BPatG: „Magic Orient“ besitzt für Lebensmittel keine Unterscheidungskraft

veröffentlicht am 2. August 2018

BPatG, Beschluss vom 21.06.2018, Az. 25 W (pat) 10/18
§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG

Die Entscheidung des BPatG haben wir hier zusammengefasst (BPatG – Magic Orient) und nachstehend im Volltext wiedergegeben:


Wird Ihrem Kennzeichen die Eintragung als Marke verweigert?

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Bundespatentgericht

Beschluss

In der Beschwerdesache



betreffend die Markenanmeldung 30 2016 002 186.8

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 21. Juni 2018 unter Mitwirkung des … beschlossen:

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Bezeichnung

MAGIC ORIENT

ist am 27. Januar 2016 zur Eintragung als Wortmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister für die nachfolgend genannten Waren der Klassen 29 und 30 angemeldet worden:

Klasse 29: Fertiggerichte, Teilfertiggerichte, verzehrfertige Imbissprodukte sowie Halbfertiggerichte, jeweils im Wesentlichen bestehend aus Fleisch und/oder Fleischerzeugnissen und/oder Geflügel und/oder Geflügelerzeugnissen und/oder Fisch und/oder Fischerzeugnissen und/oder Schalentieren und/oder Weichtieren und/oder Erzeugnissen aus Weich- und/oder Schalentieren und/oder Gemüse und/oder Früchten und/oder Kartoffeln und/oder Kartoffelerzeugnissen und/oder Pilzen, auch unter Hinzufügung von Käse und/oder Saucen [außer Salatsaucen]; Kartoffelerzeugnisse für Nahrungszwecke, soweit in Klasse 29 enthalten; Suppen; Suppenfonds; Brühen; Brühwürfel; Bouillons;

Klasse 30: Fertiggerichte, Teilfertiggerichte, verzehrfertige Imbissprodukte sowie Halbfertiggerichte, jeweils im Wesentlichen bestehend aus Backwaren und/oder Nudeln und/oder Reis und/oder Couscous und/oder Hülsenfrüchte und/oder für die menschliche Ernährung zubereitetem Getreide, auch unter Hinzufügung von Käse und/oder Saucen [außer Salatsaucen]; Teigwaren; Reiserzeugnisse für Nahrungszwecke, soweit in Klasse 30 enthalten; Semmelknödel; Teigmischungen und backfertig vorbereitete Teige; Soßen [einschließlich Salatsoßen]; Soßenfonds; Soßenansätze; Ketchup; Speisewürzen, insbesondere in flüssiger Form; Würzmittel; Würzmischungen; Würzzubereitungen; Fixprodukte als Küchenhilfsmittel in getrockneter Form, im Wesentlichen bestehend aus würzenden und geschmacksgebenden Zutaten, wie Gemüse und/oder Kräuter und/oder Pilzen als Nahrungsmittel soweit in Klasse 30 enthalten.

Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diese unter der Nummer 30 2016 002 186.8 geführte Anmeldung mit Beschluss vom 24. Januar 2018 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass die Wortkombination „MAGIC ORIENT“ nur einen werbeüblichen Sachhinweis darstelle. Der Zeichenbestandteil „Orient“ sei in Verbindung mit Lebensmitteln ein Hinweis auf eine bestimmte Art der Zubereitung bzw. Würzung. Der Zeichenbestandteil „magic“ werde auch von den deutschen Verkehrskreisen im Sinne von „magisch“ verstanden und betone lediglich die besondere Aromenvielfalt der orientalischen Küche. Mit diesem Begriff werde im allgemeinen Sprachgebrauch eine bestimmte kulinarische Stilrichtung bezeichnet, die sich durch die Verwendung von bestimmten Zutaten wie besonders aromatischen Gewürzen, Hülsenfrüchten, Lamm, Fisch und Geflügel sowie frischem Gemüse auszeichne. Dies mache den sogenannten „Zauber“ der Gerichte aus. In diesem Sinne werde insbesondere auch die angemeldete Bezeichnung selbst – „magischer Orient“ – im allgemeinen Sprachgebrauch im Zusammenhang mit bestimmten Lebensmitteln und Speisen bereits beschreibend verwendet. Der Begriffsinhalt des Adjektivs „magic“ bzw. „magisch“ sei in der Kombination mit dem Begriff „Orient“ entgegen der Auffassung der Anmelderin weder vage noch unklar, da die Kultur des Orients bisweilen als fremdartig oder rätselhaft empfunden werde und der Verkehr den Orient mit den „Geschichten aus tausendundeiner Nacht“ in Verbindung bringe, in denen Magie eine große Rolle spiele. Insoweit sei der Begriff „magic“ (bzw. „magisch“) fest mit dem Begriff „Orient“ verbunden. So
weit die Anmelderin auf vermeintlich vergleichbare Voreintragungen verweise, entfalteten diese keine Bindungswirkung. Zudem seien andere ähnliche Anmeldungen wie etwa „Magic Snack“ oder „Indian Magic“ vom DPMA bestandskräftig zurückgewiesen worden. Auch das Bundespatentgericht habe der Anmeldung „Magic of Coffee“ die Unterscheidungskraft abgesprochen (BPatG 29 W (pat) 042/06).

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. Der angemeldeten Bezeichnung könne die erforderliche Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden. An deren Vorliegen dürften nicht zu hohe Maßstäbe angelegt werden. Nur das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft begründe ein Eintragungshindernis. Vorliegend könne der angemeldeten Bezeichnung die Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden, da sie keinen konkreten gedanklichen Inhalt habe, so dass der angesprochene Verkehr sich deren Bedeutung erst erschließen müsse. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren löse die Bezeichnung allenfalls Assoziationen aus, die einer gewissen Interpretation bzw. mehrerer gedanklicher Schritte bedürften, um zu einer beschreibenden Sachaussage zu gelangen. Im Übrigen gehe das DPMA im Zusammenhang mit der angemeldeten Bezeichnung von einem unrichtigen Verkehrsverständnis aus und setze zudem die angemeldete Bezeichnung unzutreffenderweise mit dem Begriff „orientalische Küche“ gleich. Unabhängig davon, dass die Wortkombination „orientalische Küche“ nicht mit der angemeldeten Bezeichnung gleichgesetzt werden könne, bezeichne sie nach dem Verständnis der angesprochenen Verkehrskreisen keine bestimmte Geschmacks- oder Stilrichtung, weil es zum einen eine unüberschaubare Vielfalt von Produkten gebe, die in diesem Sinne als orientalisch bezeichnet werden könnten, und zum anderen sehr viele unterschiedliche regionale Küchen – wie z. B. die türkische oder die indische Küche – zur „orientalische Küche“ zu zählen seien. Das Argument des DPMA, dass die Begriffe „Orient“ und „Magie“ nach dem Verkehrsverständnis eng verbunden seien, sei unzutreffend und zudem widersprüchlich, da das DPMA zugleich davon ausgehe, dass der Begriffs „Orient“ viele unterschiedliche Bedeutungen haben könne und dass dem Adjektiv „magisch“ nicht in jedem Zusammenhang ein klarer Bedeutungsgehalt zukomme. Aus der Kombination zweier vager und die Vorstellungskraft anregender Begriffe könne aber keine konkret beschreibende Sachaussage entstehen. Der unklare Begriff „Orient“ werde vielmehr in Kombination mit dem Begriff „magic“ noch vielschichtiger, diffuser und phantasieanregender. Aber selbst wenn man der Auffassung des DPMA folgend davon ausgehen wollte, dass die Bezeichnung „MAGIC ORIENT“ eine „werbemäßige Sachbezeichnung“ darstelle, sei die Unterscheidungskraft gleichwohl zu bejahen, da die angesprochenen Verkehrskreise die Bezeichnung zumindest auch als Herkunftshinweis verstehen würden. Die Unterscheidungskraft könne nur verneint werden, wenn dies auszuschließen sei. Entsprechende Feststellungen habe das DPMA aber nicht getroffen, insbesondere lasse sich die insoweit behauptete „Werbeüblichkeit“ der angemeldeten Bezeichnung nicht belegen. Die vom DPMA in diesem Zusammenhang vorgelegten Recherchebelege zeigten vielmehr, dass die Bezeichnung „MAGIC ORIENT“ ausschließlich markenmäßig oder als Titel verwendet werde. Der Begriff „Orient“ stelle wegen seiner Vielschichtigkeit keinen beschreibenden Bezug zu den beanspruchten Waren her, so dass auch ein Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht vorliege. Zuletzt habe das DPMA zu Unrecht die Eintragung des fast identischen Zeichens „MAGIC ASIA“ (Reg.-Nr. 30 336 978) ins Markenregister nicht berücksichtigt. Nachdem das DPMA sich mit dieser Eintragung inhaltlich nicht auseinandergesetzt habe, leide der Zurückweisungsbeschluss an einem Begründungsmangel. Der pauschale Hinweis darauf, dass das Amt an Voreintragungen nicht gebunden sei, genüge nicht (EuGH GRUR 2009, 667 Rn. 17 – Schwabenpost).

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent– und Markenamts vom 24. Januar 2018 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 30, die Schriftsätze der Beschwerdeführerin, den Ladungszusatz des Senats vom 23. Mai 2018 und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen. Die Beschwerdeführerin hat ihren ursprünglich gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach Anberaumung eines Termins zurückgenommen.

II.

Die nach § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Anmelderin hat in der Sache keinen Erfolg. Dem angemeldeten Wortzeichen fehlt im Zusammenhang mit den beschwerdegegenständlichen Waren jegliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, so dass die Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen hat, § 37 Abs. 1 MarkenG.

1.
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 30, 31 – Henkel; BGH GRUR 2006, 850 Rn. 17 – FUSSBALL WM 2006). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850 Rn. 19 – FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 86 – Postkantoor). Unterscheidungskraft fehlt ferner auch solchen Angaben, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen eine entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. dazu BGH GRUR 2014, 872 Rn. 21 – Gute Laune Drops) bzw. die für sich genommen oder im Zusammenhang mit produktbeschreibenden Angaben lediglich Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art enthalten (siehe dazu BGH GRUR 2013, 522 Rn. 9 – Deutschlands
schönste Seiten). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u.a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH – FUSSBALL WM 2006 a. a. O.).

Werbeslogans und sonstige spruchartige Wortfolgen – wie die hier angemeldete Wortfolge – sind bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft wie andere Wortmarken zu behandeln. Sie unterliegen keinen strengeren Schutzvoraussetzungen und müssen insbesondere keine zusätzliche Originalität aufweisen (vgl. Ströbele/ Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 8 Rn. 241 m. w. N.). Es ist auch nicht erforderlich, dass sie einen selbständig kennzeichnenden Bestandteil enthalten oder in ihrer Gesamtheit einen besonderen phantasievollen Überschuss aufweisen (vgl. BGH GRUR 2002, 1070, 1071 – Bar jeder Vernunft). Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr in Slogans bzw. werblich-sachbezogenen Wortfolgen regelmäßig dann keinen Herkunftshinweis sieht, wenn der Slogan eine bloße Werbefunktion ausübt bzw. nur eine eindeutig sachbezogene Aussage darstellt, die z. B. darin besteht, die Qualität der betreffenden Waren oder Dienstleistungen anzupreisen, es sei denn, dass die Werbefunktion bzw. die Sachaussage im Vergleich zu ihrer behaupteten Herkunftsfunktion offensichtlich von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027 Rn. 35 DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT). Die Unterscheidungskraft ist nach der Rechtsprechung des EuGH im Übrigen insbesondere dann zu bejahen, wenn die jeweiligen Marken nicht nur in einer gewöhnlichen Werbemitteilung oder reinen Sachaussage bestehen, sondern eine gewisse Originalität oder Prägnanz aufweisen, die ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordern oder beim Verkehr einen Denkprozess auslösen (EuGH – VORSPRUNG DURCH TECHNIK, a. a. O. Rn. 57, vgl. dazu auch Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 8 Rn. 243).

Gerade davon kann bei der angemeldeten Wortkombination im Zusammenhang mit den hier beanspruchten Waren nicht ausgegangen werden. Zwar ist der Begriff „Orient“ für sich genommen vielschichtig und kann unter anderem als geografische, politische, sprachliche oder kulturelle Bezeichnung verstanden werden, wobei sich in geografischer Hinsicht nicht allgemeingültig festlegen lässt, welche Regionen dem Orient zuzurechnen sind. Auch der Begriff „magisch“ bzw. „magic“ kann je nach Zusammenhang im Sinne von „übernatürlich“ oder als positive, romantisierende Metapher verstanden werden. In der konkreten Kombination handelt es sich aber bei der angemeldeten Wortfolge um einen sprachüblich gebildeten und in dieser Form häufig benutzten feststehenden Begriff, mit dem – aus europäischer Sicht – ein bestimmtes Bild des Orients beschrieben wird. Der „magische Orient“ ist ein klischeehafter Topos, der einen (letztlich imaginären) Sehnsuchtsort bezeichnet (auf die Rechercheunterlagen des Senats, die der Anmelderin mit der Ladung vom 23. Mai 2018 übersandt worden sind, wird Bezug genommen). Insoweit hat das DPMA – unter Verweis auf das Beispiel der „Geschichten aus tausendundeiner Nacht“ – zutreffend festgestellt, dass der Begriff der „Magie“ mit der oben dargelegten, klischeehaften Vorstellung von der Welt des Orients fest verbunden ist. In diesem Sinne wird die Bezeichnung „magischer Orient“ bzw. „magic orient“ häufig benutzt, um bei der Beschreibung unterschiedlichster Sachzusammenhänge in stereotyper Form einen romantisierenden Bezug zum Orient zu betonen oder herzustellen. Wie die Markenstelle unter Verweis auf zahlreiche einschlägige Rechercheergebnisse zutreffend festgestellt hat, gilt dies insbesondere im Zusammenhang mit Lebensmitteln und Speisen, wobei im Zusammenhang mit diesen Produkten ein Hinweis auf die verwendeten Gewürze, Aromen und Zutaten im Vordergrund steht (ergänzend wird auf die Rechercheergebnisse des Senats Bezug genommen, die der Anmelderin mit der Ladung übersandt worden sind). Entgegen der Auffassung der Anmelderin sind auch die vom DPMA aufgefundenen Recherchebelege keineswegs durchgängig als markenmäßige Benutzungen zu bewerten. Der Verkehr wird beispielsweise die vom DPMA recherchierte Bezeichnung „Kneipp Aroma-Pflegeschaumbad Magic Orient“ nicht so verstehen, dass die Wortkombination „Magic Orient“ hier eine Zweitmarke des Herstellers Kneipp ist, sondern dahingehend, dass die Wortkombination gegenüber dem „Kneipp Aroma-Pflegeschaumbad Kuschelbad Ingwer und Kardamom“ oder dem „Kneipp Aroma-Pflegeschaumbad Gute Laune“ eine andere Rezeptur bzw. Duftnote beschreibt. Wie die gesamten Rechercheergebnisse eindeutig belegen, versteht der angesprochene Verkehr die Bezeichnung „magischer Orient“ bzw. „magic orient“ als werblich-anpreisenden, aber auch sachbeschreibenden Hinweis auf die Eigenart der so bezeichneten Produkte, insbesondere im Zusammenhang mit (vermeintlich typisch orientalischen) Zutaten, Gewürzen und Düften. Dieses Verständnis besteht auch unabhängig davon, dass die Bezeichnung gelegentlich markenmäßig benutzt wird. Ein unter dem Gesichtspunkt der Schutzfähigkeit relevanter Denkprozess oder ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand ist nach Auffassung des Senats bei der angemeldeten Wortkombination in den maßgeblichen einschlägigen Produktzusammenhängen jedenfalls nicht erforderlich. Soweit die Anmelderin darauf verweist, dass der Begriff des Orients eine gewisse Unschärfe oder Mehrdeutigkeit aufweist, was auch im Zusammenhang mit Lebensmitteln gilt, da nicht eindeutig bestimmt werden kann, welche Länderküchen dem Orient zuzurechnen sind bzw. welche Zutaten, Gewürze und Aromen typisch orientalisch sein sollen, führt auch dies zu keiner anderen Entscheidung. Bei allgemeinen Angaben ist eine gewisse Unschärfe der Aussage unvermeidbar und gegebenenfalls auch gewollt, um einen möglichst weiten Bereich waren- und/oder dienstleistungsbezogener (positiver) Eigenschaften erfassen zu können, was weder gegen die Bejahung eines Freihaltungsbedürfnisses i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG noch gegen die Verneinung der Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG spricht (vgl. dazu BGH GRUR 2000, 882, 883 – Bücher für eine bessere Welt; GRUR 2009, 778, Rn. 17 – Willkommen im Leben; GRUR 2013, 522 Rn. 13 – Deutschlands schönste Seiten).

Zur Auffassung der Anmelderin, dass an das Vorliegen der Unterscheidungskraft nicht zu hohe Maßstäbe angelegt werden dürften bzw. dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft zur Überwindung des Schutzhindernisses ausreiche, ist ergänzend unter Bezugnahme auf die insoweit maßgebliche Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs anzumerken, dass – wie oben dargelegt – auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft im Lichte des zugrundeliegenden Allgemeininteresses auszulegen ist, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren. Die Prüfung der Markenanmeldung muss daher streng und vollständig sein, um ungerechtfertigte Eintragungen zu vermeiden (vgl. EuGH, GRUR 2003, 604 Rn. 57, 60 – Libertel; BGH, GRUR 2014, 565 Rn. 17 – smartbook; Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 8 Rn. 178, 179).

Soweit die Anmelderin aus ihrer Sicht durchaus verständlich auf vergleichbare Voreintragungen zu ihren Gunsten verweist, ist auf die dazu ergangene umfangreiche und gefestigte Rechtsprechung des EuGH (vgl. GRUR 2009, 667 – Bild.T-Online u. ZVS unter Hinweis u. a. auf die Entscheidungen EuGH GRUR 2008, 229 Rn. 47-51 – BioID; GRUR 2004, 674 Rn. 42-44 – Postkantoor), des BGH (vgl. GRUR 2008, 1093 Rn. 18 – Marlene-Dietrich-Bildnis I) und des BPatG (vgl. z. B. GRUR 2009, 1175 – Burg Lissingen; MarkenR 2010, 139 – VOLKSFLAT und die Senatsentscheidung MarkenR 2010, 145 – Linuxwerkstatt) zu verweisen, wonach weder eine Bindungs- noch eine Indizwirkung gegeben ist (vgl. auch Ströbele/ Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 58 und Rn. 59 mit zahlreichen weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine (an das Gesetz) gebundene Entscheidung, wobei selbst identische Voreintragungen nach ständiger Rechtsprechung nicht zu einem Anspruch auf Eintragung führen. Insofern gibt es auch im Rahmen von unbestimmten Rechtbegriffen keine Selbstbindung der Markenstellen des DPMA und erst recht keine irgendwie geartete Bindung für das Gericht. Das Gericht und auch das Patentamt haben in jedem Einzelfall eigenständig zu prüfen und danach eine Entscheidung zu treffen. Insoweit kann nicht angenommen werden, dass der Beschluss des DPMA vom 6. Februar 2018 an einem Begründungsmangel leide, zumal eine bloße Eintragungsentscheidung ohne Begründung, wie bei der Marke „Magic Asia“ (DE 30 336 978), eine sachlich argumentative Auseinandersetzung nicht eröffnet bzw. ermöglicht.

2.
Ob neben der fehlenden Unterscheidungskraft auch ein Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG besteht, kann im Ergebnis als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.


3.
Nachdem die Beschwerdeführerin den Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung zurückgenommen hatte und eine mündliche Verhandlung auch aus Sicht des Senats nicht erforderlich erschien, konnte im schriftlichen Verfahren entschieden werden, § 69 Nr. 1 und 3 MarkenG.


III.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss können die am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde einlegen. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich oder in elektronischer Form einzulegen.