LG Hamburg: Zur Feststellung der Schadensersatzpflicht bei einer Markenverletzung

veröffentlicht am 30. Oktober 2015

LG Hamburg, Urteil vom 05.03.2015, Az. 327 O 306/14
§ 256 ZPO

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Landgericht Hamburg

Urteil

I.
Die Klage wird abgewiesen.

II.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

III.
Das Urteil ist hinsichtlich Ziffer II. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Auskunft und Schadensersatzfeststellung wegen Markenverletzung in Anspruch.

Der Kläger ist Inhaber dreier inländischer Marken „Y… & M…“, wobei er sich in erster Linie auf seine Marke „Y… & M…“ DE 3. … … …9 stützt (vgl. Klageschrift vom 26.06.2014, dort S. 14), die Schutz für Waren der Klassen 16, 20 und 21 beansprucht, mithin, soweit für den hiesigen Rechtsstreit von Bedeutung, für Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke bzw. Drucklettern (Klasse 16) und Polster-Sessel (Klasse 20).

Die Beklagte stellt her und vertreibt Wohnmobile unter der Marke „K…“.

Der Kläger beanstandete mit Abmahnung vom 21.01.2014 die Benutzung der Bezeichnung „Y… & M…“ durch die Beklagte für Polsterausstattungen und Außenbeklebungen im Zusammenhang mit der Bewerbung des neuen Modells „B… R… …Y… & M…“. Die Beklagte unterwarf sich diesbezüglich für den Internetauftritt unter www. k…de mit Unterwerfungserklärung vom 31.01.2014. Hinsichtlich der Verwendung dieser Bezeichnung auch außerhalb des Internets erwirkte der Kläger zum Az. 327 O 60/14 die einstweilige Verfügung der Kammer vom 12.02.2014, mit welcher der Beklagten verboten wurde,

die Bezeichnung „Y… & M…“ im geschäftlichen Verkehr außerhalb des Internets, insbesondere in Produktkatalogen für „Polsterausstattungen“ und/oder für „Außenbeklebungen“, insbesondere auf Fahrzeugen zu benutzen und/oder benutzen zu lassen, wie geschehen auf der Homepage „www. k…de“ wie nachstehend eingeblendet:

[es folgt die beanstandete Katalogseite mit den Angaben Spezielle Außenbeklebung „Y… & M…“ und Polsterausstattung „Y… & M…“]

Die Beklagte gab mit Schreiben vom 07.03.2014 eine Abschlusserklärung ab. Weiter erklärte sie:

„Unsere Mandantin erkennt zudem den Ihrem Mandanten gem. § 14 Abs. 6 MarkenG zustehenden Anspruch aus Schadensersatz dem Grunde nach an sowie die ihm gem. § 19 MarkenG und §§ 242, 259 BGB zustehenden Ansprüche auf Auskunft sowie gem. § 18 MarkenG auf Rückruf und Vernichtung aus den unter Nr. 1 (Abmahnung vom 21. Januar 2014) und Nr. 2 (Einstweiliges Verfügungsverfahren) genannten Sachverhalten an.“

Auf die Aufforderung des Klägers erteilte die Beklagte mit Schreiben vom 20.03.2014 Auskunft und zwar zur Dauer der Bewerbung auf der Internetseite (< 1 Monat) und zum Ort, zur Anzahl der beklebten Fahrzeuge (1), zur Anzahl der angefertigten Aufkleber (3), zur Verwendung auf Polstern (0) und zur Anzahl der Flyer (Anlage B 1).

Der Kläger ist der Auffassung, dass diese Auskunft unrichtig sei, weil für ihn nicht nachvollziehbar sei, dass kein Fahrzeug mit der beanstandeten Außenbeklebung verkauft worden sein solle. Er meint, im Übrigen auch einen Anspruch auf Auskunft über die Anzahl der verkauften Fahrzeuge zu haben und auf weitere Belegvorlage.

Die Beklagte hat mit nachgelassenem Schriftsatz vom 05.02.2015 noch zu den Daten der beiden betroffenen Messen vorgetragen. Die streitgegenständliche Bezeichnung sei in keinerlei Verkaufsunterlagen für Kraftfahrzeuge verwendet worden, wie auch eine exemplarische Auftragsbestätigung vom 05.03.2014 (Anlage B 5) belege.

Der Kläger beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie im geschäftlichen Verkehr innerhalb der Bundesrepublik Deutschland Fahrzeuge des Sondermodells „B…R… …Y… & M…“ gemäß Anlage 1 unter Bewerbung mittels eines Produktblattes (Anlage 2) für Polsterausstattungen Y… & M… sowie „Außenbeklebung Y… & M…“ angeboten hat, in den Verkehr gebracht hat oder diese Waren unter diesen Abbildungen in der Werbung benutzt hat, und zwar durch Auskunftserteilung und Rechnungslegung über die vertriebenen Stückzahlen der oben bezeichneten Fahrzeuge, über den durch deren Vertrieb erzielten Gewinn unter Aufgliederung der Kostenfaktoren im Einzelnen und den Umfang der betriebenen Werbung (u.a. Auflagenhöhe des Kataloges bzw. Prospekt, Verbreitungsgebiete, Anzahl, Werbeträger und Erscheinungszeiten etwaiger Anzeigen, Anzahl der Internetzugriffe) und hierzu einschlägige Belege vorzulegen (Bestellungen, Auftragsbestätigung, Lieferscheine, Rechnungen).

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger all jene Schäden zu ersetzen, die diesem durch die in Ziffer 1. aufgeführten Handlungen entstanden sind oder noch entstehen werden.

Hilfsweise: Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die durch die in Ziffer 1. aufgeführten Handlungen entstandene Bereicherung herauszugeben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, der Auskunftspflicht vorgerichtlich bereits hinreichend nachgekommen zu sein. Sie meint, dass dem Kläger kein Anspruch auf Auskunft über die Verkäufe von Kraftfahrzeugen zustehe, da die Klagemarke hierfür keinen Schutz beanspruche.

Auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15.01.2015 wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.
Die auf das Auskunftsbegehren gerichtete Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der geltend gemachte Auskunftsanspruch des Klägers war zu weitgehend und – soweit berechtigt – durch Erfüllung erloschen. Die Haupt- und Hilfsanträge auf Schadensersatzfeststellung waren unzulässig, da ein Schaden bereits zu beziffern gewesen wäre.

1.
Der Kläger macht das Auskunfts- und das Schadensersatzfeststellungsbegehren kumulativ geltend. Daher ist auch über den Schadensersatzfeststellungantrag zugleich mit dem Auskunftsantrag durch Endurteil zu entscheiden.

2.
Soweit der Kläger mit seinem Klageantrag zu Ziffer I. Auskunft darüber begehrt, in welchem Umfang die Beklagte Fahrzeuge mit dem Zeichen „Y… & M…“ gekennzeichnet habe, nämlich das Sondermodell „B…R… …Y… & M…“ angeboten habe, trifft dies den Kern der vorwerfbaren Handlung nicht. Die Kammer hatte in ihrem Hinweis vom 09./12.01.2015 bereits Folgendes ausgeführt:

„Wie sich sowohl in der Unterwerfungserklärung der Beklagten vom 31.01.2014 als auch der einstweiligen Verfügung der Kammer vom 12.02.2014 widerspiegelt, betraf der (zulässige) Verletzungsvorwurf lediglich die Verwendung der Bezeichnung Y… & M… für Polsterausstattungen und für Außenbeklebungen, da nur insoweit markenrechtlicher Schutz besteht. Nur hierüber dürfte die Beklagte Auskunft zu erteilen verpflichtet sein, was sie auch bereits mit Schreiben vom 07.03.2014 anerkannt hatte.

b)
Das Auskunftsbegehren dürfte sich – im Grunde schon vorprozessual, vgl. Anlage B 1 – durch Erfüllung der Auskunftspflicht erledigt haben. Dass der Kläger die inhaltliche Richtigkeit und Vollständigkeit in Frage stellt, lässt nach ständiger Rechtsprechung der Kammer die Frage der Erfüllung unberührt; hierfür stünden ggf. andere prozessuale Möglichkeiten zur Verfügung. Der Auskunftsantrag sollte daher klägerseitig zumindest für erledigt erklärt werden. Vor dem Hintergrund der bereits vorprozessualen Erfüllung sollte auch eine Rücknahme erwogen werden.

c)
Aus der Auskunft der Beklagten ergibt sich, dass keine Verkäufe getätigt worden seien, so dass der Anspruch auf Belegvorlage nebst Rechnungen ins Leere gehen dürfte.“

Daran ist festzuhalten. Die Beklagte ist berechtigt, ihre Kraftfahrzeuge zu kennzeichnen, wie es ihr beliebt, Marken des Klägers werden dadurch nicht tangiert. Denn unstreitig keinen Markenschutz beanspruchen die klägerischen Marken für Kraftfahrzeuge. Zu der Kennzeichnung von Polsterausstattungen und Außenbeklebungen hatte die Beklagte bereits vorprozessual Auskunft erteilt und diese mit nachgelassenem Schriftsatz vom 05.02.2015 ergänzt. Damit ist erschöpfend Auskunft erteilt worden. Denn die Auskunft bezieht sich sowohl auf die Dauer der Internetwerbung als auch auf die Anzahl der Flyer und ihrem Verbreitungsort, nämlich den im Schriftsatz vom 05.02.2015 aufgeführten Messen nebst den entsprechenden Daten. Zur Anzahl der verkauften Fahrzeuge, bei denen die Polsterausstattungen und/oder Außenbeklebungen mit der klägerischen Marke gekennzeichnet gewesen sei, hat die Beklagte ebenfalls bereits Auskunft erteilt, nämlich keines.

3.
Der zweite Hauptantrag auf Schadensersatzfeststellung ist wegen der vorprozessualen Auskunft von Anfang an unzulässig gewesen, jedenfalls aber durch deren Ergänzung unzulässig geworden. Denn ist eine Klage auf Leistung möglich und zumutbar, fehlt im Interesse der endgültigen Klärung des Streitstoffs in einem Prozess das abstrakte Feststellungsinteresse. Eine auf Feststellung des Anspruchsgrundes beschränkte Feststellungsklage ist dann unzulässig (vgl. nur Zöller/Greger, ZPO, 29. Auflg. 2012, § 256 Rn. 7a m.w.N.). Hierauf hatte die Kammer den Kläger bereits in ihrem Hinweis vom 09./12.01.2015 hingewiesen. Hinzu kommt, dass die Beklagte bereits vorprozessual mit Schreiben vom 07.03.2014 ein Schuldanerkenntnis über den Anspruch auf Schadensersatz dem Grunde nach abgegeben hatte. Für eine Tenorierung der Schadensersatzpflicht dem Grunde nach bestand auch aus diesem Grund kein Anspruch.

Etwaige Gründe, weshalb dem Kläger eine Bezifferung unzumutbar sei, sind nicht ersichtlich. Der Kläger berühmt sich vielmehr eines zu weitgehenden Auskunftsanspruchs, weshalb er sich an einer Bezifferung außer Stande gesehen haben will. Diese (rechtlich unzutreffende) subjektive Sichtweise ist jedoch nicht geeignet, ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 ZPO zu fingieren. Der Kläger wäre gehalten gewesen, seinen Schaden im Wege der anerkannten Berechnungsmethoden, beispielsweise nach der Lizenzanalogie, für die Bewerbung von Polsterausstattungen und Außenbeklebungen in den 8.000 Flyern und für den Monat auf der Bewerbung im Internet zu beziffern; denn mehr als Werbehandlungen hat die Beklagte nach ihrer Auskunft nicht vorgenommen, mehr als eine Werbelizenz wird daher nicht zu zahlen sein. Dass er hierzu noch weitere (berechtigte) Angaben benötigte, wie etwa die Seitenaufrufe im Internet, macht auch der Kläger nicht geltend (vgl. Schriftsatz des Klägers vom 13.01.2015).

4.
Auch der Hilfsantrag auf Schadensersatzfeststellung ist gleichermaßen unzulässig. Zur Vermeidung von Wiederholung kann auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden.

5.
Der knapp sieben Wochen nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichte Schriftsatz des Klägers war nicht zu berücksichtigen, §§ 256 Abs. 2, 261 Abs. 2, 297 ZPO (Cepl/Voß, ZPO, 1. Auflg. 2015, § 296a Rn. 6). Eine Wiederaufnahme war auch im Hinblick auf den darin enthaltenen neuen Hilfsantrag auf Zahlung nicht geboten, da dieser Antrag eine Klagerweiterung darstellt, die nicht sachdienlich ist. Es kommt daher nicht darauf an, dass der neue Schriftsatz ohnehin keinerlei Tatsachenvortrag dazu enthält, die den behaupteten Zahlungsanspruch zu tragen vermögen würde.

II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Der Kläger unterliegt auch hinsichtlich des Auskunftsbegehrens in voller Höhe, da er diesen Antrag – soweit er nicht bereits vorprozessual erfüllt worden war – auch nicht für erledigt erklärt hat, so dass sich eine Anwendung des § 91a ZPO verbot. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 und 2 ZPO.