EuG: Zur Zeichenähnlichkeit, wenn ein neu angemeldetes Kennzeichen in einer älteren Marke vollständig enthalten ist

veröffentlicht am 11. Januar 2016

EuG, Urteil vom 26.11.2015, Az. T-181/14
Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009

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URTEIL DES GERICHTS (Neunte Kammer)

In der Rechtssache T‑181/14

Nürburgring GmbH mit Sitz in Nürburg (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte M. Viefhues und C. Giersdorf,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch M. Fischer als Bevollmächtigten,

Beklagter,

anderer Beteiligter im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM und Streithelfer vor dem Gericht:

Lutz Biedermann, wohnhaft in Villingen-Schwenningen (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt A. Jacob und Rechtsanwältin M. Ziliox,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des HABM vom 20. Januar 2014 (Sache R 163/2013‑4) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen Herrn Lutz Biedermann und der Nürburgring GmbH

erlässt

DAS GERICHT (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten G. Berardis sowie der Richter O. Czúcz und A. Popescu (Berichterstatter),

Kanzler: A. Lamote, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 20. März 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 13. Juni 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des HABM,

aufgrund der am 20. Juni 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des Streithelfers,

auf die mündliche Verhandlung vom 16. September 2015

folgendes

Urteil

Vorgeschichte des Rechtsstreits

Am 10. November 2008 meldete die Klägerin, die Nürburgring GmbH, nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen Nordschleife.

Die Marke wurde u. a., soweit für die vorliegende Klage von Belang, für folgende in Rn. 1 der angefochtenen Entscheidung aufgezählte Waren und Dienstleistungen der Klassen 6, 9, 16, 25, 28 und 41 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

Klasse 6: „Waren aus Metall, soweit in Klasse 6 enthalten, einschließlich dekorativen Schlüsselringen und ‑ketten“;

Klasse 9: „Fotografische, Film-, optische und Unterrichtsapparate, ‑geräte und ‑instrumente; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton, Bild und Daten aller Art; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; CDs, CD-ROMs, DVDs, Audio- und Videobänder; bespielte Ton-, Bild- und Datenträger aller Art, soweit in Klasse 9 enthalten; Unterhaltungsgeräte, die mit einem externen Bildschirm oder Monitor zu verwenden sind; Video-, Computer- und andere elektronische Spiele als Zusatzgeräte für externen Bildschirm oder Monitor; Computerprogramme; elektronische Publikationen (herunterladbar); Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Unfall‑, Strahlen- und Feuerschutzbekleidungsstücke, ‑helme und ‑schuhwaren“;

Klasse 16: „Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten, Druckereierzeugnisse; Programmhefte, Pressemappen (Schreibaccessoires), Plakate, Poster, Transparente (Papier- und Schreibwaren), Eintrittskarten, Teilnahmekarten, Einladungskarten, Kalender, Post- und Grußkarten, Ausweise; Fotografien; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Büroartikel (ausgenommen Möbel); Notizbücher, Notiztafeln, Adressbücher; Hüllen für Karten, Dokumente, Tickets, Ausweise (Papier- und Schreibwaren); Schreibwaren; Kugelschreiber, Stifte (Schreibwaren); Aufkleber (Papeteriewaren); Etiketten (nicht aus Textilstoffen); Abziehbilder; Aufbügelbilder; Wimpel, Fähnchen, Fahnen und Flaggen aus Papier“;

Klasse 25: „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Manschetten [Bekleidung]; Einlegesohlen; Schuhsohlen; Fußballschuhe [Stollen für]“;

Klasse 28: „Turn- und Sportartikel (soweit in Klasse 28 enthalten); Spiele (einschließlich Videospiele), ausgenommen als Zusatzgeräte für einen externen Bildschirm oder Monitor, und Spielzeug, insbesondere Stofftiere, Miniaturautos und Spielkarten; geld- und geldwertmäßig betätigte Spielautomaten (Maschinen), einschließlich Hand-Videospiele und Hand-Computerspiele“;

Klasse 41: „Erziehung, Ausbildung, Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Betrieb von Erholungs‑, Vergnügungs‑, Freizeit- und Familienparks und ‑zentren sowie von Fahr- und Belustigungsgeschäften (Unterhaltung); Betrieb und Vermietung von Freizeit‑, Kultur‑, Sport- und Unterhaltungseinrichtungen und ‑anlagen, soweit in Klasse 41 enthalten; Betrieb und Vermietung einer Rennstrecke; Organisation und Durchführung von Tagungen, Ausstellungen, Kongressen, Seminaren, Lehrgängen, Konferenzen sowie Veranstaltungen kultureller, unterhaltender oder sportlicher Art oder für Unterrichtszwecke; Platz- und Ticketreservierungen für vorgenannte Veranstaltungen; Betrieb von Kinos; Vermietung und Vermittlung von Bühnen‑, Theater- und Raumdekorationen und von Audio- und Videogeräten sowie Licht- und Konferenztechnik für Tagungen, Ausstellungen, Kongresse, Seminare, Lehrgänge, Konferenzen sowie Veranstaltungen kultureller, unterhaltender und/oder sportlicher Art oder für Unterrichtszwecke, soweit in Klasse 41 enthalten; Auskünfte über sportliche Aktivitäten und Wettbewerbe sowie Auskünfte über Freizeitaktivitäten und Veranstaltungen kultureller oder unterhaltender Art; Bereitstellen von elektronischen Publikationen (nicht herunterladbar); Durchführung von Spielen im Internet; Herausgabe von Druckereierzeugnissen in elektronischer Form, ausgenommen für Werbezwecke; Herausgabe von Zeitschriften und Büchern in elektronischer Form; Desktop-Publishing (Erstellen von Publikationen [nicht herunterladbar]); Veröffentlichung von Büchern und Journalen; Herausgabe von Texten, ausgenommen Werbetexte“.

Die Anmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 5/2009 vom 9. Februar 2009 veröffentlicht.

Am 8. Mai 2009 erhob der Streithelfer, Herr Lutz Biedermann, nach Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009 Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marken für die Waren und Dienstleistungen der Klassen 6, 9, 16, 25, 28 und 41.

Der Widerspruch wurde auf die deutsche Wortmarke Management by Nordschleife gestützt, die am 6. Dezember 2004 unter der Nr. 30434086 für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 6, 9, 16, 25, 28 und 41 eingetragen worden war:

Klasse 6: „Waren aus Metall, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind, insbesondere Pokale aus unedlen Metallen und deren Legierungen, Plaketten“;

Klasse 9: „Bespielte magnetische, elektrische und optische Datenträger, insbesondere CD-ROMs, DVDs, Videofilme, Audiocassetten“;

Klasse 16: „Druckereierzeugnisse; Photographien; Schreibwaren; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate)“;

Klasse 25: „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“;

Klasse 28: „Spiele, Spielzeug; Turn- und Sportartikel, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind“;

Klasse 41: „Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten“.

Begründet wurde der Widerspruch mit dem in Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 genannten Eintragungshindernis.

Am 28. November 2012 gab die Widerspruchsabteilung dem Widerspruch ausschließlich für die oben in Rn. 3 angegebenen Waren und Dienstleistungen statt. Für die übrigen von der angemeldeten Marke erfassten Waren und Dienstleistungen der Klassen 6, 9, 16, 25, 28 und 41 wies sie den Widerspruch hingegen wegen fehlender Ähnlichkeit der in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen zurück.

Am 24. Januar 2013 legte die Klägerin gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 beim HABM Beschwerde ein.

Mit Entscheidung vom 20. Januar 2014 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Vierte Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde zurück. Sie führte erstens aus, dass Deutschland das maßgebliche Gebiet sei und dass sich die maßgeblichen Verkehrskreise aus dem als durchschnittlich informiert, aufmerksam und verständig anzusehenden breiten Publikum und aus Gewerbetreibenden mit einem durchschnittlichen Aufmerksamkeitsgrad zusammensetzten. Zweitens stellte sie fest, dass die oben in Rn. 3 genannten, von der angemeldeten Marke erfassten Waren und Dienstleistungen und die mit der älteren Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen identisch, sehr ähnlich oder von mittlerer Ähnlichkeit seien. Drittens war sie der Auffassung, dass der Bestandteil „Management by“ der älteren Marke nur eingeschränkte Kennzeichnungskraft habe, während der Begriff „Nordschleife“ der dominierende Bestandteil sei und über Kennzeichnungskraft verfüge. Die einander gegenüberstehenden Zeichen seien in bildlicher und klanglicher Hinsicht mindestens zu einem durchschnittlichen Grad ähnlich. In begrifflicher Hinsicht sei der Vergleich in dem für die Klägerin günstigsten Fall neutral; da die Zeichen im Bestandteil „Nordschleife“ übereinstimmten, komme aber auch eine Ähnlichkeit in Betracht, wenn das Publikum in diesem Bestandteil einen Hinweis auf eine bestimmte Rennstrecke sehe. Viertens stellte die Beschwerdekammer im Rahmen der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr fest, dass unter Berücksichtigung der durchschnittlichen bildlichen und klanglichen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen und der durchschnittlichen inhärenten Kennzeichnungskraft der älteren Marke eine Verwechslungsgefahr im Hinblick auf die oben in Rn. 3 genannten Waren und Dienstleistungen bestehe. Angesichts der Übereinstimmung zwischen der angemeldeten Marke und dem dominierenden Bestandteil der älteren Marke würden die maßgeblichen Verkehrskreise annehmen, dass die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen von identischer Herkunft seien.

Anträge der Parteien

Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem HABM und dem Streithelfer die Kosten aufzuerlegen.

Das HABM und der Streithelfer beantragen,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

Die Klägerin macht als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 geltend.

Sie führt im Wesentlichen aus, selbst bei normaler Kennzeichnungskraft der älteren Marke und einer Identität oder Ähnlichkeit der in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen scheide eine Verwechslungsgefahr im Sinne des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 aufgrund der insbesondere am Anfang der einander gegenüberstehenden Zeichen bestehenden Unterschiede in schriftbildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht aus.

Das HABM und der Streithelfer treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

Nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 ist die angemeldete Marke auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Gemäß Art. 8 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii dieser Verordnung gehören zu den älteren Marken nationale Marken mit einem früheren Anmeldetag als dem Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke.

Nach ständiger Rechtsprechung liegt Verwechslungsgefahr vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Das Vorliegen von Verwechslungsgefahr ist nach dieser Rechtsprechung umfassend, anhand der Wahrnehmung der Zeichen und der betreffenden Waren oder Dienstleistungen durch die maßgeblichen Verkehrskreise und unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (vgl. Urteil vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, Slg, EU:T:2003:199, Rn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung). Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf einen normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen abzustellen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach Art der betreffenden Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (vgl. Urteil vom 13. Februar 2007, Mundipharma/HABM – Altana Pharma [RESPICUR], T‑256/04, Slg, EU:T:2007:46, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Die von der Beschwerdekammer vorgenommene Beurteilung der Verwechslungsgefahr zwischen den einander gegenüberstehenden Marken ist im Licht der vorstehenden Erwägungen zu überprüfen.

Zu den maßgeblichen Verkehrskreisen

Die Beschwerdekammer hat in Rn. 10 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass Deutschland das maßgebliche Gebiet sei, da es sich bei der zu berücksichtigenden älteren Marke um eine nationale Marke handele. Ferner hat sie in den Rn. 10 und 29 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass sich die maßgeblichen Verkehrskreise aus dem als durchschnittlich informiert, aufmerksam und verständig anzusehenden breiten Publikum und aus Gewerbetreibenden mit einem durchschnittlichen Aufmerksamkeitsgrad zusammensetzten.

Der Definition der maßgeblichen Verkehrskreise und ihres Aufmerksamkeitsgrads durch die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung ist beizupflichten; sie wird im Übrigen von der Klägerin nicht beanstandet.

Zum Vergleich der Waren und Dienstleistungen

In den Rn. 12 bis 14 und 30 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass die oben in Rn. 3 genannten, von der angemeldeten Marke erfassten und die mit der älteren Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen identisch, sehr ähnlich oder von mittlerer Ähnlichkeit seien. Dieser Feststellung der Beschwerdekammer, die im Übrigen von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen wird, ist beizupflichten.

Zum Vergleich der Zeichen

Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist hinsichtlich der visuellen, klanglichen oder begrifflichen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen auf den Gesamteindruck abzustellen, den sie hervorrufen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Bei dieser Beurteilung spielt die Wahrnehmung der Marken durch den Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren oder Dienstleistungen eine entscheidende Rolle. Der Durchschnittsverbraucher nimmt dabei eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf ihre verschiedenen Einzelheiten (vgl. Urteil vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, Slg, EU:C:2007:333, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Allerdings wird der Durchschnittsverbraucher, auch wenn er eine Marke regelmäßig als Ganzes wahrnimmt und nicht auf ihre verschiedenen Einzelheiten achtet, bei der Wahrnehmung eines Wortzeichens dennoch die Wortbestandteile erkennen, die für ihn auf eine konkrete Bedeutung hinweisen oder Wörtern ähneln, die er kennt (vgl. Urteil vom 10. Dezember 2014, Novartis/HABM – Dr Organic [BIOCERT], T‑605/11, EU:T:2014:1050, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Außerdem ist festzustellen, dass die höhere oder geringere Kennzeichnungskraft gemeinsamer Bestandteile einer angemeldeten Marke und einer älteren Marke einen der im Rahmen der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit relevanten Faktoren darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 25. März 2010, Nestlé/HABM – Master Beverage Industries [Golden Eagle und Golden Eagle Deluxe], T‑5/08 bis T‑7/08, Slg, EU:T:2010:123, Rn. 61, vom 18. Mai 2011, Glenton España/HABM – Polo/Lauren [POLO SANTA MARIA], T‑376/09, EU:T:2011:225, Rn. 35, und vom 12. Juli 2012, Pharmazeutische Fabrik Evers/HABM – Ozone Laboratories Pharma [HYPOCHOL], T‑517/10, EU:T:2012:372, Rn. 30).

Insoweit ist nach der Rechtsprechung zur Ermittlung der Kennzeichnungskraft eines Markenbestandteils zu beurteilen, ob dieser Bestandteil in größerem oder weniger großem Maß geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke eingetragen worden ist, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und damit diese Waren oder Dienstleistungen von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Dabei sind insbesondere die Eigenschaften des fraglichen Bestandteils darauf zu prüfen, ob er in Bezug auf die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke eingetragen worden ist, beschreibend ist oder nicht (Urteil BIOCERT, oben in Rn. 23 angeführt, EU:T:2014:1050, Rn. 28).

Schließlich darf sich die Beurteilung der Ähnlichkeit zweier Marken nicht darauf beschränken, dass nur ein Bestandteil einer zusammengesetzten Marke berücksichtigt und mit einer anderen Marke verglichen wird. Vielmehr sind die betreffenden Marken jeweils als Ganzes miteinander zu vergleichen, was nicht ausschließt, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer zusammengesetzten Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der maßgeblichen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (vgl. Urteil HABM/Shaker, oben in Rn. 22 angeführt, EU:C:2007:333, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung). Für die Beurteilung der Ähnlichkeit kann es nur dann allein auf den dominierenden Bestandteil ankommen, wenn alle anderen Markenbestandteile zu vernachlässigen sind (Urteile HABM/Shaker, oben in Rn. 22 angeführt, EU:C:2007:333, Rn. 42, und vom 20. September 2007, Nestlé/HABM, C‑193/06 P, EU:C:2007:539, Rn. 42). Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn schon dieser Bestandteil allein geeignet ist, das Bild der Marke, das die maßgeblichen Verkehrskreise im Gedächtnis behalten, so zu prägen, dass alle ihre übrigen Bestandteile in dem durch sie hervorgerufenen Gesamteindruck zu vernachlässigen sind (Urteil Nestlé/HABM, EU:C:2007:539, Rn. 43).

Im Licht dieser Rechtsprechungsgrundsätze ist zu prüfen, ob die Beschwerdekammer zu Unrecht festgestellt hat, dass zwischen der angemeldeten Wortmarke Nordschleife und der älteren Wortmarke Management by Nordschleife Ähnlichkeit besteht.

Zu den beim Vergleich der Zeichen zu berücksichtigenden Bestandteilen und zu den kennzeichnungskräftigen und dominierenden Bestandteilen der älteren Marke

Die Klägerin führt im Wesentlichen aus, die ältere Marke werde nicht ausschließlich durch ihren Bestandteil „Nordschleife“ geprägt, sondern von den maßgeblichen Verkehrskreisen als „Gesamtbegriff“ wahrgenommen, und die deutlichen Unterschiede zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen würden durch den gemeinsamen Bestandteil „Nordschleife“ nicht ausgeglichen.

Das HABM und der Streithelfer treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

Im vorliegenden Fall besteht, wie die Beschwerdekammer in Rn. 17 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, die ältere Marke aus den Wörtern „Management“, „by“ und „Nordschleife“, während die angemeldete Marke allein aus dem Wortelement „Nordschleife“ besteht.

Aus den Rn. 20 und 22 der angefochtenen Entscheidung geht hervor, dass die Beschwerdekammer der Auffassung war, dass die Kombination der Bestandteile „Management“ und „by“ eingeschränkte Kennzeichnungskraft habe. Der Begriff „Nordschleife“ sei das dominierende und kennzeichnungskräftigste Element der älteren Marke.

Erstens ist festzustellen, dass sich die Beschwerdekammer, wie das HABM geltend macht, entgegen dem Vorbringen der Klägerin beim Vergleich der fraglichen Zeichen in schriftbildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht auf den von ihnen hervorgerufenen Gesamteindruck gestützt hat und nicht davon ausgegangen ist, dass der Bestandteil „Management by“ einen zu vernachlässigenden Teil der älteren Marke darstellte (Rn. 22 bis 24 der angefochtenen Entscheidung).

Zweitens ist zu prüfen, ob die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt hat, dass das Wort „Nordschleife“ der dominierende und kennzeichnungskräftigste Bestandteil der älteren Marke ist.

Hierzu hat die Beschwerdekammer in Rn. 18 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass der Begriff „Nordschleife“ in seiner Gesamtheit vom relevanten Publikum in unterschiedlicher Weise aufgefasst werden könne. Eine dieser Möglichkeiten sei, dass der Begriff vom relevanten Publikum als Hinweis auf den nördlichen Teil einer Rennstrecke aufgefasst werde, und es könne sein, dass der Durchschnittsverbraucher wisse, dass der alte Teil des Nürburgrings so bezeichnet worden sei. Dem Begriff Nordschleife selbst sei aber kein geografischer Hinweis zu entnehmen, da sich diese Schleife an jedem beliebigen Ort befinden könne. Handele es sich bei dem Begriff um ein Synonym für eine bestimmte Rennstrecke, so sei dies als Name der Rennstrecke kennzeichnungskräftig. Diese im Übrigen von der Klägerin nicht beanstandeten Beurteilungen sind zutreffend, und ihnen ist beizupflichten.

Ferner hat die Beschwerdekammer in Rn. 20 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass das englische Wort „Management“ von den maßgeblichen Verkehrskreisen im Sinne von „Leitung, Führung, Verwaltung, Organisation“ verstanden werde, da der Begriff mit diesem Bedeutungsgehalt Eingang in die deutsche Sprache gefunden habe, und dass das Wort „by“ als Teil des englischen Grundwortschatzes ohne Weiteres verstanden werde, nämlich als die Präposition „von, durch“. Die Beschwerdekammer hat hieraus den Schluss gezogen, dass der Ausdruck „Management by“ als genereller Hinweis auf die Herkunft der angebotenen Waren und Dienstleistungen oder die Verantwortung für deren Herstellung oder Erbringung aufgefasst werde, wobei das Wort „by“ auf die Person oder Institution hinweise, die das „Management“ betreibe; dies gelte für alle von der älteren Marke erfassten Waren und Dienstleistungen. Hierzu ist festzustellen, dass es sich bei den Wörtern „Management“ und „by“ um Grundbegriffe der englischen Sprache handelt und dass die große Mehrheit der maßgeblichen Verkehrskreise, bei denen davon ausgegangen werden kann, dass sie über Grundkenntnisse dieser Sprache verfügen, ihre Bedeutung verstehen kann. Daher ist den Beurteilungen der Beschwerdekammer, die von der Klägerin im Übrigen nicht beanstandet werden, beizupflichten.

Daraus ist zu schließen, dass im vorliegenden Fall der von dem Ausdruck „Management by“ gebildete Teil der älteren Marke eine eingeschränkte Kennzeichnungskraft hat und dass der Begriff „Nordschleife“ ihren dominierenden und kennzeichnungskräftigsten Bestandteil darstellt.

Diese Schlussfolgerung wird durch das Vorbringen der Klägerin, wonach die drei Bestandteile der älteren Marke – „Management“, „by“ und „Nordschleife“ – als „Gesamtbegriff“ wahrgenommen würden, der für die maßgeblichen Verkehrskreise ohne Weiteres als solcher verständlich sei, nicht in Frage gestellt. Die Klägerin bringt vor, die Begriffe „Management“ und „Nordschleife“ würden durch das Wort „by“ aufeinander bezogen, und dies stehe dem Gedanken entgegen, dass ein einziger Bestandteil für sich genommen dominierend oder kennzeichnungskräftig sein könne. Gestützt auf verschiedene Beispiele von Ausdrücken, bei denen dem Ausdruck „Management by“ ein weiterer Begriff hinzugefügt wird, macht sie geltend, die Wahrnehmung als „Gesamtbegriff“ ergebe sich auch daraus, dass den deutschen Verkehrskreisen verschiedene „Management by“‑Konzepte bestens bekannt seien.

Erstens ist der Klägerin zwar zuzustimmen, dass das Wort „by“ zwei Substantive verbindet, doch schließt dies, wie der Streithelfer im Wesentlichen ausführt, nicht aus, dass einer dieser Bestandteile dominieren oder am kennzeichnungskräftigsten sein kann. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die verschiedenen von der Klägerin angeführten Ausdrücke stets durch den hinter „Management by“ stehenden Begriff voneinander abweichen und eine ganz unterschiedliche Bedeutung erhalten; dies stützt die Beurteilung der Beschwerdekammer, nach der im vorliegenden Fall der Begriff „Nordschleife“ der kennzeichnungskräftigste Bestandteil der älteren Marke „Management by Nordschleife“ sei.

Zweitens kann entgegen dem Vorbringen der Klägerin weder geltend gemacht werden, dass sich die Wortgruppe „Management by Nordschleife“ ohne Weiteres in die Aufstellung der von ihr angeführten Ausdrücke einfügte, noch liegt es auf der Hand, dass die mit dieser Wortgruppe konfrontierten maßgeblichen Verkehrskreise ihr eine der von der Klägerin angegebenen Bedeutungen geben werden.

Wie die Beschwerdekammer ausgeführt hat (Rn. 21 der angefochtenen Entscheidung), enthalten die von der Klägerin genannten Aufstellungen zahlreicher Beispiele von Ausdrücken, die sich aus „Management by“ und einem weiteren Wort zusammensetzen, nämlich nicht den Ausdruck „Management by Nordschleife“.

Zudem ist, wie das HABM zu Recht geltend macht, der Umstand, dass der Ausdruck „Management by“ theoretisch mit jedem beliebigen Substantiv kombiniert werden kann, nicht als Nachweis für die Existenz des Ausdrucks „Management by Nordschleife“ als ein den maßgeblichen Verkehrskreisen geläufiger Begriff geeignet.

Ferner führt die Klägerin aus, der „Gesamtbegriff“ „Management by Nordschleife“ sei in hohem Maß geeignet, als Hinweis auf „rasantes Vorgehen“ oder „Risikobereitschaft“ zu dienen, während „Spaßvögel“ versuchen würden, den „Gesamtbegriff“ unter „Management by …“-Verballhornungen einzureihen und ihm eine Bedeutung wie beispielsweise „Wir arbeiten rasend schnell, aber drehen uns nur im Kreis“ zu geben. Sie gibt jedoch keine auf der Hand liegende und klare Bedeutung an, die dieser – von den maßgeblichen Verkehrskreisen als solcher wahrgenommene – „Gesamtbegriff“ haben soll, sondern nur etwaige approximative Bedeutungen.

Drittens macht die Klägerin zu Unrecht geltend, dass ihre Argumentation zum Vorliegen eines „Gesamtbegriffs“ im vorliegenden Fall der Entscheidungspraxis des HABM entspreche.

Zum einen hat die Klägerin nämlich in der Klageschrift keine Entscheidung der Beschwerdekammern des HABM angeführt, die in Widerspruch zur angefochtenen Entscheidung stünde, sondern nur auf Entscheidungen der Widerspruchsabteilungen Bezug genommen. Die Beschwerdekammern können aber nicht an Entscheidungen der unteren Instanzen des HABM gebunden sein (Urteil vom 22. Mai 2014, NIIT Insurance Technologies/HABM [EXACT], T‑228/13, EU:T:2014:272, Rn. 48).

Zum anderen ist zu den von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung angeführten Entscheidungen der Beschwerdekammern, die im Umkehrschluss ihr Vorbringen stützen könnten, darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die von den Beschwerdekammern des HABM aufgrund der Verordnung Nr. 207/2009 zu treffenden Entscheidungen über die Eintragung eines Zeichens als Gemeinschaftsmarke gebundene Entscheidungen und keine Ermessensentscheidungen sind. Ihre Rechtmäßigkeit ist daher allein auf der Grundlage dieser Verordnung und nicht anhand einer früheren Entscheidungspraxis der Beschwerdekammern zu beurteilen (vgl. Urteil vom 26. April 2007, Alcon/HABM, C‑412/05 P, Slg, EU:C:2007:252, Rn. 65 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil vom 11. Dezember 2014, Monster Energy/HABM [REHABILITATE], T‑712/13, EU:T:2014:1066, Rn. 31).

Außerdem muss das HABM nach der Rechtsprechung bereits ergangene Entscheidungen zwar im Hinblick auf die Grundsätze der Gleichbehandlung und der ordnungsgemäßen Verwaltung berücksichtigen und besonderes Augenmerk auf die Frage richten, ob im gleichen Sinne zu entscheiden ist oder nicht, doch ist die Anwendung dieser Grundsätze mit dem Gebot rechtmäßigen Handelns in Einklang zu bringen (vgl. entsprechend Urteil vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, Slg, EU:C:2011:139, Rn. 73 bis 75).

Die vorstehende Prüfung (siehe oben, Rn. 33 bis 36) hat aber ergeben, dass die Vorgehensweise der Beschwerdekammer im vorliegenden Fall mit dem anwendbaren Recht in Einklang steht, so dass sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf eine Entscheidung einer anderen Beschwerdekammer berufen kann.

Nach alledem hat die Beschwerdekammer im Rahmen des Vergleichs der einander gegenüberstehenden Zeichen zu Recht den durch die ältere Marke hervorgerufenen Gesamteindruck berücksichtigt und dabei die Auffassung vertreten, dass der Begriff „Nordschleife“ eine stärkere Kennzeichnungskraft besitzt als der Bestandteil „Management by“, ohne diesen aber als vernachlässigbar einzustufen.

Zum schriftbildlichen Vergleich

In Rn. 22 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass die Zeichen eine mindestens durchschnittliche Ähnlichkeit aufwiesen. Die angemeldete Marke sei vollständig in der älteren Marke enthalten, und die Zeichen unterschieden sich durch das zusätzliche Element „Management by“ der älteren Marke, das im Gesamteindruck wegen seiner eingeschränkten Kennzeichnungskraft zurücktrete, woran auch seine Positionierung am Anfang der Wortfolge nichts ändere, weil sie nur auf das Wort „Nordschleife“ hinleite.

Die Klägerin tritt der Feststellung schriftbildlicher Ähnlichkeit durch die Beschwerdekammer entgegen und macht geltend, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen unähnlich seien.

Das HABM und der Streithelfer halten das Vorbringen der Klägerin für unzutreffend.

Wie die Klägerin im Wesentlichen geltend macht, weisen die einander gegenüberstehenden Marken eine unterschiedliche Länge und Struktur auf. Während die ältere Marke aus drei Wörtern besteht und 24 Buchstaben enthält, besteht die angemeldete Marke aus nur einem Wort und hat nur zwölf Buchstaben, also halb so viele wie die ältere Marke.

Allerdings deutet der Umstand, dass eine ältere Marke ausschließlich aus der angemeldeten Marke besteht, der ein anderes Wort hinzugefügt ist, auf die Ähnlichkeit beider Marken hin (vgl. entsprechend Urteil vom 28. Oktober 2009, X‑Technology R & D Swiss/HABM – Ipko-Amcor [First-On-Skin], T‑273/08, EU:T:2009:418, Rn. 31, vgl. in diesem Sinne und entsprechend auch Urteil vom 2. Februar 2012, Almunia Textil/HABM – FIBA-Europe [EuroBasket], T‑596/10, EU:T:2012:52, Rn. 38).

Im vorliegenden Fall ist, da die angemeldete Marke vollständig in der älteren Marke enthalten ist, und zwar als deren kennzeichnungskräftigster Bestandteil (siehe oben, Rn. 48), der mit der Hinzufügung der Wörter „Management“ und „by“ in der älteren Marke verbundene Unterschied nicht groß genug, um die durch das gemeinsame Wort „Nordschleife“ geschaffene Ähnlichkeit zu beseitigen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteile vom 24. November 2005, Sadas/HABM – LTJ Diffusion [ARTHUR ET FELICIE], T‑346/04, Slg, EU:T:2005:420, Rn. 47, und vom 7. September 2006, Meric/HABM – Arbora & Ausonia [PAM-PIM’S BABY-PROP)], T‑133/05, Slg, EU:T:2006:247, Rn. 57).

Ferner ist zum Vorbringen der Klägerin in Bezug auf die besondere Bedeutung, die der Verbraucher dem Anfang der einander gegenüberstehenden Marken beimesse, festzustellen, dass der Anfang von Wortmarken die Aufmerksamkeit zwar grundsätzlich stärker auf sich zieht, doch kann diese Feststellung jedenfalls nicht in allen Fällen gelten und den Grundsatz in Frage stellen, dass bei der Prüfung der Ähnlichkeit von Marken der von ihnen hervorgerufene Gesamteindruck zu berücksichtigen ist (vgl. Urteil vom 16. September 2009, Hipp & Co/HABM – Laboratorios Ordesa [Bebimil], T‑221/06, EU:T:2009:330, Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung). Außerdem kann die Stichhaltigkeit dieses Arguments nicht losgelöst von den Umständen des konkreten Falles, insbesondere den spezifischen Merkmalen der einander gegenüberstehenden Zeichen, beurteilt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. April 2011, United States Polo Association/HABM – Textiles CMG [U.S. POLO ASSN.], T‑228/09, EU:T:2011:170, Rn. 37). Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass bei der älteren Marke ihr Anfang „Management by“ weniger kennzeichnungskräftig ist als das aus dem Begriff „Nordschleife“ bestehende Ende (siehe oben, Rn. 48). Daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Anfang der älteren Marke die Aufmerksamkeit der maßgeblichen Verkehrskreise bei dem von ihr hervorgerufenen Gesamteindruck oder hinsichtlich des unvollkommenen Bildes, das diese Verkehrskreise von ihr im Gedächtnis behalten werden, in besonderem Maß auf sich ziehen wird.

Somit hat die Beschwerdekammer zu Recht die Auffassung vertreten, dass die Zeichen eine mindestens durchschnittliche schriftbildliche Ähnlichkeit aufweisen.

Zum klanglichen Vergleich

In Rn. 23 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer ausgeführt, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen in der Aussprache der drei Silben des Bestandteils „Nordschleife“ übereinstimmten und sich in den zusätzlichen vier Silben „Management by“ der älteren Marke unterschieden. Die deutlich vernehmbare Übereinstimmung in drei Silben, im Klangrhythmus und in der Betonung der Vergleichszeichen führe im Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen zu einer mindestens im mittleren Bereich liegenden klanglichen Ähnlichkeit.

Die Klägerin stellt die von der Beschwerdekammer getroffene Feststellung einer klanglichen Ähnlichkeit in Frage und macht geltend, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen unähnlich seien.

Das HABM und der Streithelfer treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

Wie die Klägerin ausführt, unterscheiden sich die einander gegenüberstehenden Marken in Länge und Struktur.

Gleichwohl ist festzustellen, dass der Umstand, dass die angemeldete Marke vollständig in der älteren Marke enthalten ist, eine Ähnlichkeit der Zeichen impliziert (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil EuroBasket, oben in Rn. 53 angeführt, EU:T:2012:52, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall besteht daher, obwohl sich die einander gegenüberstehenden Marken insbesondere in ihrer Länge und Silbenzahl voneinander unterscheiden und trotz des Umstands, dass der erste Teil der einander gegenüberstehenden Zeichen unterschiedlich ausgesprochen wird, aufgrund der vollständigen Übereinstimmung der angemeldeten Marke mit dem kennzeichnungskräftigsten Bestandteil der älteren Marke eine klangliche Ähnlichkeit zwischen ihnen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil First-On-Skin, oben in Rn. 53 angeführt, EU:T:2009:418, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung), da dieser gemeinsame Bestandteil in derselben Weise ausgesprochen wird.

Die Beschwerdekammer hat somit fehlerfrei festgestellt, dass zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen eine mindestens im mittleren Bereich liegende klangliche Ähnlichkeit besteht.

Zum begrifflichen Vergleich

In Rn. 24 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer ausgeführt, zum einen sei der begriffliche Vergleich in dem für die Klägerin günstigsten Fall neutral, zum anderen komme aber eine Ähnlichkeit insoweit, als die Zeichen im Bestandteil „Nordschleife“ übereinstimmten, in Betracht, wenn das Publikum hierin insbesondere einen Hinweis auf eine bestimmte Rennstrecke sehe. Ferner hat die Beschwerdekammer in Rn. 18 der angefochtenen Entscheidung im Wesentlichen festgestellt, dass die deutschen Begriffe „Nord“ und „Schleife“ Teil des Grundwortschatzes seien, wobei Ersterer auf die Himmelsrichtung Norden verweise und Letzterer u. a. die Bedeutungen „Schnur“, „Band“, „etwas, das in Form einer Schleife als Schmuck gedacht ist“ oder „fast bis zu einem Kreis herumführende Kurve bei einer Straße [oder] einem Flusslauf“ habe. Die Beschwerdekammer hielt die Feststellung für ausreichend, dass das Publikum einem in beiden Zeichen identischen Wortelement gegebenenfalls denselben Bedeutungsgehalt beimessen werde.

Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, dass sich die einander gegenüberstehenden Marken in begrifflicher Hinsicht nicht ähnelten.

Das HABM und der Streithelfer halten das Vorbringen der Klägerin für unzutreffend.

Die Klägerin erkennt den Grundsatz an, dass zwei Zeichen einander begrifflich ähnlich sind, wenn sie die gleiche oder eine ähnliche Bedeutung haben.

Im vorliegenden Fall haben die einander gegenüberstehenden Zeichen den Bestandteil „Nordschleife“ gemeinsam, dem die Klägerin eben diese Bedeutung beimisst.

Somit ist festzustellen, dass zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen eine gewisse Ähnlichkeit besteht, da beide den Bestandteil „Nordschleife“ enthalten, in Bezug auf den die Klägerin einräumt, dass er für die maßgeblichen Verkehrskreise eine Bedeutung aufweist, und da dieser Bestandteil der kennzeichnungskräftigste Bestandteil der älteren Marke und der einzige Bestandteil der angemeldeten Marke ist. Dagegen verweist der Bestandteil „Management by“ in der älteren Marke im Wesentlichen auf den Begriff der Unternehmensführung, der in der angemeldeten Marke nicht vorhanden ist. Daraus ist zu schließen, dass zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen eine zumindest schwache Ähnlichkeit besteht.

Selbst wenn man unterstellt, dass – wie die Klägerin geltend macht – die ältere Marke in ihrer Gesamtheit von den maßgeblichen Verkehrskreisen als eine besondere Management-Methode aufgefasst werden könnte, könnte sie, wie die Klägerin weiter ausgeführt hat, im Sinne von „Wir arbeiten rasend schnell, aber drehen uns nur im Kreis“ verstanden werden. Auch wenn die Klägerin nachzuweisen versucht, dass die maßgeblichen Verkehrskreise in diesem Fall den Bestandteil „Nordschleife“ in der älteren Marke und in der angemeldeten Marke in begrifflicher Hinsicht unterschiedlich wahrnehmen werden, misst sie ihm somit insofern einen ähnlichen Bedeutungsgehalt bei, als er in beiden Marken auf die Vorstellung von einer „Schleife“ hinausliefe. Daher bestünde auch in diesem Fall eine gewisse Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen.

Folglich weisen die einander gegenüberstehenden Zeichen zumindest eine schwache begriffliche Ähnlichkeit auf.

Zur umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr

Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung der berücksichtigten Faktoren und insbesondere zwischen der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Ähnlichkeitsgrad der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Ähnlichkeitsgrad der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteile vom 29. September 1998, Canon, C‑39/97, Slg, EU:C:1998:442, Rn. 17, und vom 14. Dezember 2006, Mast-Jägermeister/HABM – Licorera Zacapaneca [VENADO mit Rahmen u. a.], T‑81/03, T‑82/03 und T‑103/03, Slg, EU:T:2006:397, Rn. 74).

In Rn. 27 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer ausgeführt, die ältere Marke verfüge über eine durchschnittliche inhärente Kennzeichnungskraft; im Übrigen habe der Streithelfer keine infolge Benutzung gesteigerte Kennzeichnungskraft dieser Marke geltend gemacht. Unter diesen Umständen bestehe für die maßgeblichen Verkehrskreise eine Verwechslungsgefahr für die identischen Waren und Dienstleistungen sowie für die ähnlichen Waren und Dienstleistungen, wobei der Ähnlichkeitsgrad im mittleren bis höheren Bereich liege (Rn. 29 und 30 der angefochtenen Entscheidung).

Die Klägerin macht geltend, aufgrund der deutlichen Unterschiede, die zwischen den einander gegenüberstehenden Marken in schriftbildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht bestünden, liege keine Verwechslungsgefahr vor.

Das HABM und der Streithelfer halten das Vorbringen der Klägerin für unzutreffend.

Die Klägerin bestreitet nicht, dass die ältere Marke eine inhärente durchschnittliche Kennzeichnungskraft besitzt.

Somit ist, da zum einen die Zeichen in schriftbildlicher und klanglicher Hinsicht von mittlerer Ähnlichkeit und in begrifflicher Hinsicht von mindestens schwacher Ähnlichkeit sind und zum anderen zwischen den oben in Rn. 3 genannten Waren und Dienstleistungen, die von der angemeldeten Marke erfasst werden, und den mit der älteren Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen Identität oder eine im mittleren bis höheren Bereich liegende Ähnlichkeit besteht, davon auszugehen, dass die maßgeblichen Verkehrskreise selbst bei durchschnittlicher Aufmerksamkeit zu dem Schluss kommen könnten, dass die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen von demselben Unternehmen oder aus derselben Unternehmensgruppe stammen.

Folglich ist die Beschwerdekammer zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass für die maßgeblichen Verkehrskreise in Bezug auf die oben in Rn. 3 genannten, von der angemeldeten Marke erfassten Waren und Dienstleistungen eine Verwechslungsgefahr zwischen den einander gegenüberstehenden Marken besteht.

Nach alledem ist der einzige Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 gerügt wird, als unbegründet zurückzuweisen, so dass die Klage insgesamt abzuweisen ist.

Kosten

Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des HABM und des Streithelfers die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Neunte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Nürburgring GmbH trägt die Kosten.