ständige Rechtsprechung im OLG-Bezirk München, vgl. Voß, a. a. O., § 940 Rn. 81 mit Rechtsprechungsnachweisen in Fn. 247) zur Vermeidung der Selbstwiderlegung der Dringlichkeit durch zögerliche Antragstellung verlangt wird, während der erstinstanzlich unterlegene Antragsteller ab Urteilszustellung ohne Auswirkung auf die Dringlichkeitsbejahung insgesamt zwei Monate Zeit bis zur Einreichung der Berufungsbegründung für einen Sachverhalt haben soll, der in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht regelmäßig bereits vollständig oder zumindest im Wesentlichen aufbereitet ist. Ob aus diesen Gründen jedenfalls in der Berufungsinstanz hinsichtlich der Dringlichkeitswiderlegung vorzugsweise auf die konkreten Umstände des Einzelfalls abzustellen oder ob – ebenfalls aus Rechtssicherheitsgründen -an der Unschädlichkeit der Fristenausschöpfung festzuhalten ist, muss vorliegend jedoch nicht entschieden werden.

2.
Ebenso kann hier offen bleiben, ob bereits die Stellung eines Fristverlängerungsantrags um einen Monat für die Berufungsbegründungsfrist unabhängig vom tatsächlichen Eingang der Berufungsbegründung als dringlichkeitsschädlich anzusehen ist, wie die Entscheidung des 29. Senats des OLG München in seinem von den Antragsgegnerinnen zitierten Beschluss vom 16.08.2007 – 29 U 3340/07 (Anlage AG 33) verstanden werden könnte (vgl. auch die Nachweise bei Voß, a. a. O., § 940 Rn. 86 Fn. 277 hinsichtlich gleichlautender Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte).

3.
Jedenfalls ist aber von einer Selbstwiderlegung der Dringlichkeit mangels zügigen Betreibens des Verfahrens dann auszugehen, wenn über die Stellung eines Verlängerungsantrags für die Berufungsbegründungsfrist hinaus die Berufungsbegründung erst innerhalb der verlängerten Frist, nicht mehr aber innerhalb der originären zweimonatigen Berufungsbegründungsfrist eingeht; durch ein solches prozessuales Verhalten gibt ein Antragsteller zu erkennen, dass es ihm mit der Rechtsverfolgung nicht so eilig ist. So liegt der Fall hier, da die Berufungsbegründung der Antragstellerin zwar noch innerhalb der verlängerten Frist am 16.03.2016, gleichzeitig aber erst zwei Tage nach Ablauf der ursprünglichen und am 14.03.2016 (Montag) ablaufenden Zweimonatsfrist für die Berufungsbegründung bei Gericht eingereicht wurde. Der Senatsvorsitzende hat die Antragstellerin – ohne dass ein solcher Hinweis notwendig gewesen wäre (vgl. OLG Düsseldorf GRUR-RR 2003, 31, 32; Köhler, a. a. O., § 12 Rn. 3.16; a. A. Voß, a. a. O., § 940 Rn. 86 m. w. N. in Fn. 281) – mit Verfügung vom 11.03.2016 (Bl. 197 d. A.) auch auf die Rechtsprechung zur Dringlichkeitsschädlichkeit von Fristverlängerungen auf Antrag des Antragstellers hingewiesen.

4.
Soweit die Antragstellerin diesbezüglich auf das Urteil des OLG München vom 20.12.2001 – U (K) 4429/01 (NJOZ 2002, 1450, 1452) rekurriert, in welchem der Eingang der Berufungsbegründung innerhalb verlängerter Begründungsfrist als unschädlich für die Frage der Dringlichkeit angesehen wurde, ändert dies nichts am hier gefundenen Ergebnis, da diese Entscheidung auf Basis der alten Gesetzeslage mit einer unterschiedlichen Systematik hinsichtlich Berufungseinlegungs- und Begründungsfrist erging (die letztgenannte Frist begann nicht mit Zustellung des Urteils, sondern mit dem Zeitpunkt der Berufungseinlegung, § 519 Abs. 2 S. 2 ZPO a. F.) und die dortige Antragstellerin die Berufungseinlegungsfrist nicht ausgeschöpft hatte, was das Gericht zu ihren Gunsten berücksichtigte; die dortige Sach- und Rechtslage ist also nicht mit der hiesigen vergleichbar (vgl. insoweit auch die diesbezüglichen Ausführungen im oben genannten Beschluss des OLG München vom 16.08.2007, S. 3; im Übrigen reichte die Antragstellerin im gerade genannten Verfahren ihre Berufungsbegründung ebenfalls erst innerhalb der verlängerten Frist zwei Tage nach Ablauf der ursprünglichen Berufungsbegründungsfrist ein, so dass die Sachlage mit der hiesigen identisch ist).

5.
Ohne Erfolg verweist die Antragstellerin darauf, dass der geltend gemachte Anspruch gegen die Antragsgegnerin zu 3) bereits durch die Vereinbarung mit ihr vom 26./28.10.2015 (Anlage A 27) gesichert sei, so dass für sie – vergleichbar mit der Situation eines erstinstanzlich obsiegenden Antragstellers in der Berufungsinstanz – kein Eilbedürfnis mehr für die Anspruchsgeltendmachung bestanden habe.

a.
Da sich die Antragsgegnerinnen in der genannten Vereinbarung lediglich in Bezug auf die von den Verfügungsanträgen in Ziff. 1 a) und b) erfasste Werbeanzeige zur Unterlassung von deren Verwendung bis zur rechtskräftigen Klärung des diesbezüglich geltend gemachten Anspruchs verpflichtet haben, konnte die Vereinbarung von vornherein keine Auswirkung auf die Dringlichkeit der Geltendmachung des mit der Berufung weiterverfolgten Anspruchs gegen die Antragsgegnerin zu 1) wegen der behaupteten irreführenden Aussagen von deren Mitarbeiterin (Verfügungsantrag Ziff. 2) haben.

b.
Aber auch hinsichtlich der Verfügungsanträge in Ziff. 1 a) und b) ändert die Vereinbarung nichts an der fehlenden Dringlichkeit der Anspruchsgeltendmachung: Die Auffassung der Antragstellerin liefe nämlich in letzter Konsequenz darauf hinaus, dass für ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung aufgrund der vorläufigen Sicherung durch die genannte Vereinbarung überhaupt keine Dringlichkeit bestünde und sie ein rechtskräftiges Unterlassungsgebot von vornherein (nur) in einem Hauptsacheverfahren erwirken könnte; die Vereinbarung sollte aber offensichtlich nach dem übereinstimmenden Parteiwillen keine Auswirkungen auf die Frage der Dringlichkeit des bereits gestellten Verfügungsantrags haben, insbesondere nicht dringlichkeitsschädlich sein. Letztlich käme es hierauf vorliegend ohnehin nicht an, da es auch an einem Verfügungsanspruch zugunsten der Antragstellerin fehlen würde (s. o. Ziff. II. A. 1., 2.).

6.
Mangels Verfügungsgrund (und im Übrigen auch mangels Bestehen eines marken- und wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs als Verfügungsanspruch, s. o. Ziff. II. A. 1., 2.) muss daher nicht mehr entschieden werden, ob die Antragsgegnerin zu 3) in Bezug auf die Verfügungsanträge gem. Ziff. 1 a) und b) bei der Frage ihrer Passivlegitimation tatsächlich ihrer sekundären Darlegungslast hinsichtlich der Nichtbeauftragung der Werbeagentur und der von ihr behaupteten fehlenden Einflussnahme als Franchisegeberin auf Initiierung, Gestaltung und Inhalt der angegriffenen Werbeanzeige nachgekommen ist sowie ob auf Grundlage des Franchiseverhältnisses zwischen ihr und den Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) eine Beauftragtenhaftung der Antragsgegnerin zu 3) gem. § 14 Abs. 7 MarkenG bzw. § 8 Abs. 2 UWG in Betracht kommt. Ebenso wenig bedarf es außerdem aufgrund des nicht gegebenen Verfügungsgrunds einer Entscheidung, ob das Landgericht hinsichtlich des gegen die Antragsgegnerin zu 1) gerichteten Verfügungsantrags in Ziff. 2 zu Recht die Richtigkeit und damit den Beweiswert der von der Antragstellerin vorgelegten eidesstattlichen Versicherung ihrer Testkäuferin in Zweifel gezogen hat.

III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 91, 92 Abs. 1 Alt. 2 ZPO.

Vorinstanz:
LG München I , Az. 33 O 17737/15