OLG Frankfurt a.M.: Zur Verwechslungsfähigkeit einer Domain mit einer Marke trotz beschreibenden Anklangs

veröffentlicht am 8. November 2017

OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 21.09.2017, Az. 6 U 250/16
§ 14 MarkenG

Die Entscheidung des OLG Frankfurt haben wir hier zusammengefasst (OLG Frankfurt – Markenverletzende Domain) und nachstehend im Volltext wiedergegeben:


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Oberlandesgericht Frankfurt am Main

Urteil

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 23.11.2016 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt a. M. abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung von Ordnungsgeld bis 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an ihrer Geschäftsführerin oder ihrem Geschäftsführer, für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland das Zeichen „Monumente Reisen“ zur Erbringung und/oder Bewerbung von Reisedienstleistungen zu benutzen, nämlich als Titel und/oder Bestandteil der Domain „monumente-reisen.de“ und/oder „monumentereisen.de“.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 57.000,- € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 50.000,- € festgesetzt.

Gründe


I.
Die Klägerin ist Inhaberin folgender für Reisedienstleistungen eingetragenen deutschen Wort-/Bildmarke:

Die Beklagte, die unter anderem Reisen zu Baudenkmälern anbietet und durchführt, ist Inhaberin der Internetdomains „monumente-reisen.de“ und/oder „monumentereisen.de“, bei deren Aufruf eine automatische Weiterleitung auf die Homepage „a.de“ der Beklagten erfolgt. Die Klägerin nimmt die Beklagte deswegen, gestützt primär auf ihre Marke und hilfsweise auf Vorschriften des UWG, auf Unterlassung in Anspruch.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird (§ 540 I, 1 ZPO), hat das Landgericht die Klage wegen fehlender Verwechslungsgefahr mit der Begründung abgewiesen, bei „Monumente Reisen“ handele es sich um eine rein beschreibende Angabe, der jegliche Unterscheidungskraft fehle; auch wettbewerbsrechtliche Ansprüche seien unter diesen Umständen nicht gegeben.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Unterlassungsbegehren nach Maßgabe der nachfolgend wiedergegebenen Klageanträge weiter, wobei der Hilfsantrag zu 2. lediglich mit Ansprüchen aus dem UWG begründet wird. Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Darüber hinaus trägt sie – von der Beklagten unbestritten – vor, sie benutze den Begriff „Monumente“ als Titel für ein von ihr herausgegebenes Magazin für Denkmalkultur in Deutschland, das seit 1991 sechsmal jährlich mit einer Auflage von ca. 180.000 Exemplaren erscheine. Dadurch habe sich der Verkehr den Begriff als Titel und als Marke eingeprägt und verbinde diesen mit der Klägerin sowie mit den von ihr angebotenen Dienstleistungen. Seit 1994 werde auch der Begriff „Monumente Reisen“ für von der Klägerin durchgeführte Reisen benutzt.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,00 Euro, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten) ab sofort zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland das Zeichen „Monumente Reisen“ zur Erbringung und/oder Bewerbung von Reisedienstleistungen zu benutzen, nämlich als Titel und/oder Bestandteil der Domain „monumente-reise.de“ und/oder „monumentereisen.de“;

hilfsweise, für den Fall, dass dem Antrag zu 1. nicht stattgegeben wird,

2. a. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,00 Euro, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten) ab sofort zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland zu Zwecken des Wettbewerbs den Begriff „Monumente Reisen“ zu verwenden, um den Verkehr auf das Internetangebot der Beklagten umzuleiten und dort unter diesem Begriff Reisedienstleistungen anzubieten, insbesondere wenn dies geschieht wie in Anlage K 13 ersichtlich mittels Um- bzw. Weiterleitung von der Domain „monumente-reisen.de“ bzw. „monumentereise.de“ auf die Domain „a.de/monumente-reisen.html“ geschieht;

b.
gegenüber der B eG, Stadt1, in die Löschung der Domains „monumente-reisen.de“ und „monumentereisen.de“ einzuwilligen;

höchst hilfsweise, für den Fall, dass den Anträgen zu 1. und 2. ganz oder teilweise nicht stattgegeben wird

3. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,00 Euro, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten) ab sofort zu unterlassen,

a. im Rahmen geschäftlicher Handlungen die Bezeichnung „Monumente Reisen“ als Titel von Internetseiten der Domain „www.monumente-reisen“ oder „www.monumentereisen“ zu verwenden und/oder

b.
die Bezeichnung „monumente-reisen“ oder „monumentereisen“ wie folgt innerhalb URLs zu verwenden: http://www.monumente-reisen.de oder http://www.monumentereisen.de, soweit diese Seiten keinen Bezug zur Klägerin haben.

Hilfsweise hierzu erhält die Klägerin die erstinstanzlichen Klageanträge weiterhin aufrecht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

II.
Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch in der Form des Hauptantrages aus § 14 II Nr. 2, V MarkenG zu, da die angegriffenen Domainnamen die Klagemarke unter dem Gesichtspunkt der Verwechslungsgefahr verletzen.

1.
Die Domainnamen „monumente-reisen.de“ und „monumentereisen.de“ werden von der Beklagte markenmäßig, nämlich als Herkunftshinweis für die von ihr angebotenen Reisedienstleistungen benutzt.

Entgegen der vom Landgericht vertretenen Auffassung sieht der angesprochene Verkehr in dem Begriff „Monumente Reisen“ keinen glatt beschreibenden Hinweis auf die Gattung oder den Charakter der unter dieser Bezeichnung angebotenen und durchgeführten Reisen, sondern – ungeachtet des vorhandenen beschreibenden Anklangs – ein Phantasiewort mit eigenschöpferischem Gehalt (vgl. BGH GRUR 2017, 520 [BGH 03.11.2016 – I ZR 101/15] – MICRO COTTON, Tz. 32). Zwar kann dem Begriff entnommen werden kann, dass die angebotenen Reisen einen Bezug zu „Monumenten“ haben sollen. Gleichwohl misst der Verkehr dem Begriff einen gewissen „kennzeichnenden Überschuss“ und damit eine Herkunftsfunktion zu. Der Begriff des „Monuments“ entspricht zwar weitgehend, aber nicht vollständig dem des „Denkmals“. So wird jedenfalls das Adjektiv „monumental“ nicht allein im Sinne von „denkmalartig“ verstanden, sondern in einem umfassenderen Sinn gebraucht, um die besondere Größe einer Sache („Monumentalbau“) oder Eigenschaft („monumentale Bedeutung“) zum Ausdruck zu bringen. Darüber hinaus ist der Begriff „Monument“ weniger gebräuchlich als derjenige des „Denkmals“ und erscheint aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs eher antiquiert (vgl. hierzu BGH GRUR 2016, 1301 – Kinderstube, Tz. 54). Insgesamt wirkt die Bezeichnung „Monumente Reisen“ daher – im Unterschied zu reinen Sachangaben wie etwa „Städtereisen“, „Museumsreisen“ oder auch „Denkmalsreisen“ – nicht als eingängige Beschreibung der hiermit bezeichneten Reisen, sondern enthält nach dem Verkehrsverständnis eine gewisse Verfremdung, die ihm eine wenn auch geringe Herkunftsfunktion verleiht.

Dass die Beklagte die Domainnamen zur herkunftsmäßigen Kennzeichnung von Reisedienstleistungen verwendet, ergibt sich im vorliegenden Fall bereits aus den Domainnamen selbst („sprechende Domain“). Darüber hinaus erfolgt bei einem Aufruf der Seiten auch tatsächlich eine Weiterleitung auf die eigene Homepage der Beklagten mit Reiseangeboten. Dass diese Homepage einen anderen Domainnamen hat, ändert nichts daran, dass die angegriffenen Domainnamen dazu dienen, den Internetnutzer auf das Reiseangebot der Beklagten zu leiten.

2.
Auf der Grundlage der Ausführungen unter 1. zum Verkehrsverständnis hinsichtlich der Bezeichnung „Monumente Reisen“ ist auch eine Verwechslungsgefahr (§ 14 II Nr. 2 MarkenG) zwischen der Klagemarke und den angegriffenen Zeichen gegeben.

Für die Frage der Verwechslungsgefahr sind maßgeblich die Kennzeichnungskraft der Klagemarke, der Grad der Zeichähnlichkeit und der Grad der Dienstleistungsähnlichkeit, wobei diese Faktoren in Wechselwirkung miteinander stehen.

Zwar verfügt die Klagemarke nur über eine geringe originäre Kennzeichnungskraft, da der Wortbestandteil „Monumente Reisen“ wegen des beschreibenden Anklangs für sich gesehen nur schwach kennzeichnungskräftig ist und auch der Bildbestandteil keine auffälligen Besonderheiten aufweist. Dagegen besteht Identität der sich gegenüberstehenden Dienstleistungen. Unter diesen Umständen reicht für die Annahme einer Verwechslungsgefahr bereits eine durchschnittliche Zeichenähnlichkeit aus, die hier zu bejahen ist. Denn die Beklagte hat den für sich – wenn auch schwach – kennzeichnungskräftigen Wortbestandteil der Klagemarke identisch übernommen. Dies begründet schon im Hinblick auf die sich daraus ergebende klangliche Übereinstimmung zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen eine jedenfalls durchschnittliche Zeichenähnlichkeit, zumal der Bildbestandteil der Klagemarke nicht besonders auffällig ist.

3.
Im Übrigen steht der Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch wegen Verletzung ihrer Marke selbst dann zu, wenn man aus den vom Landgericht angenommen Gründen in dem Begriff „Monumente Reisen“ eine – ursprünglich – glatt beschreibende Angabe sieht. Denn in diesem Fall hat die Klage jedenfalls im Hinblick auf den neuen und von der Beklagten nicht bestrittenen Sachvortrag der Klägerin zur Benutzung des Begriffs „Monumente“ als Zeitschriftentitel Erfolg.

Zwar trägt die Klägerin selbst nicht vor, dass sich die Klagemarke oder deren Wortbestandteil „Monumente Reisen“ selbst als Herkunftshinweis auf Reisedienstleistungen im Verkehr durchgesetzt habe. Der angesprochene Verkehr kann einem aus den Begriffen „Monumente Reisen“ gebildeten Domainnamen jedoch ungeachtet der – unterstellt – fehlenden „originären“ Kennzeichnungskraft deshalb eine Herkunftsfunktion beimessen, weil ihm der Begriff „Monumente“ als Werktitel für eine Zeitschrift, die sich mit Denkmälern befasst, geläufig ist. Dann liegt nämlich die Annahme nahe, unter diesem Domainnamen würden zu dem Inhalt der Zeitschrift thematisch passende, unter der Verantwortung oder Mitwirkung dieser Zeitschrift durchgeführte Reisen angeboten. Jedenfalls entspricht es verbreiteter Übung, dass in Zeitungen und Zeitschriften sog. Leserreisen unter Verwendung der entsprechenden Zeitungs- oder Zeitschriftentitel angeboten werden.

Mit dem neuen Tatsachenvortrag in der Berufung (s.o. I.) hat die Klägerin eine solche Beeinflussung der Verkehrsauffassung hinreichend substantiiert dargelegt. Mit den beanstandeten Domainnamen und den darin benutzten Begriffen wendet sich die Beklagte an solche Personen, die an Denkmälern aller Art ein solches Interesse haben, dass sie spezielle Reisen zu Denkmälern unternehmen oder zumindest in Betracht ziehen. Es kann angenommen werden, dass diesem eher kleinen Verkehrskreis der Titel des von der Klägerin verlegten Magazins, das sich mit Denkmälern befasst und nach dem Vortrag der Klägerin seit vielen Jahren in nicht unerheblicher Auflage verbreitet wird, geläufig ist und er daher aus den dargelegten Gründen auch mit der Bezeichnung „Monumente Reisen“ einen Herkunftshinweis mit dem ihm bekannten Zeitschriften und dessen Herausgeber verbindet.

Jedenfalls infolge der Bekanntheit des gleichnamigen Zeitschriftentitels sieht der angesprochene Verkehr daher in den beanstandeten Domainnamen eine markenmäßige Benutzung des Zeichens „Monumente Reisen“.

Auch die erforderliche Verwechslungsgefahr ist unter diesen Umständen zu bejahen. Die Bekanntheit des Zeitschriftentitels „Monumente“ führt dazu, dass der angesprochene Verkehr diesem Begriff auch innerhalb der Klagemarke eine Kennzeichnungskraft hinsichtlich Reisedienstleistungen zubilligt. Die Kennzeichnungskraft eines Zeichens für bestimmte Waren oder Dienstleistungen kann auch durch die Bekanntheit eines identischen, Unternehmenskennzeichens beeinflusst werden, soweit diese Bekanntheit auf den betroffenen Waren- und Dienstleistungsbereich ausstrahlt (vgl. BGH GRUR 2014, 382 [BGH 22.01.2014 – I ZR 71/12] – REAL-Chips, Tz. 22). Dies lässt sich aus den bereits dargestellten Gründen auf den hier vorliegenden Fall der Ausstrahlung eines bekannten Zeitschriftentitels auf die Kennzeichnungskraft des Wortbestandteils einer Dienstleistungsmarke übertragen.

4.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 II ZPO) sind nicht erfüllt.

Vorinstanz:
LG Frankfurt a.M., Az. 2-6 O 183/16